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Exotische Metalle profitieren von Zukunftstechnologie

Handys, Solarzellen oder Elektroautos verknappen Molybdän, Silizium oder Indium - Investition ist riskant und benötigt Geduld

Exotische Metalle profitieren von Zukunftstechnologie

Von Markus Gärtner, Vancouver Auch wenn die jüngsten Börsen-Turbulenzen die Kauflaune getrübt haben: Es lohnt sich immer, mögliche Kursraketen im Visier zu behalten. Unter den Papieren mit Potenzial rücken dank rasanter technischer Fortschritte immer mehr exotische Metalle in den Vordergrund, Elemente wie Tantal, Molybdän, Indium und Beryllium zum Beispiel. Sie galten lange als wissenschaftliche Kuriositäten. Bis heute können Geologen mehr damit anfangen als Börsen-Propheten. Doch plötzlich ist deren Marktpreis interessanter als ihre Ordnungszahl im chemischen Periodensystem. Denn ihre besonderen Eigenschaften machen die Exoten-Metalle zunehmend zu strategisch wichtigen Zutaten: Vor allem in modernen Kommunikationsgeräten, im Transportwesen und bei der Erzeugung erneuerbarer Energien. Ohne Tantal wären Handys viel größer; ohne Indium würden LCD-Bildschirme nicht ihre bestechende Klarheit erreichen; das Metall wird auch in den Fenstern von Flugzeugen und Eisenbahn-Waggons verarbeitet – und es gilt mittlerweile als kritischer Zusatz für hocheffiziente Solarzellen, eine der neuen Boom-Industrien; ganz zu schweigen von Lithium, nach dem jene Batterien benannt sind, die als Antrieb für die künftige Revolution der Elektroautos dienen werden.Viele dieser Metalle sind so selten, dass es keine eigenen Minen dafür gibt. Sie werden von Bergbauekonzernen als Beiprodukte bekannter Buntmetalle mit abgebaut. Doch die “Minor Metals” haben wegen limitierter Vorkommen und stetig wachsender Nachfrage seit Beginn des Jahrzehnts so dramatische Preisaufschwünge erlebt, dass junge Explorationsfirmen sich scharenweise auf die Suche nach neuen Fundstätten machen. Der Preis für Chrom hat sich seit dem Jahr 2000 verdreifacht, Kobalt ist um 450 % gestiegen, die Notierungen für Indium haben sich mehr als verachtfacht. In den kommenden Jahren wird eine steil ansteigende Nachfrage nach den Exotenmetallen erwartet. Der weltweite Verbrauch, vor fünf Jahren noch bei 85 000 Tonnen, soll im laufenden Jahr bereits bei 120 000 Tonnen liegen und in der kommenden Dekade 200 000 Tonnen erreichen. ResteverwertungEinige Explorationsfirmen sicherten sich alte Minen, die während des heftigen Preisabschwungs Mitte der 80er Jahre dichtgemacht hatten. So wie die kanadische Adex Mining. Der Junior-Explorer entnimmt derzeit eifrig Proben in der Mt. Pleasant-Mine in New Brunswick. Adex kaufte die Mine vor über zehn Jahren vom australischen Bergbau-Giganten BHP Billiton. Dieser hatte zuvor 150 Mill. Dollar in die Erschließung des Vorkommens gesteckt und 1982 mit dem Schürfen begonnen – nur um die Mine drei Jahre später zu schließen, als die Preise für Wolfram kollabierten. “Wir schauen nach vier Metallen”, sagt Adex-CEO Kabir Ahmed: “Wolfram, Molybdän, Zinn und Indium”. Vor drei Jahren, als die Metallpreise kräftig anzogen, begann Adex mit einer Serie von Bohrungen. Im vergangenen Jahr wurde die Aktie des Unternehmens an der TSX Venture Exchange in Toronto notiert. Im Januar soll eine Machbarkeitsstudie für die Wiedereröffnung der Mine beginnen. Die Kosten für das erneute Hochfahren der Produktion könnten bis zu 100 Mill. Euro betragen. Daher kann sich Adex die Kooperation mit einem Joint Venture-Partner vorstellen. Ebenfalls kräftig am Bohren ist die Argentex Mining aus dem westkanadischen Vancouver. Das Explorationsunternehmen (Firmenmotto: “Discovering Tomorrow’s Metals Today”) kaufte Anfang 2004 umfangreich Land im argentinischen Teil von Patagonien. Kernstück ist die sogenannte “Pinguino”-Liegenschaft. Bei fünf großen Bohrserien wurden dort Silber-, Blei-, Zink- und Indium-Reserven nachgewiesen. Deren Umfang wird derzeit von Geologen geschätzt. “Wir haben Indium in zahlreichen mineralisierten Zonen gefunden, jedoch nicht überall”, sagt Argentex-Präsident Ken Hicks. “Andere Firmen in der Region und internationale Bergbauunternehmen sind an uns interessiert”, erzählt er. Doch zunächst müssen unabhängige Minen-Ingenieure die Ergebnisse der ersten Bohrungen auswerten, eine zweite Serie beginnt mit dem Frühling, der auf der südlichen Erdhalbkugel in diesen Wochen einsetzt.Gemeinsam haben die meisten Junior Explorer in diesem Metallsegment, dass sie im Frühstadium der Erkundung sind: Die Bohrungen laufen, wasserfeste und für Investoren wie auch Börsianer verwertbare Schätzungen der Vorkommen liegen oft noch nicht vor. Machbarkeitsstudien für die Eröffnung einer Mine sind in vielen Fällen Zukunftsmusik. Und sofern die Aktien bereits gehandelt werden – oft auch mit einem Listing in Berlin oder Frankfurt – fallen die Werte durch laue Umsätze und Kurse im Cent-Bereich auf.Das trifft auch auf die Linear Metals Corp. zu, die 100 % am Seymour Lake-Vorkommen im Nordwesten von Ontario hält, wo die Bohrproben für Tantal, Beryllium und Lithium erst noch bevorstehen; oder für die Rare Element Resources, die beim Bear Lodge Rare Earth Project in Wyoming unter anderen nach Samarium, Europium und Gadolinium bohrt – Gadolinium kann in der Kernspintomografie den Bildkontrast verstärken; oder die Gold Canyon Resources, die beim Cordero Gallium Project im Norden von Nevada nach dem gleichnamigen Metall sucht. Gallium kommt bei der Herstellung von integrierten Schaltkreisen und Leuchtdioden zum Einsatz.Die meisten Titel dieser Exlorationsfirmen sind bei der jüngsten Preiskorrektur der Rohstoffe unter Druck geraten. Adex notiert an der Börse von Toronto nahe dem 52-Wochen-Tief bei 0,17 Kan. Cent, deutlich unterhalb des 52-Wochen-Hochs von 81 Cent im vergangenen November. Argentex hat seit dem August-Hoch bei 1,10 Kan. Dollar als Mitglied des TSX Venture Index in Toronto fast die Hälfte an Wert verloren, auf jetzt 0,60 Cent. Linear Metals fiel seit dem vorläufigen Hoch im November 2007 kontinuierlich auf zuletzt 27 Cent. Mit einer Marktkapitalisierung von 9,5 Mill. Kan. Dollar und Tagesumsätzen um die 110 000 Stücke ist auch das noch kein Wert, den vorsichtige Anleger unbedingt im Depot haben müssen.Geduld ist angesagt. “Das Management von Adex kann Mt. Pleasant zu einer erfolgreichen Produktion führen”, sagt Malcolm Bucholtz, der CEO beim Explorations-Unternehmen Uranium City Resources in Regina, Saskatchewan, “doch derzeit ist es zu früh für eine Bewertung”. Bucholtz rät beim aktuellen Kurs zu kleinen Käufen, aber im wesentlichen zu ein paar Quartalen Geduld und Beobachtung.Reichlich früh für konkrete Bewertungen ist es auch noch bei der kanadischen Avalon Ventures, einem Explorer, der in Yellowknife beim Großen Sklavensee in den Northwest Territories nach seltenen Metallen sucht. Selbst Avalon-CEO Don Bubar, ein Geologe der auch Direktor der Prospectors and Developers Association of Canada ist, äußert sich vorsichtig. Bubar veranschlagt weitere drei bis vier Jahre, bevor er überhaupt weiß, ob er in größerem Umfang mit dem Schürfen beginnen wird. Die Aktie von Avalon hat seit dem Sommerhoch im Juli bei 1,90 Kan. Dollar bis auf 96 Cent nachgegeben.Eine Alternative zur Investition in die Aktien der Unternehmen sind Zertifikate auf die seltenen Metalle selbst oder in Aktienbaskets, die das Einzelwerterisiko abmildern (siehe Tabelle). So basiert das Global Rare Metals Mining Index-Zertifikat von ABN AMRO (DE000AA0RPC5) auf der Kursentwicklung von 15 Unternehmen, die seltene Metalle fördern wie Titanium Metals, Sumitomo Titan oder China Molybdenium. Weniger breit hinsichtlich der Metalle ist das Zertifikat der Société Générale auf den SGI Molybdenum Index (MOLEX) (DE000SG0M0L6). Der Index enthält 12 Unternehmen wie Teck Cominco oder Southern Copper. Auch Rhodium ist durch ein Zertifikat (DE000AA0XEK0) investierbar. Es basiert auf der Entwicklung des Kassapreises. Die Entwicklung der Zertifikate zeigt allerdings, dass Metalle und Förderer unter der Finanzmarktkrise gelitten haben.