Fehlende Benchmarks

Fallstricke bei thematischen ETF-Investments

Damit thematische ETFs einen Mehrwert bieten, gilt es, Überschneidungen mit etablierten Benchmarks zu vermeiden.

Fallstricke bei thematischen ETF-Investments

Was verrät die Bezeichnung eines thematischen börsengehandelten Fonds (ETF) Investoren wirklich? Was zum Beispiel, wenn die Fondsbezeichnung die Worte „künstliche Intelligenz“ (KI) enthält? Haben Anleger dadurch mehr oder weniger Klarheit, als es sonst der Fall wäre?

Bleiben wir beim genannten Beispiel: Zum einen existiert keine Benchmark für eine allgemein anerkannte Gruppe von Aktien, die zusammengenommen das Thema künstliche Intelligenz verkörpern. Künstliche Intelligenz ist lediglich ein Werkzeug zur Gewinnung von Erkenntnissen aus Daten, die möglicherweise zu genaueren Vorhersagen führen. Das Thema kann also unzählige Unternehmen betreffen. Daher sollten sich Investoren bei der Betrachtung eines Fonds mit der Bezeichnung „Künstliche Intelligenz“ fragen: Was macht hier das Engagement in künstlicher Intelligenz aus?

Zum anderen lässt sich argumentieren, dass ein Engagement im Nasdaq 100 Index bereits ein Exposure im Bereich künstliche Intelligenz umfasst. Diese Aussage ist insofern plausibel, als einige der weltweit größten Tech-Unternehmen wie Apple, Microsoft, Alphabet und Meta erhebliche Anstrengungen im Bereich KI unternehmen. Generell besteht beim Nasdaq 100 Index ein vielseitiges, unterschiedlich starkes Engagement in KI.

Vor diesem Hintergrund liegt die Messlatte für die Entwicklung einer entsprechenden ETF-Strategie, die einen Mehrwert für ein bestehendes Portfolio schafft, extrem hoch. Es geht um weit mehr als nur um die Neuordnung und Neugewichtung der bekannten Positionen in einer technologieorientierten Benchmark wie dem Nasdaq 100, selbst wenn der Markt in KI ein wichtiges Thema mit einem enormen Potenzial zur positiven Beeinflussung der Weltwirtschaft sieht. Klar ist: Investoren würden eine Liste der zehn führenden Positionen, die in ihren übrigen Portfolioallokationen bereits gut vertreten sind, wohl kaum als Ergänzung zu ihren umfassenderen strategischen Zielen betrachten. Ebenso dürfte Einigkeit herrschen, dass es nicht den einen richtigen Weg gibt, um eine thematische ETF-Strategie zu entwickeln – sei es mit Bezug zum Thema KI oder einem anderen.

Mit etwas Abstand lässt sich jedes Thema – auch KI – als umfassenderes Ökosystem angehen. Diese Ökosysteme umfassen sowohl weithin bekannte Unternehmen, die allen geläufig sind, als auch weit weniger bekannte Unternehmen. Zur Strukturierung des Bereichs könnte man eine Art Wertschöpfungskette erstellen. Die einzelnen Unternehmen ließen sich dann entsprechend ihres Beitrags zum breiteren Ökosystem gruppieren. Am Beispiel KI könnte man die folgende Betrachtung anstellen:

•Engager beziehungsweise Anwender von KI: Unternehmen, die Algorithmen und Software zur Nutzung durch Kunden entwickeln und dabei KI für ihre Zwecke einsetzen

•Enabler beziehungsweise Ermöglicher: Unternehmen, die Hardware (vor allem Halbleiter) entwickeln, auf der KI-relevante Berechnungen ausgeführt werden

•Enhancer beziehungsweise Erweiterer: Eine Kategorie für einige der größten Unternehmen der Welt, die auf der Grundlage ihres Beitrags einbezogen werden, ohne ihr Engagement zu stark zu bewerten.

Die Unterscheidung nach Gruppen gibt thematischen Anlagestrategien zwei wichtige Hebel an die Hand. Der erste Hebel ist die Gewichtung der drei Gruppen. Dabei gilt: Engager, Enabler und Enhancer sollten jeweils so gewichtet sein, dass es mit den Zielen der Strategie übereinstimmt. Der zweite Hebel betrifft die Gewichtung der Unternehmen innerhalb der einzelnen Gruppen. Diese Herangehensweise könnte zu einem wichtigen Ergebnis führen, wie am Beispiel KI deutlich wird: In vielen Fällen handelt es sich bei den Engagern um neuere oder weniger bekannte Unternehmen, die sich direkt mit der Verbreitung der Leistung und des Potenzials von KI befassen. Eine Fokussierung auf diese Gruppe bedeutet, dass entsprechende Unternehmen zu den zehn größten Positionen innerhalb der Strategie zählen. Dies ermöglicht Anlegern ein erkennbares Engagement in Unternehmen, die sie sonst vielleicht nicht im Visier hätten. Werden die weltweit größten Unternehmen auf die Gruppe der Enhancer beschränkt, lassen sich zwei Ziele erreichen: Erstens muss nicht erklärt werden, warum einige Unternehmen, die – gemessen an den Gesamtinvestitionen – die größten Investitionen in KI tätigen, nicht in die Strategie einbezogen sind. Zweitens werden Anleger bei einer geringeren Gesamtgewichtung der Enhancer-Gruppe keine Engagements in diesen Unternehmen unter den zehn wichtigsten Positionen finden. Darüber hinaus lassen sich mit diesem Ansatz Gesamtüberschneidungen mit bestehenden Strategien und Benchmarks verringern.

Investoren brauchen in der Regel nicht unbedingt thematische KI-Strategien, um Microsoft, Apple oder Alphabet zu entdecken, denn diese Unternehmen sind ihnen bereits verbreitet bekannt. Dennoch können sie im Rahmen einer thematischen Gesamtstrategie interessant sein, wenn sie gegen neuere, weniger bekannte und risikoreichere Unternehmen abgewogen werden. Dies und die beschriebene Vorgehensweise nach Unternehmensgruppen, um Investoren Mehrwert zu bieten, lässt sich auf andere thematische Anlagestrategien übertragen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.