PORTFOLIO - GASTBEITRAG

ETF und Fonds: Keine Glaubensfrage

Börsen-Zeitung, 7.1.2012 Die noch junge Geschichte der Exchange Traded Funds (ETF) in Deutschland ist eine Erfolgsstory. Vor rund zwölf Jahren wurde zum ersten Mal ein Indexfonds an einer deutschen Börse gelistet - inzwischen sind hierzulande nach...

ETF und Fonds: Keine Glaubensfrage

Die noch junge Geschichte der Exchange Traded Funds (ETF) in Deutschland ist eine Erfolgsstory. Vor rund zwölf Jahren wurde zum ersten Mal ein Indexfonds an einer deutschen Börse gelistet – inzwischen sind hierzulande nach Branchenschätzungen bereits über 150 Milliarden Euro in ETF investiert. Auch die Prognosen sind positiv: Die Unternehmensberatung McKinsey rechnet damit, dass sich der globale ETF-Markt bis 2016 verdoppeln oder gar verdreifachen wird – von aktuell 1,15 Bill. auf 2,4 bis 3,6 Bill. Euro.Hat das aktive Fondsmanagement damit ausgedient? Keineswegs. Klassische Fonds werden weiterhin ihren festen Platz im Portfoliomanagement haben – denn Indexfonds und aktiv gemanagte Investmentfonds lassen sich sinnvoll kombinieren, etwa im Rahmen der Core-Satellite-Strategie. Marktrisiken streuenWährend ETF zunächst fast ausschließlich von institutionellen Anlegern eingesetzt wurden, sind sie inzwischen auch im Retail-Geschäft angekommen – eine Entwicklung, die insbesondere von den Direktbanken getragen wurde. Neben der dauerhaften Preisstellung an der Börse und der Transparenz ist die Kosteneffizienz ein zentrales Argument, das für Indexfonds spricht. Da keine Ausgabeaufschläge anfallen, eignen sie sich auch für kurzfristige Investments.Mit ETF lassen sich darüber hinaus aber auch zahlreiche Portfoliostrategien abbilden und Marktrisiken effizient steuern, wie es bei kaum einem anderen Investmentprodukt möglich ist. So können risikobewusste Anleger etwa mit Short-ETF gezielt auf fallende Kurse setzen. Im Unterschied zu Short-Zertifikaten oder Put-Optionsscheinen, mit denen dies ebenfalls möglich ist, ist das Kapital bei Short-ETF jedoch bei einer Insolvenz der Fondsgesellschaft geschützt, da es sich hierbei um Sondervermögen und nicht um Schuldverschreibungen handelt.Neben Chancen auf kurzfristige Trading-Erfolge bieten ETF auch aufgrund ihrer günstigen Kostenstruktur gute Möglichkeiten für den mittel- bis langfristigen Vermögensaufbau. Das haben bereits viele Anleger erkannt: Bei der Comdirect etwa ist der Bestand an klassischen Fondsprodukten zwar immer noch sehr hoch. Allerdings teilen sich neue Fondsinvestments bereits heute hälftig auf aktiv gemanagte Fonds und ETF auf. Das gilt auch für Sparpläne. Bei diesen können vorübergehend schwächere Marktphasen für den Vermögensaufbau sogar hilfreich sein: Bei fallenden Kursen erwirbt der Fondsanleger die Anteile günstiger. Dadurch kann der mittlere Kaufpreis je Anteil sinken – und der Anleger profitiert vom Cost-Average-Effekt.Allerdings wird von ETF – im Gegensatz zu klassischen Investmentfonds – keine Outperformance im Vergleich zum Gesamtmarkt angestrebt. Dadurch erzielt ein Indexfonds in der Regel keine höhere Rendite als der zugrunde liegende Basisindex. Gerade bei fallenden Kursen und in Seitwärtsmärkten kann also das aktive Fondsmanagement seine Vorteile ausspielen. Durch gezieltes Stock Picking kann ein Fondsmanager auch in schwachen Börsenphasen gute Renditen erzielen oder zumindest die Benchmark übertreffen. Sinnvolle KombinationTrotz der unterschiedlichen Chancen, die klassische Investmentfonds und ETF bieten, ist die Frage nach der Wahl eines aktiven oder passiven Portfolios bei weitem keine Glaubensfrage. Die Vorteile beider Fondsarten lassen sich sinnvoll kombinieren und für ein gut diversifiziertes Portfolio nutzen – zum Beispiel im Zuge der Core-Satellite-Strategie, bei der strategische Kern- und taktische Satelliteninvestments im Depot gezielt eingesetzt werden.Der größte Teil des Kapitals wird dabei als ETF-Core-Investment in effizienten Märkten wie Deutschland oder Europa angelegt, um eine Grundrendite mit ausreichender Sicherheit zu erzielen. Diese Kerninvestments sind langfristige Bestandteile des Portfolios. Dazu eignen sich beispielsweise etablierte Indexfonds auf Leitindizes wie den Dax, den Euro Stoxx oder den MSCI World. Die Vorteile: ETF sind das kostengünstigere Investment. Zudem lässt sich in effizienten Märkten durch aktives Fondsmanagement kaum eine Outperformance erzielen. Nischenmärkte oder Spezialthemen werden hingegen als Beimischung im Depot über aktiv gemanagte Fonds als “Satelliten” abgebildet. Diese “Satelliten” weisen eine geringe Korrelation mit dem Core-Investment auf. Sie bilden den kleineren Teil des Portfolios und sind kurzfristige Bestandteile des Depots. Mit ihnen kann bei höherem Risiko eine zusätzliche Rendite im Vergleich zum Markt, das viel beschworene Alpha, generiert werden.Dies setzt natürlich eine entsprechende Produktkenntnis voraus. Bei Spezialthemen wie Emerging Markets oder Rohstoffe bieten Fondsmanager daher einen echten Mehrwert – sie können in der Regel auf ein umfangreiches Research zurückgreifen und verfügen damit über einen deutlichen Informationsvorsprung gegenüber Privatanlegern.Aus dem Produktangebot von Direktbanken sind ETF heute nicht mehr wegzudenken – und sie werden auch in Zukunft gefragt bleiben. Dabei stehen Indexfonds und aktiv gemanagte Produkte jedoch keinesfalls in Konkurrenz zueinander – die Core-Satellite-Strategie zeigt, dass beide Ansätze für die Asset Allocation unverzichtbar sind. Etwa mit Hilfe einer intelligenten Kombination aus aktiven und passiven Investmentansätzen kann es Investoren daher gelingen, die Grundlage für langfristig hohe Renditechancen zu schaffen.