Recht und Kapitalmarkt

Gegenwind für Berufskläger "Beharrlichkeit lohnt sich"

Urteil des OLG Frankfurt hat Signalwirkung - Der Fall Piper

Gegenwind für Berufskläger "Beharrlichkeit lohnt sich"

Von Ulrich Keunecke *)Berufskläger sind eine unerfreuliche Begleiterscheinung moderner Kapitalmärkte. Doch nicht immer, wenn Berufskläger oder räuberische Aktionäre eine Gesellschaft ins Visier nehmen, treffen sie auch. Insbesondere dann nicht, wenn sich die betroffene Gesellschaft deutlich und mit rechtlicher Präzision zur Wehr setzt. Abfindungsfrist angefochtenDie Piper Generalvertretung Deutschland AG hatte sich wegen der zunehmenden und als überbordend empfundenen Regelungsdichte des regulierten Marktes sowie der damit verbundenen erheblichen Kosten in den Freiverkehr umorientiert. Gegen dieses Delisting gingen die einschlägigen Aktionärskläger aus allen Richtungen vor. Die Gesellschaft hat sich hiervon nicht beeindrucken lassen und zunächst sämtliche Anfechtungsklagen gegen den Delisting-Beschluss der Hauptversammlung abgewehrt.Ein prominenter Aktionärskläger kam zudem auf den Gedanken, auch nach Ablauf der mit dem Delisting verbundenen Abfindungsangebotsfrist von zwei Monaten über den gesamten Zeitraum des parallel eingeleiteten Spruchverfahrens Piper-Aktien günstig an der Börse zu kaufen und der Gesellschaft zum Angebotspreis aus dem Abfindungsangebot anzudienen.Es wurde auf Abnahme entsprechender Aktienpakete bzw. auf Schadenersatz geklagt. Da Spruchverfahren oftmals mehrere Jahre andauern, hätten Aktionärskläger bei Klageerfolg immer wieder Piper-Aktien billig kaufen und der Gesellschaft sodann zum höheren, über dem Börsenkurs liegenden Angebotspreis andienen können. Da die Gesellschaft selbst aufgrund aktienrechtlicher Vorschriften nur ein begrenztes Kontingent eigener Aktien halten darf, hätte sie so erworbene Aktien immer wieder in den Markt geben müssen, wo sie von den gleichen Aktionärsklägern immer wieder hätten erworben werden können.Die daraus resultierenden und in keiner Weise schützenswerten Missbrauchsmöglichkeiten zum Nachteil der Gesellschaft liegen auf der Hand. In diesem Sinne hat nun auch das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main (Urteil vom 8.10.2009, Aktenzeichen: 15 U 125/08) in zweiter Instanz zutreffend entschieden, dass ein Abfindungsangebot nur innerhalb der in dem Angebot selbst vorgesehenen Frist angenommen werden kann.Diese Frist wird auch durch ein Spruchverfahren nicht verlängert. Vielmehr führt das Spruchverfahren dazu, dass nach seinem erfolgreichen Abschluss das Angebot quasi wieder für zwei Monate auflebt, sodass die betroffenen Aktionäre das Angebot mit dem vom Spruchgericht ermittelten Angebotspreis annehmen können. InteressenausgleichUnter Berücksichtigung der BGH-Rechtsprechung (Macrotron) hat hier das OLG Frankfurt in dogmatisch zutreffender und klarer Rechtsanwendung einen Weg festgesteckt, mit dem die Interessen der Parteien in solchen Fallkonstellationen auch künftig angemessen in Ausgleich gebracht werden können.Die Rechtssache ist von grundsätzlicher Bedeutung, da die entschiedene Frage sich regelmäßig bei Delisting-Abfindungsangeboten stellt und bisher weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur erörtert worden ist. Revision ist daher zugelassen.Auch das parallel angestrengte Spruchverfahren gegen die Höhe der angebotenen Abfindung im Rahmen des Delisting wurde durch das hierfür zuständige Gericht zurück-gewiesen, und die Antragsteller – eine große Zahl einschlägig bekannter und regelmäßig in solchen Angelegenheiten klagender Aktionäre – gingen leer aus.Das Landgericht Frankfurt (Entscheidung vom 6.10.2009, Aktenzeichen: 3-05 O 188/07) erachtete den angebotenen Preis nach sorgfältiger Analyse der vorgelegten Gutachten als angemessen. Erfolg nicht garantiertAuch diese Gerichtsentscheidung hat Signalwirkung: Durch den Beschluss wurde der fragwürdigen Praxis von Berufsklägern einmal mehr Einhalt geboten und verdeutlicht, dass Spruchverfahren nicht automatisch in einem für Berufskläger lukrativen Vergleich oder erfolgreichen Spruchverfahren enden.Ausdauer und sorgfältige rechtliche Aufarbeitung auf Seiten der betroffenen Gesellschaften zahlen sich aus. Berufskläger werden sich überlegen müssen, ob es sich für sie lohnt, Gesellschaften anzugreifen, die sich zu wehren wissen.—-*) Dr. Ulrich Keunecke ist Rechtsanwalt und Partner der Heussen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Der Anwalt hat die Piper Generalvertretung Deutschland AG in dem Gerichtsverfahren vertreten.