Recht und Kapitalmarkt

Für Private-Equity-Deals ist Konstruktion entscheidend

Einflussnahme auch ohne Squeeze-out - Finanzierungsalternativen - Incentives für das Management können kritisch sein

Für Private-Equity-Deals ist Konstruktion entscheidend

Von Heiner Braun *) Private-Equity-Häuser sind auch in Deutschland zunehmend bereit, Beteiligungen an börsennotierten Gesellschaften zu erwerben oder diese ganz zu übernehmen. Bis vor kurzem bestand insoweit eine erhebliche Zurückhaltung, die insbesondere durch die Komplexität und finanzielle wie rechtliche Unwägbarkeit von Squeeze-out und Delisting bzw. der mit einem Beherrschungsvertrag verbundenen Kosten motiviert war. Für den Umstand, dass Finanzinvestoren öffentlichen Übernahmen und Beteiligungen mittlerweile deutlich aufgeschlossener gegenüberstehen, obgleich sich an den rechtlichen Vorgaben nichts Wesentliches geändert hat, sind vor allem drei Gründe zu nennen: Eine Reihe von Private-Equity-Häusern hat in jüngerer Zeit auch in Europa neue Fonds mit Rekordvolumina aufgesetzt, die in den nächsten Jahren investiert werden müssen. Gleichzeitig nimmt die Zahl verfügbarer “private targets” von entsprechender Größe in Deutschland ab, da der Prozess der strategischen Veräußerungen von Randbereichen durch Großunternehmen weitgehend abgeschlossen ist oder derzeit abgeschlossen wird (z. B. Linde/Kion, Merck-Generika, Siemens/VDO) und zudem diejenigen Familienunternehmen, die veräußerungswillig sind, ihre Beteiligungen im Wesentlichen bereits veräußert haben. Als zweiter Grund ist die zunehmende Erkenntnis bei Finanzinvestoren zu nennen, dass auch ohne Squeeze-out oder Beherrschungsvertrag – oder sogar auf der Grundlage von Minderheitsbeteiligungen – in der Praxis erheblicher Einfluss auf das Management ausgeübt werden kann; insbesondere vermitteln auch Minderheitsbeteiligungen leicht unterhalb der für Übernahmeangebote maßgeblichen Kontrollschwelle von 30 % bei deutschen börsennotierten Unternehmen oftmals die faktische Hauptversammlungsmehrheit. Schließlich hat sich – trotz “Heuschrecken-Debatte” – die öffentliche Wahrnehmung von Finanzinvestoren gewandelt; diese nehmen zunehmend die Funktion strategischer Ankerinvestoren wahr, die zu Zeiten der “Deutschland AG” durch wechselseitige Kapitalverflechtungen sichergestellt wurde. Daher sehen auch Vorstände börsennotierter Unternehmen zunehmend den Vorteil einer stabilen Beziehung zu einem Finanzinvestor gegenüber den Unwägbarkeiten eines nahezu vollständigen Free Float. Zurückhaltung besteht bei den meisten – wenngleich durchaus nicht bei allen – Finanzinvestoren allerdings weiterhin im Hinblick auf feindliche Übernahmen; diese sind in den Anlagebedingungen der Private-Equity-Fonds in der Regel noch immer ausgeschlossen. “Debt Push Down”Für die Übernahme börsennotierter Unternehmen durch Finanzinvestoren gelten gewisse Besonderheiten. Insbesondere ist das übliche Akquisitionsmodell des Leveraged Buy-out nicht ohne weiteres übertragbar. Dies betrifft vor allem die Finanzierung: Private-Equity-Investoren übertragen die Lasten der Fremdfinanzierung üblicherweise auf die erworbene Gesellschaft (sogenannter “Debt Push Down”), wobei im Wesentlichen zwei Verfahren angewendet werden. Zum einen wird die Zielgesellschaft selbst Darlehensnehmerin unter der Finanzierungsvereinbarung, zum anderen wird die Zielgesellschaft nach dem Erwerb üblicherweise auf das Akquisitionsvehikel verschmolzen. Beide Verfahren sind bei börsennotierten Gesellschaften mit außenstehenden Aktionären vor Squeeze-out oder Beherrschungsvertrag nicht oder – im Falle der Verschmelzung – allenfalls bei Erreichen der satzungsändernden Mehrheit von 75 % und unter kaum kalkulierbaren Verfahrenskosten und -dauer möglich.Daher wird im Zusammenhang mit öffentlichen Übernahmen durch Finanzinvestoren zunehmend über sogenannte “Superdividenden” diskutiert. Hierbei schüttet die Zielgesellschaft nach erfolgreicher Übernahme alle oder nahezu alle freien Rücklagen in Form einer Dividende an die Aktionäre aus. Aus diesem Dividendenzufluss wird sodann der Überbrückungskredit für die öffentliche Übernahme zurückgeführt. UnwägbarkeitenAuch dieses Verfahren ist jedoch mit einer Reihe von Unwägbarkeiten behaftet: Zum einen weiß der Übernehmer vor Abschluss der Übernahme nicht, wie hoch seine Beteiligung am Ende sein wird, und kann damit den Anteil der ihm zufließenden Dividende nicht sicher vorausberechnen. Zum andern setzt die Superdividende zunächst voraus, dass die Zielgesellschaft auf Grundlage ihres HGB-Einzelabschlusses über hinreichend freie Rücklagen verfügt und der Vorstand zudem bereit ist, die Ausschüttung der Hauptversammlung vorzuschlagen. Hierzu wird der Vorstand nur bereit sein, wenn er begründen kann, dass eine solche, in der Regel von der bisherigen Dividendenpolitik erheblich abweichende Ausschüttung im Interesse der Gesellschaft liegt. Zudem ist der Gewinnverwendungsvorschlag auch dem Aufsichtsrat im Rahmen der Feststellung des Jahresabschlusses zur Prüfung vorzulegen.Entgegen vereinzelt vorgetragenen Auffassungen stehen das Gebot der Gleichbehandlung der Aktionäre sowie das Verbot der Gewährung von Sondervorteilen der Superdividende jedoch nicht grundsätzlich entgegen, da diese allen Aktionären gleichermaßen zugute kommt. Auch stellt die Superdividende keinen Fall der sogenannten Financial Assistance (des Verbots, den Erwerb von Aktien aus Mitteln der Aktiengesellschaft zu finanzieren – § 71a AktG) dar, da die Dividende als gesetzlich vorgesehene Form der Ausschüttung gerade eine Ausnahme von diesem Verbot bildet.Die Superdividende ist allenfalls bei Mehrheitserwerben eine Finanzierungsalternative; bei Minderheitsbeteiligungen und Pipe Investments (z. B. Blackstone/Telekom) kann die Brückenfinanzierung in der Regel nur aus laufenden Dividenden refinanziert werden. Alternativen zur Superdividende sind der Ergebnisabführungsvertrag, der Zugang zum Cash-flow der Tochtergesellschaft gewährt, sowie die Verschmelzung mit dem Akquisitionsvehikel, mit der die Verschuldung in die erworbene Gesellschaft überführt wird. Beide Instrumente setzen aber zum einen eine mindestens faktische Hauptversammlungsmehrheit von 75 % voraus; zum anderen sind sie mit erheblichen rechtlichen Unsicherheiten behaftet.Besonderheiten gelten auch für die im Rahmen von Private-Equity-Akquisitionen übliche Incentivierung des Managements. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die neue Vorschrift des § 33d WpÜG die Gewährung oder das Inaussichtstellen “ungerechtfertigter” Geldleistungen oder anderer geldwerter Vorteile verbietet. Welche Leistungen und Vorteile im Einzelnen als ungerechtfertigt anzusehen sind, bezeichnet das Gesetz nicht näher; eindeutig ist jedoch, dass die Vorschrift die Unabhängigkeit des Vorstands im Rahmen des Übernahmeangebots sichern soll. Daher werden Zuwendungen seitens des Bieters, insbesondere in erheblicher Höhe, stets kritisch zu beurteilen sein. Finanzinvestoren sollten daher konkrete Gespräche über die Einbeziehung des Vorstands in Management-Beteiligungsprogramme erst nach erfolgreicher Durchführung des Übernahmeangebots führen. Andererseits wird man auch keine überspannten Anforderungen stellen können. Die generellen Parameter von Management-Beteiligungsprogrammen der Private-Equity-Häuser sind im Markt weitgehend bekannt. Es muss daher auch weiterhin zulässig bleiben, dass sich Finanzinvestor und Vorstand im Rahmen einer freundlichen Transaktion über die generellen Usancen des Bieters im Hinblick auf die Mitarbeiter- und Managementbeteiligung austauschen. Entscheidend ist, dass der Bieter keine Prämie für die erfolgreiche Abwicklung des Übernahmeangebots durch den Vorstand in Aussicht stellt, sondern die Incentivierung des Managements an dessen Tätigkeit und Erfolge nach Abschluss des Übernahmeangebots knüpft. Nach Vollzug des Übernahmeangebots ist die Incentivierung des Managements selbstverständlich zulässig. Neues GesetzDie Bundesregierung plant ein “Risikobegrenzungsgesetz”, das größere Transparenz im Hinblick auf Beteiligungen durch Finanzinvestoren und vor allem Hedgefonds schaffen soll. Es sollen neue Meldepflichten für den Erwerb von Beteiligungen von 10 % und mehr (unter Offenlegung der Finanzierung) und das Acting in Concert im WpÜG gerade für das Zusammenwirken mehrerer Finanzinvestoren/Hedgefonds konkretisiert werden. Auch werden offenbar verstärkte Informationsrechte der Mitarbeiter von Zielunternehmen sowie Änderungen im Aktienrecht (Preisgabe der Identität von Inhabern von Namensaktien auf der Hauptversammlung) erwogen.*) Dr. Heiner Braun ist Rechtsanwalt und Partner der Sozietät Freshfields Bruckhaus Deringer.