"Europa und die USA bieten die bessere Alternative"
Von Thomas List, Frankfurt Die R+V Versicherungen wollen ihre Immobilienquote mittelfristig leicht erhöhen. Sie soll von aktuell durchgerechnet 5 % der gesamten Kapitalanlagen, entsprechend 2,3 Mrd. Euro, mittelfristig auf 6 bis 7 % steigen. “Vor dem Hintergrund unserer Personenversicherer mit ihrer langfristigen Orientierung schätzen wir Immobilien aufgrund ihrer laufenden Verzinsung”, sagte Rainer Neumann, im Vorstand der R+V Versicherungen für Finanzen und Kapitalanlage zuständig, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Inlandsanteil sinkt”Allerdings stehen Immobilien im Wettbewerb mit anderen Anlageklassen. Entscheidend ist für uns die Frage: Schaffen wir es, Immobilien zu erwerben, die unserem Risiko-Rendite-Profil entsprechen? Bei unseren Entscheidungen gehen wir sehr opportunistisch vor. Die immer noch eingeschränkte Fungibilität stört uns weniger.”Tendenziell will die zum genossenschaftlichen Finanzverbund gehörende R+V den Auslandsanteil an ihrem Portefeuille, der bisher rund 20 % beträgt, erhöhen. Der Inlandsanteil soll ohne Eigennutzung (bisher knapp 15 %) mittelfristig auf etwa 60 % fallen. “Europa außerhalb von Deutschland und die USA bieten einfach die bessere Perspektive”, begründet Neumann seine Strategie. “Eventuell engagieren wir uns erstmals auch in Asien. Bisher scheuen wir aber die hohe Volatilität der örtlichen Märkte.” Im Ausland investiert die R+V zyklusorientiert ausschließlich indirekt über Beteiligungs- und Fondskonstruktionen. “Unser Anlagehorizont beträgt sechs bis zehn Jahre. Unsere Kernkompetenz liegt in der Allokationsentscheidung. Wir investieren in Europa und den USA und konzentrieren uns auf Logistik und Einzelhandel.” Neumann betonte, dass dieser Ansatz auch in Zukunft beibehalten werde. “Wir können uns so an gut diversifizierten Portfolien beteiligen. Außerdem fällt bei Fonds der steuerliche und rechtliche Aufwand nur einmal an.” Im Inland, auf das 80 % der Immobilienanlagen der Gruppe entfallen, investiert die R+V direkt. Spezialfonds spielen für die Gruppe keine Rolle. 70 % der heimischen R+V-Immobilien liegen in Berlin, Hamburg, Stuttgart, dem Rhein-Main-Gebiet, Köln und Düsseldorf. Der Anteil der selbst genutzten Immobilien von knapp 15 % soll eher abnehmen. Neumann stellt klare Renditeanforderungen an die eigenen Immobilien. “Ihre Performance muss mit der von fremd genutzten vergleichbar sein. Außerdem muss eine Wiedervermietung zu Marktpreisen möglich sein.” Mit Blick auf die zunehmende Bedeutung von Auslandsinvestitionen betonte Neumann, dass deutsche Immobilien für die R+V keineswegs abgeschrieben sind. “Wir suchen im Inland aktiv nach interessanten Anlagen. Dabei wollen wir aber weg von klassischen Büros und stärker auf Einzelhandelsimmobilien in innerstädtischen Eins-a-Lagen und autarke Einzelhandelsagglomerationen mit mehr als 15 000 qm vermietbarer Fläche setzen.” Ein Beispiel ist das ehemalige Kaufhaus Ammerschläger in Frankfurt. Für den Kauf eines Objekts würden idealtypisch 25 bis 50 Mill. Euro aufgewendet, in Einzelfällen seien Preise bis 100 Mill. Euro auch kein Problem. “Darüber hinaus sind wir aber nicht aktiv”, betonte Neumann. Nebenstandorte will die R+V abbauen und Sonderimmobilien (zum Beispiel Hotels, Logistik und Krankenhäuser) im Inland wie bisher meiden. GWG verwaltet WohnungenBei Wohnungen dient der Versicherungsgruppe die 2002 erworbene GWG in Stuttgart als Kompetenzzentrum. Die GWG hält im Eigenbestand rund 10 000 Wohnungen. Entsprechend deren Tätigkeitsfeld investiert die R+V ausschließlich in den Großräumen Stuttgart und München sowie dem Rhein-Main-Gebiet. Die Gesellschaft verwaltet auch die direkt von der R+V gehaltenen 3 500 Wohnungen. Zu Beginn dieses Jahres hat sich die GWG an der Heimag, einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft in München, mit 30 % beteiligt.”Grundsätzlich nehmen wir die Vollverwaltung weniger in Anspruch. Vor allem bei unseren Handelsimmobilien und Objekten, die einer intensiven Vor-Ort-Betreuung bedürfen, wie zum Beispiel das Center-Management bei Einzelhandelsobjekten oder Büroimmobilien mit einer größeren Anzahl von Mietern, setzen wir auf Mischverwaltung mit umfangreichen Facility-Management-Verträgen.” Dabei kritisierte Neumann: “Beim Facility Management entspricht die Qualität häufig noch nicht unseren Erwartungen. Qualität ist für uns wichtiger als der Preis, wobei aber die Wettbewerbsfähigkeit immer gegeben sein muss.” Ihre Immobilien steuert die R+V zentral aus Wiesbaden. Die entsprechende Abteilung mit ihren 60 Mitarbeitern verwaltet Objekte mit einer geringeren Bearbeitungstiefe überwiegend selbst. “Wir vergeben individuelle Facility-Management-Leistungen, kümmern uns aber selbst intensiv um Kernthemen wie Mieterbetreuung und die laufende technische Instandhaltung der Gebäude.” Zum möglicherweise bald in Deutschland zugelassenen Immobilienvehikel Reits äußert sich Neumann skeptisch. “In den momentan diskutierten Modellen macht die Einbringung von Immobilien für uns keinen Sinn. Es fehlt bis heute ein echter Anreiz, unsere Immobilienreserven zu mobilisieren. Kontraproduktiv sind auch die diskutierte Streubesitzbestimmung und die Steuerregelungen, insbesondere bei der Einbringung von Immobilien.” Interesse an DerivatenNeumann hofft aber, dass diese Anlageform in Deutschland doch noch zu einem Erfolg wird. “Dafür sind aber nachhaltige Modifikationen erforderlich. Inhaltlich befinden wir uns dabei auf einer Linie mit dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV.” Aktuell nutzt die R+V Reits im Ausland in begrenztem Umfang. Als interessante neue Entwicklung bezeichnet der Manager Derivate in den USA auf den dortigen Immobilienindex. “Wir sind da noch nicht aktiv, beobachten aber die dortige Entwicklung, die sich allerdings erst im Anfangsstadium befindet, mit Interesse. Ob diese Derivate auch nach Europa kommen, ist noch offen. Wenn diese Märkte liquide wären, könnte dies eine interessante Absicherungsmöglichkeit für Immobilienengagements werden.”