Recht und Kapitalmarkt

Gefahr aus Basel für stille Einlagen

Banken planen Umwandlung von Beteiligungen in Aktien - Verschiedene Wege denkbar - "Angriffspunkte vermeiden"

Gefahr aus Basel für stille Einlagen

Von Manuel Nodoushani *)Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht hat letztes Jahr vorgeschlagen, stillen Einlagen ihren Status als Kernkapital künftig abzuerkennen. Die Transformation des Vorschlags in das deutsche Recht steht noch aus. Eventuell wird es für bestimmte Banken Ausnahmen geben.Zur Diskussion steht eine partielle Beibehaltung der Kernkapitalqualität stiller Einlagen, sofern diese nicht an der Börse notierten Aktiengesellschaften zugeflossen sind. Daneben wird eine Ausnahme für Genossenschaftsbanken diskutiert sowie für Banken, die als Anstalten des öffentlichen Rechts organisiert sind. Befristeter BestandsschutzEine Bevorzugung der beiden zuletzt Genannten würde dem Umstand Rechnung tragen, dass diese ihr Kernkapital nicht durch Stammaktien bilden können. An deren Kernkapitalqualität soll sich künftig nichts ändern. Banken, die vor der Umsetzung des Baseler Vorschlags stille Einlagen aufgenommen haben, aber in keine der genannten Ausnahmekategorien fallen, könnten von einem allgemeinen befristeten Bestandsschutz für stille Einlagen profitieren, sofern die Einlagen vor einer Verschärfung der Eigenmittelvorschriften gewährt wurden. Das sind aber bislang Spekulationen.Wegen der bestehenden Unsicherheit planen Banken, die in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft geführt werden, derzeit die Umwandlung stiller Beteiligungen in Aktien (vgl. BZ vom 20., 21., 22. Mai). Bei den aus der Presse bekannten Fällen geht es um stille Beteiligungen des Soffin, die dieser während der Finanzmarktkrise erworben hat. Für den Soffin gelten besondere Vorschriften, die einen Ausstieg aus seinen Investments in Banken erleichtern. Aber auch für andere Banken und stille Gesellschafter stellen sich entscheidende Fragen: Wie funktioniert die Umwandlung stiller Beteiligungen in Aktien? Wie sind stille Beteiligungen bei einer Umwandlung zu bewerten? Benachteiligt eine Umwandlung Altaktionäre? Banken konnten dem Soffin bereits bei der Gewährung stiller Beteiligungen ein exklusives Bezugsrecht auf Aktien einräumen. Der aktienrechtliche Grundsatz, dass sich Rechte auf den Bezug neuer Aktien nur unter dem Vorbehalt des Bezugsrechts der Altaktionäre zusichern lassen, gilt für den Soffin nicht. Sein Bezugsrecht lässt sich mit Aktien aus einer bedingten Kapitalerhöhung bedienen.Üblicherweise kann eine bedingte Kapitalerhöhung nicht durchgeführt werden, um eine stille Beteiligung in Aktien umzuwandeln. Der Vorteil des für den Soffin geltenden Sonderrechts ist folgender: Der Zweck, zu dem eine bedingte Kapitalerhöhung durchgeführt wird, determiniert den Kreis der Bezugsberechtigten. Mangels eines gesetzlichen Bezugsrechts der Aktionäre ist also nur der Soffin bezugsberechtigt. Über die bedingte Kapitalerhöhung kann die Hauptversammlung mit einfacher statt der sonst erforderlichen Dreiviertelmehrheit beschließen.Hat der Soffin in Vollzug der Umwandlung einer stillen Beteiligung Aktien erworben, soll er diese nach dem für ihn geltenden Sonderrecht marktschonend veräußern. Der Börsenpreis der Aktien der betroffenen Bank soll nicht destabilisiert werden. Das kann einen tranchierten Verkauf der Aktien erfordern. Diese Restriktion steht im Konflikt damit, dass der Soffin ein Sondervermögen des Bundes ist. Für ihn gilt daher die Maxime der Wirtschaftlichkeit. Daraus ergibt sich, dass der Soffin bei einem Verkauf seiner Anteile versuchen muss, den bestmöglichen Preis zu erzielen.Andere stille Gesellschafter als der Soffin sind in diesem Punkt freier, müssen dafür aber auf Vorteile verzichten, die sich dem Soffin bei einer Umwandlung bieten. So können sie ihre stillen Beteiligungen anders als der Soffin nicht über eine bedingte Kapitalerhöhung in Aktien umwandeln. Möglich ist ihnen jedoch die Einbringung einer stillen Beteiligung im Rahmen einer ordentlichen Kapitalerhöhung oder im Rahmen einer Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital. Dafür muss das Bezugsrecht der Aktionäre ausgeschlossen werden. Das setzt voraus, dass der Bezugsrechtsausschluss den Unternehmenszweck der Bank fördert. Dies lässt sich damit begründen, dass das Kernkapital für die Geschäftstätigkeit einer Bank eine zentrale Steuerungsfunktion hat und durch eine Umwandlung stabilisiert wird. Der Erwerb eigener Aktien ist keine Alternative. Da solche Aktien schon vorher zu dem Kernkapital zählen, würde ein Tausch gegen eine stille Beteiligung das Kernkapital nicht stärken.Der Soffin kann seine stille Beteiligung im Rahmen einer Kapitalerhöhung als Bareinlage einbringen, obwohl die stille Beteiligung ein Geschäftsanteil ist. Ein Geschäftsanteil wird nach allgemeinen Grundsätzen als Sacheinlage, verbunden mit einer Werthaltigkeitskontrolle, eingebracht. Qualifiziert man die stille Beteiligung als Sacheinlage, wäre als Wert der Abfindungsanspruch des stillen Gesellschafters anzusehen, der etwaige Verluste berücksichtigt. Bei einer Qualifikation als Bareinlage müsste indes der Nominalwert angesetzt werden. Er entspricht dem Ausgabebetrag. Das ist jedoch bedenklich, denn bankaufsichtsrechtlich ist die Verlustteilnahme einer stillen Einlage zwingend vorgeschrieben, ansonsten zählt sie bereits nach geltendem Recht nicht zum Kernkapital. Das gilt für jeden stillen Gesellschafter, auch für den Soffin. Hat eine stille Einlage am Verlust einer Bank teilgenommen und wird sie dennoch zum Ausgabebetrag eingelegt, so ist sie überbewertet. Das ist ein reales Risiko.Im vergangenen Jahr musste der Soffin eine stille Beteiligung in Höhe von einer Milliarde wegen der obligatorischen Verlustteilnahme um mehr als die Hälfte abschreiben. Aus der Perspektive der Gläubiger und der Aktionäre einer Bank wäre in einem solchen Fall eine Einbringung zum Ausgabebetrag inakzeptabel. Für den Soffin wäre die Einbringung zum Ausgabebetrag wiederum ungünstig, wenn sich für seine stillen Beteiligungen ein auf Basis des Ertragswertverfahrens ermittelter höherer Wert ergäbe. Furcht vor VerwässerungAls die Hauptversammlung einer Bank dieses Jahr die Umwandlung stiller Beteiligungen des Soffin diskutierte, haben Aktionärsschützer indessen keine Bewertungsrisiken, sondern die Gefahr einer Anteilsverwässerung thematisiert. Sie haben geltend gemacht, der Soffin müsse im Zuge der Umwandlung erworbene Aktien vorrangig im bestehenden Aktionärskreis platzieren (vgl. BZ vom 20. Mai). Tatsächlich soll der Soffin den Aktionären einer Bank bei der Wiederveräußerung seiner Anteile nach dem für ihn geltenden Sonderrecht ein Bezugsrecht einräumen.Die entsprechende gesetzliche Bestimmung wird jedoch als eine ge-richtlich nicht durchsetzbare Ordnungsvorschrift angesehen. Deshalb kann der Soffin nicht gezwungen werden, die durch die Umwandlung stiller Beteiligungen erworbenen Aktien vorrangig den Altaktionären anzubieten. Diese Sichtweise wird dadurch bestätigt, dass der Soffin ansonsten seine Pflicht zur Erzielung des bestmöglichen Preises nicht erfüllten könnte. Auch die betroffene Bank muss nicht auf ein Bezugsrecht der Altaktionäre hinwirken; sie ist nicht einmal Adressat der Ordnungsvorschrift. Der Kapitalerhöhungsbeschluss muss daher kein gegen den Soffin gerichtetes mittelbares Bezugsrecht der Aktionäre festsetzen. Das gilt erst recht entsprechend, wenn die stille Beteiligung eines anderen stillen Gesellschafters betroffen ist, für den nicht einmal eine Ordnungsvorschrift wie jene für den Soffin existiert.Als Aktiengesellschaften geführte Banken, die stille Einlagen aufgenommen haben, müssen sich in Anbetracht des Baseler Vorschlags mit der Umwandlung stiller Beteiligungen in Aktien auseinandersetzen. Sie sollten darauf gefasst sein, dass Aktionäre dieses Vorhaben kritisch begleiten werden. Dementsprechend gilt es, Angriffspunkte von vornherein zu vermeiden. Die Qualifikation einer stillen Beteiligung als Bareinlage, wie im Fall des Soffin vorgesehen, ist problematisch, wenn eine stille Einlage am Verlust teilgenommen hat. Der Soffin sollte daher wie jeder andere stille Gesellschafter alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten für eine Umwandlung ausloten, nicht zuletzt den Weg über eine ordentliche Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre.—-*) Dr. Manuel Nodoushani ist Rechtsanwalt bei Allen & Overy LLP in Frankfurt.