Für Führungskräfte ist die D & O-Versicherung unverzichtbar
Von Ellen Bocquel, Friedland Eine Aussage des früheren DaimlerChrysler-Vorstandsvorsitzenden Jürgen Schrempp kommt die Assekuranz jetzt teuer zu stehen. Nach einem kürzlich abgeschlossenen Vergleich muss sie dem Konzern aus einer Managerhaftpflicht-Versicherung (Directors & Officers Liability – D & O) 168 Mill. Euro zahlen. Unbedachte ÄußerungSchrempp hatte im Oktober 2000 in einem Interview gesagt, dass es sich beim Zusammenschluss von Daimler und Chrysler nicht wie zuvor öffentlich verkündet um eine Fusion unter Gleichen gehandelt habe, sondern um eine Übernahme Chryslers durch Daimler. Einige Chrysler-Aktionäre fühlten sich getäuscht und wollten per Gericht Schadenersatz in zweistelliger Milliardenhöhe erwirken. Doch der Autokonzern einigte sich mit ihnen und fand sie mit 300 Mill. Dollar (rund 225 Mill. Euro) ab. 200 Mill. Euro wollte sich DaimlerChrysler von den D & O-Versicherern wiederholen. AIG hatte bereits 25 Mill. Euro gezahlt. Die übrigen Versicherer wollten die auf sie entfallenden 175 Mill. Euro nicht zahlen, da sie Schrempp einen bei D & O-Policen grundsätzlich nicht versicherten Vorsatz unterstellten. Dagegen klagte der Autobauer. Kurz vor Prozessbeginn einigten sich die Parteien wie meist in solchen Fällen außergerichtlich. Immer häufiger geht es insbesondere nach dem freiwilligen oder unfreiwilligen Abschied einer Führungskraft um hohe Schadenersatzforderungen, die der ehemalige Arbeitgeber an seinen Ex-Manager stellt. Das kann für Organmitglieder (Geschäftsführer, Vorstände, Aufsichtsräte und Beiräte) sowie leitende Angestellte wie Prokuristen sehr teuer werden. In solchen Fällen kann eine D & O-Versicherung finanzielle Entlastung bringen. Vorsatz ausgeschlossenGedeckt sind aus D & O-Policen Sorgfaltspflichtverletzungen ohne Vorsatz beziehungsweise wissentliche Pflichtverletzung im Innen- oder Außenverhältnis. Die versicherte Person muss der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nachkommen. Der Versicherungsfall tritt nur ein, wenn dieser Person ein schuldhaft pflichtwidriges Verhalten nachgewiesen werden kann, das zu einem Vermögensnachteil bei der Versicherungsnehmerin, also dem Unternehmen, oder einem Dritten geführt hat (s. Tabellen). Doch längst nicht alle Unternehmen haben diese Managerhaftpflicht-Versicherung für ihre Leitenden und Entscheidungsträger abgeschlossen. Während in nahezu allen Dax-Unternehmen solche Policen vorhanden sind, dürfte nach Branchenschätzungen nur maximal jeder fünfte Mittelständler über eine solche Police verfügen. Unbeschränkte HaftungDie meisten Managerhaftungsfälle betreffen die Organisationsverantwortung, bei der es um Mitarbeiterauswahl, Mitarbeiterkontrolle oder die Organisation betrieblicher Abläufe geht. Zivilrechtlich besteht eine persönliche und unbeschränkte Haftung im Rahmen des Privatvermögens. Darüber hinaus führen schuldhafte Pflichtverletzungen zur persönlichen strafrechtlichen Verantwortung des Managers. Doch damit nicht genug: Neben der Haftung für eigene Versäumnisse besteht auch eine gesamtschuldnerische Haftung. Dadurch läuft ein Manager Gefahr, für die Folgen von Fehlern anderer zur Rechenschaft gezogen zu werden. Deshalb versichern die meisten Unternehmen gleich ihre gesamte Führungsmannschaft. D & O-Policen werden in Deutschland von etwa 20 D & O-Versicherern angeboten. Marktführer sind hierzulande AIG und Allianz, mit deutlichem Abstand gefolgt von Chubb und HDI-Gerling. Wer über eine D & O-Versicherung abgesichert ist, sollte den Vertragsumfang genau prüfen (s. Tabelle rechts). Details zum Inhalt, der Deckungsumfang und die Besonderheiten für Manager der Tochtergesellschaften sollten einzeln und schriftlich aufgeführt sein. Schutz hat GrenzenEs sei ein Trugschluss, dass ein unternehmerischer Fehlschlag automatisch zu einem Zahlungsanspruch gegen einen D & O-Versicherer führe, sagt Rechtsanwalt Oliver Sieg, Partner der Sozietät Nörr Stiefenhofer Lutz in Düsseldorf. “Wenn eine Entscheidung im Rahmen des unternehmerischen Ermessens getroffen wurde, zahlt der Versicherer nicht. Es muss eine Pflichtverletzung vorliegen.” Die D & O-Police dürfe, so Sieg, auch nicht als Bilanzschutz- und All-Risk-Police für anderweitig nicht versicherte Schäden herhalten, denn sie diene ausschließlich als Haftpflichtversicherung zum Schutze des Vermögens der versicherten Personen. “Friendly Claims” in ModeEs ist auch ein Irrglaube, dass jedes Missgeschick, das zu einem schlechten Geschäft führt, über die D & O-Police versichert ist. So sollen immer häufiger Unternehmen ihre Geschäftsführer nur pro forma auf Haftung verklagen. Bei solchen “Friendly Claims” zeigen sie sich nur nach außen als total zerstrittene Parteien. In Wirklichkeit wollen sie aber gemeinsam eine möglichst große Schadensumme vom Versicherer kassieren. Einige halten das für einen eleganten Weg, um geschäftliche Verluste auszugleichen, kritisieren die Versicherer und wehren sich, was ihnen zuletzt den Vorwurf einbrachte, im Schadenfall meistens die Zahlung zu verweigern. Die Prämienhöhe muss jedes Unternehmen individuell verhandeln. Unterschiedliche Umsatzzahlen und die jeweils anders gelagerten Risiken in jedem Unternehmen wirken sich auf Deckungszusage und Prämienhöhe aus. Als Faustregel gilt: Für kleine Unternehmen ohne Börsennotierung wird eine Prämienhöhe von 1 bis 3 Promille der versicherten Summe angesetzt, bei Aktiengesellschaften mit rund 15 Mrd. Euro Börsenkapitalisierung zwischen 1 und 2 % der Versicherungssumme. An der Börse wird’s teuerEin mittelständisches in Deutschland tätiges Unternehmen der verarbeitenden Industrie mit einem Jahresumsatz von 50 Mill. Euro muss bei einer angemessenen Versicherungssumme von 2,1 Mill. Euro mit einer jährlichen D & O-Prämie von 3 800 Euro rechnen. Macht ein Mittelständler in ganz Westeuropa 500 Mill. Euro Umsatz im Jahr, gilt eine Versicherungssumme von 10 Mill. Euro als adäquat. Dafür fallen durchschnittlich 20 000 Euro Jahresprämie an. Deutlich teurer wird es, wenn dieses Unternehmen börsennotiert ist. Dann liegt die Jahresprämie bei 25 000 bis 30 000 Euro.