RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: HANS STAMM

Finanzindustrie profitiert vom Steuerabkommen mit Luxemburg

Deutsches Quellensteuerrecht gilt für bestimmte Instrumente

Finanzindustrie profitiert vom Steuerabkommen mit Luxemburg

– Herr Stamm, im April ist das neue Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und Luxemburg unterzeichnet worden, was sind die wesentlichen Änderungen?Neben einigen eher technischen Änderungen dürfte für die Finanzindustrie die ausdrückliche DBA-Begünstigung von Investmentfonds als positiver Effekt zu nennen sein. Von signifikanter wirtschaftlicher Bedeutung sind unter anderem steuerliche Sondervorschriften für Immobiliengesellschaften, das heißt Kapitalgesellschaften, die zu mindestens 50 % direkt oder indirekt Immobilien halten. Bei diesen kann künftig Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen im Veräußerungsfall das deutsche Besteuerungsrecht nutzen. Des Weiteren gilt für Dividenden aus solchen Immobiliengesellschaften ein besonderer (erhöhter) Quellensteuersatz. Auch die Festschreibung des deutschen Quellensteuerrechts für bestimmte Finanzierungsinstrumente mit Gewinnbeteiligung sowie die Einführung des “Aktivitätsvorbehalts” sind wesentliche Aspekte der DBA-Überarbeitung.- Was ist das Ergebnis dieser Änderungen für Investmentfonds?Zwar wurden bereits in der Vergangenheit auf Grundlage einer langjährigen Verwaltungspraxis Investmentfonds grundsätzlich die Begünstigungen des DBA zugesprochen. Das neue DBA führt nun jedoch eine ausdrückliche Regelung (im DBA-Protokoll) ein. Danach sind grundsätzlich Luxemburger Investmentfonds in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft (zum Beispiel Sicav) selbst abkommensberechtigt, d.h., können beispielsweise die Erstattung bzw. Reduzierung deutscher Quellensteuern auf Dividenden in Anspruch nehmen. Bei Investmentfonds in der Vertragsform wird jedoch eine Abkommensberechtigung nur insoweit im DBA geregelt, als die Investoren in Deutschland ansässig sind.- Das heißt?Aus praktischer Sicht führt dies bei Investmentfonds in der Vertragsform zu entsprechenden Nachweispflichten. Eine Verwaltungsanweisung durch die deutsche Finanzverwaltung wäre wünschenswert, da entsprechende Nachweispflichten insbesondere bei Publikumsfonds in der Praxis schwer zu führen sind.- Es gibt Sonderregelungen für ausländische Finanzinvestoren, die ihre Engagements über Luxemburger Gesellschaften steuern?Ausländische Finanzinvestoren finanzieren Investitionen in deutsche Portfoliounternehmen typischerweise aus einer Mischung von Eigen- und Fremdkapital. Dabei werden häufig auch sogenannte hybride Finanzinstrumente eingesetzt, deren Verzinsung vom Ergebnis des deutschen Portfoliounternehmens abhängig ist. Für derartige Finanzinstrumente mit Gewinnbeteiligung enthält das DBA-Protokoll eine Sonderregelung.- Die lautet?Danach kann, obwohl es sich bei diesen Instrumenten um steuerliches Fremdkapital handelt und damit nach dem DBA-Zinsartikel Deutschland eigentlich nicht zum Einbehalt deutscher Quellensteuern berechtigt ist, gleichwohl die deutsche Kapitalertragssteuer einbehalten werden. Eine Erstattung oder Freistellung, wie dies sonst für Zinseinkünfte aus steuerlichem Fremdkapital nach dem DBA vorgesehen ist, wird durch diese Sonderregelung ausgeschlossen.- Wie werden Dividenden behandelt?Dividenden aus Portfolio-Beteiligungen werden grundsätzlich mit einem reduzierten Quellensteuersatz von 15 % besteuert. Beträgt die Beteiligung an einer deutschen Kapitalgesellschaft (unmittelbar) mindestens 10 % des Kapitals, erfolgt eine Reduzierung auf 5 % – sofern nicht durch die sogenannte Mutter-Tochter-Richtlinie eine Freistellung erfolgt. Investmentgesellschaften als Empfänger solcher Dividenden sind jedoch von diesem reduzierten Steuersatz ausgeschlossen. Bei Immobiliengesellschaften, deren Gewinne entweder vollständig von der Steuer befreit sind oder deren Ausschüttungen steuerlich abzugsfähig sind (Reit), bleibt es ebenfalls bei dem Steuersatz von 15 %.- Und Schachtelbeteiligungen?Sofern Dividenden aus einer Schachtelbeteiligung, das heißt Beteiligung in Höhe von mindestens 10 %, einer deutschen Kapitalgesellschaft zufließen, werden diese grundsätzlich nach dem DBA in Deutschland von der Besteuerung ausgenommen (“DBA-Schachtelprivileg”). Neu eingeführt werden in diesem Zusammenhang jedoch ein “Aktivitätsvorbehalt” sowie ein “Besteuerungsvorbehalt” (“Subject-to-Tax”), das heißt, das DBA-Schachtelprivileg ist nicht anwendbar, sofern nicht nachgewiesen werden kann, dass die Luxemburger Gesellschaft “aktive Einkünfte”, die der Besteuerung unterliegen, erzielt hat. Beteiligungen an reinen Finanz-Portfoliogesellschaften in Luxemburg wären daher von dieser Neuregelung betroffen. Daneben bleiben jedoch die nationalen Regelungen zur Freistellung von Dividenden bei bestimmten deutschen Kapitalgesellschaften anwendbar.—-Hans Stamm ist Partner der Kanzlei Dechert. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.