INVESTMENTFONDS - IM INTERVIEW:KLAUS DAHMANN, LEGG MASON

"Extrem großes Interesse an Income Investing"

Repräsentative Studie zeigt Vorliebe der Deutschen für Immobilien - 69 Prozent der Anleger schätzen regelmäßige Erträge

"Extrem großes Interesse an Income Investing"

Angesichts von Staatsschuldenkrise und Niedrigzinsen werden regelmäßige laufende Erträge für deutsche Anleger immer wichtiger. Asiaten hingegen sind deutlich risikofreudiger. Das zeigt eine repräsentative Umfrage von Legg Mason bei Investoren aus 13 Ländern zu ihrem Anlageverhalten. Im Interview der Börsen-Zeitung erklärt Klaus Dahmann, verantwortlich für das Geschäft von Legg Mason in Deutschland und Österreich, wie sich das Anlageverhalten deutscher Investoren von Anlegern anderer Nationalitäten unterscheidet. – Herr Dahmann, Legg Mason hat eine umfangreiche Umfrage unter mehr als 3000 Anlegern in 13 Ländern gemacht. Wie würden Sie den deutschen Anleger charakterisieren?Die Studienergebnisse zeigen, dass der deutsche Anleger unter allen Befragten in der Selbsteinschätzung der konservativste ist. 81% der deutschen Anleger gaben an, ein solches Anlageverhalten zu haben. Der Deutsche gewichtet Immobilien-Investments auffällig hoch und zeigt sich bei Aktien zurückhaltend. Er hat einen ausgeprägten Home Bias, das heißt, er investiert am liebsten im eigenen Lande – obwohl sich hier eine Änderung deutlich abzeichnet. Denn um regelmäßige Kapitalanlage-Einkünfte zu erzielen, ist er – in Ermangelung entsprechender Alternativen zu Hause – zunehmend bereit, sich international zu orientieren. Sein konservatives Anlageverhalten begründet der Deutsche grundsätzlich nicht mit anderen Bedenken als der Rest der Welt. Er nennt auch keine anderen Hürden und Hinderungsgründe für eine weitere globale Öffnung im internationalen Vergleich. Aber: Das fehlende Vertrauen des Deutschen in Staatsschulden und in gewissem Umfang auch in die Solidität von Unternehmen ist schon auffällig. Die deutsch-typische Angst vor Inflation ist zwar ausgeprägt, zeigt aber nur geringfügig höhere Befragungswerte als im globalen Durchschnitt.- Wie unterscheiden sich die deutschen Anleger zum Beispiel von Chinesen?Die Studie legt erstaunliche kulturelle Unterschiede offen: Weniger als 19% der Deutschen bezeichnen ihr Anlageverhalten als aggressiv, bei den Chinesen sind das 73%. Dies ist allerdings nur teilweise in der derzeitigen Vermögensallokation reflektiert. Dennoch ist der Chinese in seinen Geldanlagen deutlich internationaler orientiert. Auch entwickelt er sich gemäß unserer Befragung am dynamischsten hinsichtlich der globalen Öffnung: 92% der Chinesen denken über internationale Rentenanlagen und 81% über internationale Aktieninvestments nach. Bei den Deutschen sind das inzwischen immerhin 51%. Wenn Chinesen außerhalb ihrer Heimat investieren, präferieren sie die USA. Non-BRIC-Staaten, also auch kleinere Schwellenländer, liegen in der Gunst gleichauf mit Europa. Der Deutsche präferiert hingegen die räumliche Nähe und fokussiert stärker auf traditionelle Industrienationen in Europa. Dass mehr als 50% der Deutschen in Einkommen generierende Anlagen investieren wollen, um ihren gegenwärtigen Lebensstandard zu erhalten, verwundert wenig. Bei den Chinesen sind das lediglich 25%.- Welchen Schwerpunkt hat der deutsche Investor bisher bei seinen Anlagen gesetzt?Unsere Studie bestätigt die deutliche Vorliebe der Deutschen für Betongold. Während die Deutschen durchschnittlich 28% ihres Vermögens in nicht selbst genutzte Immobilien stecken, sind es global lediglich 16%. In der Aktienquote liegt der Deutsche mit 19% auf kontinentaleuropäisch eher typisch niedrigem Niveau und damit erkennbar unter dem globalen Durchschnitt von 27%. Auch die Cash-Quote fällte mit 29% etwas niedriger aus als der globale Durchschnitt von 33%. Hier sind die Japaner mit 51% Weltspitze.- Welche Anlegergruppe geht hohe Risiken bei ihrer Anlage ein?Wie bereits erwähnt sind die Chinesen mit deutlichem Abstand die risikoaffinsten Investoren. Nach Kontinenten betrachtet sind die Asiaten am risikofreudigsten – hier stuften sich 58% als aggressiv ein. In Nordamerika sind es 36%, in Australien 31% und in Europa lediglich 26%. Schlüsselt man die Risikobereitschaft nach Ländern auf, so sind die Italiener mit einem Anteil von 40% deutlich risikobereiter als die restlichen Europäer. In Asien erreichen Singapur und Hongkong mit 46% und 49% global nach den Chinesen die höchsten Werte.- Wieso nehmen feste Erträge, also sogenanntes Income Investing, einen größeren Stellwert ein als früher?Wir sehen hier einen globalen Trend, und unsere Marktstudie belegt das eindeutig. Das Interesse an Income Investing ist extrem groß und hat in letzter Zeit zugenommen. Dieser Trend ist auch in Deutschland sichtbar. Sechs von zehn Deutschen finden es wichtig, in Finanzprodukte mit regelmäßigen Erträgen anzulegen. Wenn man die deutschen Anleger fragt, ob sich die Bedeutung von Income Investing für sie in den vergangenen fünf Jahre geändert hat, dann finden dies viermal so viele Befragte wichtig, als Befragte es weniger wichtig finden. Dies belegt den Trend. Weltweit finden heute 69% der Investoren Income Investing wichtig. Nach meinem Dafürhalten hängt dies sowohl mit dem seit Langem rückläufigen Zinsniveau zusammen als vielleicht aber auch damit, dass die Leute versuchen, nach den Erfahrungen der Finanzkrise die Wertschwankungen ihrer Portfolios zu reduzieren. Gemäß unserem Studienergebnis versprechen sich die Investoren in allen Ländern in erster Linie Vermögensschutz und Vermögenserweiterung von Anlagen mit regelmäßigem Einkommen. Risikoreduktion ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Etwa die Hälfte der Deutschen verbindet mit Income Investing auch einen ruhigeren Schlaf.- Welche Rolle spielt dabei der Wertpapierberater?Die Wertpapierberater spielen hier eine sehr entscheidende Rolle. Wir haben in unserer Studie unterschieden zwischen Investoren mit und Investoren ohne Anlageberater. Das Ergebnis lautet: Wenn ein Wertpapierberater konsultiert wird, ist das Interesse an Income Investing um 74% größer. Offensichtlich gelingt es den Beratern in Deutschland, den Kunden Alternativen zum niedrigen Euro-Zinsumfeld aufzuzeigen und sie auch von den Vorteilen zu überzeugen.- Welche Anlageklasse hat der Deutsche bisher genutzt, um regelmäßige laufende Erträge zu generieren?Income Investing umfasst ein breites Anlagespektrum: Zu nennen sind hier sicherlich verzinsliche Anlagen in vielfältiger Form, aber auch dividendenorientierte Aktienfonds oder Immobilien-Investments mit regelmäßigen Mieteinnahmen. Die Deutschen haben bekanntermaßen eine Vorliebe für Immobilien. Entsprechend steht diese Anlageklasse für den mit 39% am häufigsten gewählten Weg, um laufende Erträge zu erzielen. Hier liegt der Deutsche im globalen Vergleich weit vorn.- Welche Rolle spielen bei den Deutschen Investment-Grade-Anleihen und Income-Aktienfonds?Das Interesse der Deutschen an Investment-Grade-Anleihen beziehungsweise Unternehmensanleihen insgesamt ist erstaunlich gering. Lediglich 18% der Deutschen nutzten Unternehmensanleihen zum Erzielen regelmäßiger Kapitaleinnahmen gegenüber global 68%. Die Deutschen liegen hier – gleichauf mit den Australiern – ganz weit hinten. Vielleicht erklärt sich die mangelnde Affinität der Deutschen zu Unternehmensanleihen aus der deutschen Tradition, Zinserträge über Spareinlagen und Banksparbriefe zu erzielen. Wie unsere Studie verdeutlicht, hat der Deutsche aber wohl auch nur ein eingeschränktes Vertrauen in die Solidität von Wirtschaftsunternehmen. Income-Aktienfonds erzielen zusammen mit Garantieprodukten mit jeweils 32% die zweithöchsten Nennungen in der Präferenz der Income-Produkte. Das ist nicht wenig, aber der globale Durchschnitt liegt um etwa ein Drittel höher.- Wie groß ist das Interesse bei den Deutschen, außerhalb des Heimatlandes nach Chancen zu suchen?Unsere Studie zeigt, dass hier Bewegung in das Anlegerverhalten kommt. Denn zumindest für das Generieren von Income sind die Deutschen bereit, sich mit ihren Anlagen außerhalb der heimischen Grenzen zu bewegen. Bereits zwei Drittel der befragten deutschen Anleger investieren über Income-Produkte außerhalb ihres Heimatmarktes. Dabei lassen sie sich allerdings auf keine allzu großen Experimente ein. Die bevorzugten Anlageregionen für Income-Produkte sind für die Deutschen Europa, die USA und das Vereinigte Königreich. Die zunehmende internationale Orientierung erklärt sich unter anderem auch daraus, dass nur 14% der deutschen Anleger im Heimatmarkt bessere Anlageralternativen sehen als jenseits der Landesgrenzen.- – —-Das Interview führte Armin Schmitz.