Immobilien - Gastbeitrag

Erbschaftsteuerreform benachteiligt Immobilien

Börsen-Zeitung, 29.5.2008 Das Immobilienvermögen wird durch die Erbschaftsteuerreform generell stärker belastet als bisher. Dies lässt sich nach der Veröffentlichung des Diskussionsentwurfs der Grundvermögensbewertungsverordnung nunmehr endgültig...

Erbschaftsteuerreform benachteiligt Immobilien

Das Immobilienvermögen wird durch die Erbschaftsteuerreform generell stärker belastet als bisher. Dies lässt sich nach der Veröffentlichung des Diskussionsentwurfs der Grundvermögensbewertungsverordnung nunmehr endgültig sagen. Von der Immobilienwirtschaft wird sogar ein Sonderopfer verlangt. Während bei der Vererbung von Betriebsvermögen in der Regel 85 % steuerbefreit wird, soll bei Immobilienvermögen lediglich ein Abschlag von 10 % möglich sein.Geplant ist, dass Unternehmen, die mehr als 50 % ihres Betriebsvermögens als sogenanntes Verwaltungsvermögen – unter anderem Immobilien – halten, nur einen Abschlag von 10 % auf die Bemessungsgrundlage erhalten. Damit wird Immobilienvermögen in nicht begründbarer Weise diskriminiert. Vielmehr sieht das Bundesverfassungsgericht die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum als ein Bedürfnis des Gemeinwohls an, das eine erbschaftssteuerliche Vergünstigung rechtfertigen könne. Basis VerkehrswerteBei der Wertermittlung von Grundvermögen soll in Zukunft unterschieden werden, ob es sich um unbebaute oder bebaute Grundstücke handelt. Weiterhin gibt es eigene Regeln zur Bewertung von Erbbaurechten, Gebäuden auf fremdem Grund und Boden sowie Gebäuden im Zustand der Bebauung. Basis für die Bemessungsgrundlage sollen künftig die Verkehrswerte sein. Für Grundvermögen sollen diese durch verschiedene Wertermittlungsverfahren ermittelt werden: durch den Bodenrichtwert, das Vergleichswert-, das Ertragswert- und das Sachwertverfahren.Wie stark die Auswirkungen der Neuregelungen sein werden, zeigt sich an folgendem in der Praxis häufig vorkommenden Beispiel: Nach dem bisher gültigen Bedarfswertverfahren wird ein Mehrfamilienhaus, Baujahr 1968, mit der Grundstücksgröße 1 000 Quadratmeter, einem Bodenrichtwert von 300 Euro/m‚ und einer Jahresnettokaltmiete in Höhe von 50 000 Euro steuerlich mit 500 000 Euro bewertet (50 000 Euro x 12,5 abzgl. 0,5 % pro Jahr; die Summe muss mindestens dem Bodenrichtwert entsprechen).Nach neuem Bewertungsrecht soll diese Immobilie nach dem Ertragswertverfahren bewertet werden. Dafür werden der Bodenwert des Grundstücks und der Gebäudeertragswert zum Grundstücksertragswert zusammengerechnet. Der Bodenwert entspricht dem oben angegebenen Bodenrichtwert wie bei unbebauten Grundstücken und beträgt im Beispiel 300 000 Euro. Errechnung ErtragswertDer Ertragswert soll sich errechnen aus der Jahresnettokaltmiete abzüglich (typisierte) Bewirtschaftungskosten sowie einer Bodenwertverzinsung. Der sich daraus ergebende Gebäudereinertrag wird multipliziert mit einem Vervielfältiger, so dass sich ein Gebäudeertragswert von 368 940 Euro ergibt. Aus Bodenwert und Gebäudeertragswert ergibt sich ein Grundstücksertragswert nach dem Entwurf zum neuen Bewertungsrecht in Höhe von 668 940 Euro und damit ein um 168 940 Euro beziehungsweise 33,8 % höherer Grundstückswert. Der Ansatz bei der Erbschaftssteuer würde bei fremdvermieteten Wohngebäuden mit 90 % erfolgen, d. h. hier mit 602 046 Euro. Dies wäre immer noch ein rund 20 % höherer Wert als der derzeit anzuwendende. Teure BallungsgebieteIn Ballungsgebieten mit deutlich höheren Bodenrichtwerten kann die Schere zwischen alter und neuer Regelung noch viel größer sein. Die Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren Grundstückswertes mittels eines Sachverständigengutachtens bleibt aber weiterhin erhalten.Außerdem wird in Zukunft eine Übertragung der Mietwohngebäude in Betriebsvermögen, zum Beispiel mittels einer GmbH & Co. KG, keinen Vorteil mehr bringen, da der derzeit noch geltende Wertabschlag in Höhe von 35 % auf den Wert des Betriebsvermögens in Zukunft nicht mehr gewährt werden, und an Dritte vermietete Grundstücke auch nicht unter die Verschonungsregelung für Betriebsvermögen fallen sollen. Das gilt zumindest dann, wenn – wie oben erläutert – das Verwaltungsvermögen, zu dem die fremd vermieteten Grundstücke gehören, 50 % des Betriebsvermögens übersteigt.Fazit: Eigentümer von Immobilien sollten prüfen, wie sich die geplante Neuregelung auswirkt, und gegebenenfalls über eine vorweggenommene Erbfolgeregelung noch vor Inkrafttreten des neuen Rechts nachdenken.