RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: ANDREA MÜNCHEN UND BARBARA BAYER

EU-Kommission will Akzeptanz digitaler Zahlungen stärken

Retail Payments Strategy vorgelegt - Förderung von Echtzeitüberweisungen

EU-Kommission will Akzeptanz digitaler Zahlungen stärken

Frau München, Frau Bayer, die EU-Kommission hat eine Strategie zum Zahlungsverkehr vorgestellt. Was sind die Kernpunkte?München: Die Kommission legt in der “Retail Payments Strategy” Ziele für den Zahlungsverkehr nieder, definiert vier zentrale Säulen und Maßnahmen zur Evaluierung und Umsetzung. Kernpunkte sind die Einführung von Echtzeitzahlungslösungen als Standard und höchster Sicherheitsstandards für Zahlungsdienste, die Harmonisierung des Rechtsrahmens für Zahlungsdienste, die Stärkung der Akzeptanz digitaler Zahlungslösungen beim Verbraucher, die Verbesserung der Infrastruktur und die Adaption globaler Messaging-Standards. Welche Probleme sollen damit behoben werden?Bayer: Ziel ist ein grenzüberschreitender, innovativer Payment-Markt, der Verbrauchern und Unternehmen eine breite Palette qualitativ hochwertiger Zahlungsmethoden bereitstellt. Die EU hält die Akzeptanz von digitalen Zahlungen für unzureichend. Viele nationale Zahlungssysteme haben Schwierigkeiten, ausländische IBAN zu akzeptieren. Das soll verbessert werden. Der Verbraucherschutz vor Betrug im Bereich digitaler Zahlungen soll erhöht und dem Risiko von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung soll effektiv begegnet werden. Einschränkungen beim Zugang zu bestimmten Technologien in Mobiltelefonen für die Nutzung im Rahmen von Zahlungsdiensten sollen gemindert werden. Auf welche technischen und regulatorischen Lösungen setzt die EU?München: Die Kommission hat konkret beschrieben, wo sie ansetzen möchte. So soll die Akzeptanz digitaler Zahlungen gestärkt werden. Dazu sollen staatliche Zahlungen digitalisiert und öffentliche Einrichtungen mit Terminals für digitale Zahlungen ausgestattet werden. Die Kommission will die Nutzung von elektronischen Identitäten fördern. Die Nutzung soll aufbauend auf der Verbesserung der Verordnung eIDAS dazu dienen, die Anforderungen der Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 zu erfüllen und dazu genutzt werden, Zahlungstransaktionen zu initiieren. SCA, also eine starke Kundenauthentifizierung, soll bei allen Bezahlvorgängen zur Norm werden. Um die Zahlungssicherheit und den Schutz vor Betrug zu erhöhen, sollen die Zahlungsdienstleister ihr Risikomanagement in Bezug auf Informations- und Kommunikationstechnik verbessern. Zahlungsdienstleister sollen selbst Zugang zu Zahlungssystemen erhalten. Geht es auch darum, sich dem Vordringen der US-Technologiekonzerne entgegenzustellen?Bayer: Die Kommission bezieht sich auf eine Hand voll globaler Akteure, die den gesamten Markt des innereuropäischen grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs erfassen. Auch global tätige Kreditkartenanbieter oder Mobiltelefonhersteller, die NFC-Technologie nutzen, werden erwähnt. Sie setzt sich damit auseinander, dass Anbieter ihre technischen Infrastrukturen, die für die Entwicklung innovativer Zahlungslösungen nötig sind, blockieren und so die Nutzung dieser Hardware für Zahlungslösungen unmöglich ist. Sie spricht von Einschränkungen, die zu Schwachstellen im Zahlungsverkehr führen. In diesem Zusammenhang soll die aktuelle Wettbewerbspolitik überprüft werden. Zudem prüft die Kommission einen gesetzlichen Anspruch auf technische Infrastrukturen zur Bereitstellung von Zahlungsdiensten. Welche Vorgaben für digitales Bezahlen und Echtzeitüberweisungen sind geplant?München: Konkrete Regelungen wurden bislang nicht vorgelegt. Geplant ist, Echtzeitüberweisungen zu fördern. Dabei sollen die Kosten nicht höher sein als die regulärer Überweisungen. Wie steht es um einen Anspruch auf Rückerstattung?Bayer: Der Rückerstattungsanspruch ist viel diskutiert. Gerade der Umstand, dass eine Rückbuchung bei Echtzeitzahlungen nicht möglich ist, ist für neue Zahlungsmodelle attraktiv. Die Kommission will Rückbuchungen in bestimmten Fällen ermöglichen, ähnlich wie dies bei Kreditkartenzahlungen möglich ist. Was bedeuten die Regelungen für Verbraucher?München: Konkrete Regelungen für Verbraucher liegen bisher nicht vor. Insgesamt ist von einer Stärkung der Verbraucherrechte auszugehen – gerade um die Attraktivität von Sofortzahlungen zu erhöhen. Andrea München ist Partnerin und Barbara Bayer Senior Associate bei CMS Deutschland. Die Fragen stellte Helmut Kipp.