FINANZEN UND TECHNIK - IM INTERVIEW: ANDREW WELLS, FIDELITY

"Es gibt noch keinen Gewinner"

Der Anleihen-CIO zu Bond-Handelsplattformen

"Es gibt noch keinen Gewinner"

Am Bondmarkt hat der elektronische Handel im Vergleich zum Aktienmarkt noch keine besonders große Bedeutung erreicht. Geht es nach dem Willen der Broker und IT-Häuser, die entsprechende Plattformen im Portfolio haben, soll sich das schnell ändern. Der für Anleihen zuständige Global CIO von Fidelity will nicht, dass am Ende ein Anbieter den Markt dominiert.- Herr Wells, benutzen Sie elektronische Plattformen für den Bondhandel? Was halten Sie von den diversen Anstrengungen wie Project Neptune, die den Handel am Sekundärmarkt erleichtern sollen?In einigen Marktsegmenten gibt es derzeit keine Liquidität. Keinen Mangel gibt es dagegen an Banken und Softwarefirmen, die Handelslösungen dafür im Angebot haben. Man könnte Neptune erwähnen, Trumid, Tradeweb, Marketaxess, Vega-Chi, UBS Neo, Bondcube – das gibt es alles, aber der liquide Handel findet immer noch in der Regel über Telefon statt. Die meisten dieser Plattformen kommen derzeit einfach nicht auf das nötige Volumen, um große Stückzahlen von Bonds zu handeln. Das ist die große Herausforderung für Asset Manager: Die Plattformen befindet sich im Moment noch im Embryonalstadium. Eine oder zwei werden als Gewinner aus dieser Phase hervorgehen, aber derzeit gibt es noch keinen Gewinner.- Manche sehen sich bereits ganz vorn …Die Plattformanbieter wollen einen glauben machen, dass ihr Produkt die einzig geeignete Lösung ist. Das ist eine ganz interessante Situation: Die Banken haben ihr Geld vom Tisch genommen, wollen aber immer noch im Zentrum des Handels stehen. Sie wollen diese Kommissionen verdienen. Sie wollen sie dafür, dass sie Käufer und Verkäufer zusammenbringen. Aber realistisch betrachtet: Wenn wir nicht auf ihre Mittel zurückgreifen können, brauchen wir sie dann überhaupt?- Was also tun?Wir sind derzeit sehr vorsichtig, dass wir uns nicht an irgendjemandes System binden. Am Ende ist es vielleicht keine Lösung einer Bank, die sich durchsetzt. Es könnte alles möglich sein. Aber eins ist klar: Es gibt im Moment keinen klaren Gewinner. Wir sehen uns all die erwähnten Angebote an. Wir versuchen, positiv an die Dinge heranzugehen und Hilfestellung zu geben. Wir bemühen uns, die Produkte zu verstehen. Bei uns gibt es Leute im Handel, die damit arbeiten. Das Wichtigste für uns ist, klare und transparente Preise und Liquidität für unsere Anleger zu bekommen und in einem in hohem Maße regulierten Umfeld zu arbeiten.- Haben Sie einen Favoriten?Im Moment sind wir in einer Phase, in der wir Informationen sammeln. Wir sind noch nicht so weit, uns für ein oder zwei Systeme zu entscheiden. Diese Anbieter wollen unbedingt große Player auf ihre Plattformen ziehen, um dadurch zum dominierenden Akteur zu werden. Aber wir wollen keinen dominierenden Akteur. Für uns ist wichtig, dass der Markt völlig transparent und die Preisfindung für unsere Anleger bestens ist.- Kann man denn noch alles im Telefonhandel erledigen? Die Plattformen werben doch gerade damit, mehr Transparenz zu bieten und Käufer und Verkäufer zusammenzubringen.Für kleinere Orders mag das zutreffen, weil Preisfindung und Regulierung besser geworden sind. Wenn Sie 1 oder 2 Millionen Stücke handeln, kann man eines dieser Systeme verwenden und einen guten Preis bekommen. Aber wenn sie 30, 40, 50 Millionen handeln wollen, dann muss man dazu oft immer noch einen Broker anrufen.- Wieso das?Man muss das vorsichtig aufsetzen, um sicherzustellen, dass man damit den Preis nicht kaputtmacht. Das braucht viel Fachkenntnis. Aber es gibt mehr Programmhandel, mehr Handel über Plattformen, die Dinge sind in Bewegung. Wir sind in einem Zwischenstadium. Und systembasierte Lösungen sind mit Sicherheit ein wichtiger Teil der Antwort auf die Probleme. Aber sie werden nie die ganze Antwort sein.—-Das Interview führte Andreas Hippin.