Recht und Kapitalmarkt

Europäische Variante der GmbH nicht nur für Mittelstand interessant

Statut der Europäischen Privatgesellschaft SPE gewinnt an Konturen

Europäische Variante der GmbH nicht nur für Mittelstand interessant

Von Stephan Morsch *) Das Statut der Europäischen Privatgesellschaft (Societas Privata Europaea – SPE) gewinnt allmählich an Konturen. Nachdem die EU-Kommission im Sommer 2008 auf Druck des Europäischen Parlaments einen Verordnungsentwurf für das SPE-Statut vorgelegt hat, wurde dieser nun vom Europäischen Parlament mit großer Mehrheit verabschiedet. Was können wir von der SPE erwarten? Abgrenzung zur SEDie SPE soll nach dem Willen der EU-Kommission und des Europäischen Parlaments eine in allen Mitgliedstaaten geltende Gesellschaftsform bilden, die in erster Linie den Bedürfnissen der grenzüberschreitend tätigen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Europa dienen soll. Diese sollen dadurch entlastet werden, dass sie ihre selbständigen Tochtergesellschaften im Binnenmarkt nicht mehr nach derzeit bis zu 27 verschiedenen nationalen Rechtsordnungen gründen und organisieren müssen, sondern dafür künftig ein einheitliches Regelungswerk gilt. Insoweit ergibt sich eine klare Abgrenzung der SPE zu der bereits existierenden Europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea – SE), die primär auf große, europaweit tätige Unternehmen zugeschnitten ist. Die enorme Verbreitung der GmbH (und vergleichbarer Gesellschaftsformen in anderen Mitgliedstaaten) bei großen Unternehmen macht jedoch deutlich, dass die SPE auch als Baustein in den Strukturen großer Konzerne ihren Platz finden könnte. Die SatzungsautonomieDer aktuelle Entwurf des SPE-Statuts enthält nur sehr wenige zwingende Regelungen, die insbesondere das Außenverhältnis der Gesellschaft betreffen. Demnach ist die SPE eine juristische Person, die durch einen oder mehrere Gesellschafter gegründet werden kann; die Gründer können natürliche oder juristische Personen sein. Die Haftung der Gesellschafter ist auf das gezeichnete Kapital beschränkt. Vertretung und Geschäftsführung der SPE obliegen der Unternehmensleitung, deren Mitglieder von den Gesellschaftern gewählt werden. Im Übrigen können die Gesellschafter die SPE-Satzung weitgehend frei gestalten, wobei ihre Satzungsautonomie durch gut 40 Regelungsaufträge eingeschränkt wird. So sind die Gesellschafter etwa verpflichtet, in der Satzung Regelungen über die Übertragbarkeit der Anteile, die Möglichkeit von Ausschüttungen, die Struktur der Unternehmensleitung und die Formalien für die Durchführung von Gesellschafterversammlungen zu treffen. Mit diesen umfangreichen Satzungsbestimmungen soll der Rückgriff auf das jeweilige nationale Recht der Sitzstaaten der SPE eigentlich auf ein Minimum reduziert werden. Zentrale Fragen im Zusammenhang mit dem Arbeits- und Steuerrecht, der Rechnungslegung oder der Insolvenz der SPE sind vom Statut allerdings ausdrücklich ausgeklammert.Die Stellungnahme des Europäischen Parlaments greift zwei wesentliche Kritikpunkte auf, die insbesondere von deutscher Seite geäußert wurden: Anders als der Kommissionsvorschlag vorsieht soll die SPE hiernach einen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen, um eine Verdrängung der bestehenden nationalen Gesellschaftsformen bei rein innerstaatlichen Sachverhalten zu verhindern. Um jedoch auch die Ein-Personen-Gründung einer SPE zu ermöglichen, beschränkt sich das vom Parlament vorgeschlagene Mehrstaatlichkeitserfordernis nur auf eine grenzüberschreitende Geschäftsabsicht oder einen entsprechenden Gesellschaftszweck, auf die Zielvorgabe, in mehr als einem Mitgliedstaat in erheblichem Umfang tätig zu sein, die Existenz von Niederlassungen in verschiedenen Mitgliedstaaten oder eine in einem anderen Mitgliedstaat eingetragene Muttergesellschaft. Darüber hinaus sieht das Parlament im Gegensatz zur EU-Kommission und abweichend von der regulären Mindestkapitalausstattung von lediglich 1 Euro ein Mindestkapital von 8 000 Euro vor, wenn das Leitungsorgan nicht satzungsgemäß eine Solvenzbescheinigung unterzeichnet hat. Streitpunkt MitbestimmungDie EU-Kommission hat aus der lähmenden Diskussion über die Arbeitnehmer-Mitbestimmung bei der SE offenbar Lehren gezogen: Nach dem aktuellen Entwurf unterliegt die SPE den Mitbestimmungsregelungen ihres jeweiligen Sitzstaats. Das Parlament hat sich dieser Lösung im Grundsatz angeschlossen, schlägt aber darüber hinaus ein komplexes Mitbestimmungsmodell für die Fälle vor, in denen die Arbeitnehmer einer SPE in verschiedenen Mitgliedstaaten mit unterschiedlichem Mitbestimmungsniveau tätig sind.Nach der Anhörung des Europäischen Parlaments bedarf die Verordnung nun des einstimmigen Votums des Rats, der sich vermutlich Ende Mai mit dem Entwurf befassen wird. Eine baldige Verabschiedung des SPE-Statuts wäre ganz im Sinne der Flexibilisierung des europäischen Wirtschaftsstandorts.*) Dr. Stephan Morsch ist Partner im Münchner Büro von Linklaters.