RECHT UND KAPITALMARKT

First Out und Last Out in der Finanzierung

Einheitliches Angebot von Banken mit Kreditfonds setzt sich in Buy-outs auch in Europa immer stärker durch - Höhere Marge

First Out und Last Out in der Finanzierung

Von Anne Grewlich und Nikolos Tsagareli *)Im europäischen Markt der Leveraged-Buy-out-Finanzierungen spielen klassische Unitranche-Darlehen eine bedeutende Rolle. Dabei treten die vorrangigen (Super Senior) Kreditgeber, durchweg Banken, die Betriebsmittellinien zur Verfügung stellen, oft gemeinsam auf mit nachrangigen Kreditfonds, die das eigentliche Unitranche-Darlehen – einen nach außen hin einheitlich gepreisten, endfälligen Akquisitionskredit – gewähren. In den USA ist diese Form der Darlehensgewährung schon früher stark geworden, seit 2012 gewinnt sie in Europa stetig an Bedeutung.Parallel dazu hat sich in den vergangenen Jahren eine weitere Finanzierungsform etabliert: Die Folo-Struktur (First Out/Last Out, in Europa üblicherweise als Second Out bezeichnet). Sie zeichnet sich gegenüber der klassischen Unitranche dadurch aus, dass nicht nur die Kredite der revolvierenden Betriebsmittellinie (Super-Senior-Kredite) vorrangig zurückzuführen sind, sondern auch Darlehen der vorrangig gestellten (First Out, kurz Fo)-Tranchen von endfälligen Krediten (Term Loans). Nicht selten wird für die Fo-Tranche eine Regeltilgung in Teilbeträgen vor Endfälligkeit vorgesehen. Die nachrangige Tranche (Second oder Last Out, kurz Lo) profitiert von deutlichen Zinsaufschlägen und wird nicht selten mit einer Marge begeben, die die der Fo-Tranche um mehr als das Doppelte übersteigt. In den USA verbreiteterAuf dem US-Markt sind Folo-Strukturen seit mehreren Jahren präsent. Die partnerschaftlich agierenden Kreditgeber, Bank und Fonds, greifen dort auf die etablierte Tradition zurück, den Darlehensnehmern nach außen hin eine einheitliche Fremdkapitaltranche anzubieten. Die maßgeblichen Regelungen der Gläubiger untereinander, etwa über die eigentliche Tranchierung in Fo- und Lo-Teile, Aufteilung der Zinserträge, Rangstelle der Zahlungen, Abstimmungen und bevorzugte Erwerbsrechte von anderen Tranchen (right of first offer/refusal), werden in einer internen Kreditgebervereinbarung (Agreement Among the Lenders) festgelegt. Diese ist für den Kreditnehmer nicht einsehbar. In der europäischen Praxis von Folo werden diese Bestimmungen in der Regel für den Kreditnehmer transparent im Vertrag selbst und in der Intercreditor- oder Gläubigervereinbarung geregelt. Erster Höhepunkt 2017Auch wenn auf dem europäischen Markt Partnerschaften zwischen Banken und Kreditfonds im Rahmen von Folo-Strukturen bei weitem noch nicht so verbreitet sind wie in den USA, erlebte die Struktur 2017 auf dem deutschen Akquisitionsfinanzierungsmarkt einen ersten Höhepunkt. Vor allem im Gesundheitssektor wurden prominente Transaktionen dank Folo-Finanzierungen durchgeführt. So betrug der Anteil dieser Struktur schätzungsweise 25 bis 30 % des gesamten Volumens der deutschen Transaktionen, die mit Beteiligung von Kreditfonds finanziert wurden.Folo-Strukturen bieten Darlehensnehmern einen partnerschaftlichen Kreis von Darlehensgebern, der in der Lage ist, sowohl langfristige, endfällige Kredite als auch Betriebsmittellinien (einschließlich Avale) zur Verfügung zu stellen. Ein kleiner Kreis von Darlehensgebern ermöglicht unkomplizierte und schnelle Entscheidungsprozesse und bietet damit Vorteile gegenüber herkömmlichen Banken-Club-Deals oder größeren Syndizierungen. Zudem lässt sich auf diese Weise ein höherer Grad an Vertraulichkeit herstellen, was insbesondere im Rahmen eines Leveraged Buy-outs einen wichtigen Aspekt darstellen kann.Auch für die Darlehensgeberseite bietet der kleine Kreis deutliche Vorteile. So ist man einer weitaus geringeren Gefahr ausgesetzt, im größeren Konsortium überstimmt oder wegen Verweigerung der Zustimmung (yank the bank) ganz aus dem Konsortium hinausbefördert zu werden. Attraktiv sind Folo-Strukturen für Kreditfonds mit ihren höheren Renditevorgaben, wenngleich die Teilnahme an einer nachrangigen Tranche einer Folo-Struktur tendenziell nicht ganz so hohe Margen ermöglicht wie etwa die Unitranche.Für erfolgreiche Folo-Strukturen ist ein eingespieltes Team vorrangiger und nachrangiger Kreditgeber mit im Vorfeld untereinander genau abgestimmten wesentlichen Bestimmungen für die künftig abzuschließenden Vereinbarungen entscheidend. Klarheit sollte vorab vor allem über die Regelungen für den Fall des Zahlungsausfalls oder sonstiger Pflichtverletzungen des Kreditnehmers und der dafür vorgesehenen Stillhalteperioden der Fo-Kreditgeber herrschen. Diese Fristen sind vor der Möglichkeit der Einleitung von Verwertungsmaßnahmen zu beachten. Vor dem Eintritt von Verwertungsfällen wird hingegen nicht zwischen dem Rang von First Out und Last Out untereinander differenziert, die Zahlungen erfolgen bis dahin auf Pari-passu-Basis.Zuvor sollten zudem die Bestimmungen zur Reihenfolge der Erlösverteilung (der “Wasserfall”) sowie Veräußerungsmodalitäten der gewährten Sicherheiten und Regelungen zu Abstimmungen (bzw. zu den erforderlichen Mehrheiten für bestimmte vertragliche Änderungen) unter den Fo- und Lo-Kreditgebern sorgfältig festgelegt werden. Späte Verhandlungen zwischen den Kreditgebern zu diesen Aspekten können einen negativen Beigeschmack hinterlassen, da kontrovers geführte Gespräche der Gläubiger untereinander vor den Augen des Kreditnehmers (in der Regel ein Private-Equity-Unternehmen) unprofessionell erscheinen und die auf Schnelligkeit ausgerichteten Akquisitionsprozesse erheblich gefährden können. Für die Kreditgeber kann es essenziell sein, im Bedarfsfall auf Anfrage durch einen Private-Equity-Investor, rasch auf vorab besprochene Bedingungen zur Gestaltung der jeweiligen First-Out- und Last-Out-Tranchen zurückgreifen zu können. In Europa sind solche Kooperationen von Banken und Kreditfonds zunehmend zu beobachten. Für erfahrene AkteureBeide Kreise der Kreditgeber (Fo und Lo) kennen in der Regel die vorherrschenden Bedingungen auf dem Markt gut und verfügen über solide Systeme der Risikobewertung. Bei Folo geht es um Partnerschaften von informierten und spezialisierten Marktteilnehmern, die gemeinsam in der Lage sind, den Kreditnehmern eine weitere Form von zunehmend diversifizierten Finanzierungsmöglichkeiten anzubieten. Insbesondere den nachrangig als Lo beteiligten Akteuren (in der Regel Kreditfonds) sollten die etwaigen Risiken, aber auch Vorteile der Folo-Struktur bewusst sein. So steht zum Beispiel dem Nachrangrisiko der Lo gegenüber, dass die Fo-Tranche mit einem deutlich kleineren Kreditbetrag dem Schuldner zur Verfügung steht und daher weniger Stimmen bei Entscheidungen der Gläubiger aufbringen kann. Aktive und passive RollenJedenfalls in Europa ist die führende Rolle der Lo-Kreditgeber in der Vertragsgestaltung herauszustellen. Sie haben die Federführung bei den Verhandlungen zu den traditionellen kreditvertraglichen Punkten mit den Kreditnehmern. Von Bedeutung sind zudem die Entscheidungsbefugnisse der Last-Out-Kreditgeber bei der Einleitung und Gestaltung von Verwertungsmaßnahmen: Die nachrangigen Kreditgeber können über zentrale Maßnahmen meist allein entscheiden. Generell sollten die First-OutKreditgeber mit ihrem kleineren Ticket eine passivere Rolle einnehmen. Geschützt werden sie durch Einstimmigkeitserfordernisse bei essenziellen vertraglichen Änderungen. Auf dem US-Markt ist eine derartige Verteilung jedoch kein zwingender Regelfall; die Fo-Kreditgeber können durchaus mit weitreichenden Rechten ausgestaltet sein.Auf dem europäischen Markt ist das weitere Voranschreiten von Kooperationen zwischen Banken und Kreditfonds im Rahmen symbiotischer Folo-Partnerschaften zu erwarten. Kreditnehmer profitieren dabei von einem harmonisch agierenden Kreis von Kreditgebern, der nicht nur die effiziente Abwicklung garantieren, sondern auch ein auf individuelle Bedürfnisse angepasstes Finanzierungskonzept bereitstellen kann.—-*) Anne Grewlich ist Partnerin und Head of Banking Germany, Nikolos Tsagareli Counsel der Kanzlei Ashurst in Frankfurt.