Finanzen persönlich

Geld als Zeitpolster - schon vor der Rente

Mit Zeitwertkonten Lebensarbeitszeit verkürzen - Über 2008 hinaus steuer- und sozialversicherungsfrei

Geld als Zeitpolster - schon vor der Rente

Von Ellen Bocquel Mit einem Zeitwertkonto können Arbeitnehmer der “Rente mit 67″ ein Schnippchen schlagen, aber auch eine Auszeit zur selbst finanzierten Babypause, zu einer längerfristigen Fortbildungsmaßnahme oder für ein Sabbatical – ein Jahr lang in Teilzeit oder als komplette Auszeit – nehmen. Bei Zeitwertkonten, die im selben Atemzug Lebensarbeitszeitkonten, Lang- und Kurzarbeitszeitkonten genannt werden, handelt es sich um die Möglichkeit, als Mitarbeiter Arbeitsentgelt und/oder Arbeitszeit einzubringen, um damit eine vorübergehende bezahlte Freistellung zu finanzieren. Zunächst keine Altersvorsorge”Zeitwertkonten sind ein Mittel zur Gestaltung der Lebensarbeitszeit und nicht etwa ein sechster Durchführungsweg zur betrieblichen Altersvorsorge (bAV)”, sagt Michael Bursee von der Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC). Zeitwertkonten beziehen sich auf irgendeine beliebige Zeit vor dem offiziellen Renteneintritt. Aber natürlich kann das Zeitkonto auch gezielt für die Jahre vor dem offiziellen Ruhestand verwendet werden.Auf dem Zeitwertkonto parkt der Arbeitnehmer beispielsweise Tantiemen, Sonderzahlungen, Boni, aber auch Überstundenvergütungen, Urlaubsabgeltungen, Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie laufende Bezüge. Grundsätzlich wird aufgesparte Zeit geldwert angelegt. Auf dem Wege der vertrieblichen Vereinbarung wird dazu entweder bei Banken, Investmenthäusern oder Versicherungsunternehmen ein Konto angelegt, das wahlweise einen Fonds oder eine Art Lebensversicherung bedient.Nach einigen Jahren kann der Arbeitnehmer beliebig auf das Geld zurückgreifen und damit eine geplante Arbeitspause finanzieren. Ein bis zum Renteneintritt nicht aufgebrauchtes Zeitwertkonto kann dann schließlich auch in einen Durchführungsweg der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) überführt werden. Im umgekehrten Fall ist dies allerdings nicht möglich. Es gibt aber “Störfälle”, die jedes noch so ausgefeilte Zeitwertkontenmodell aushebeln können. Zum Beispiel wenn wegen anderer Ereignisse eine Freistellung nicht mehr möglich ist, etwa bei Kündigung, Pensionierung, Invalidität oder Tod des ursprünglich Begünstigten. Die Bedeutung der Störfälle wird jedoch wegen der in jedem Fall möglichen Auszahlung oder Übertragung des Wertguthabens eher gering eingeschätzt. Im Gegensatz zur bAV haben Arbeitnehmer allerdings keinen Rechtsanspruch auf die Einführung von Zeitwertkonten. Die Entscheidung dafür liegt beim Arbeitgeber.Die Gründe für ein Zeitwertkonto liefert der Gesetzgeber mit der neu verordneten verlängerten Lebensarbeitszeit und dem Renteneintritt erst mit 67 Jahren. Die Bundesbürger scheinen damit nicht einverstanden, wie das derzeit gängige Renteneintrittsalter in Deutschland mit durchschnittlich 63 Jahren zeigt. Im Jahr 2009 läuft auch noch das Altersteilzeitgesetz aus. Eine Alternative für Altersteilzeit und Vorruhestand könnten Zeitwertkonten sein. Sie sind zudem – besonders attraktiv – bislang auch über das Jahr 2008 hinaus steuer- und sozialversicherungsfrei. Freiräume schaffenGanz gleich ob nun von Lebensarbeitszeitkonto, Arbeitszeitkonto, Langzeitkonten oder Zeitwertkonto die Rede ist, es geht immer um eine realistische Alternative, sich mit der während des Berufslebens “zusätzlich oder zu viel” gearbeiteten Zeit finanziell unabhängig Freiräume zu schaffen.Einen Unterschied im Gegensatz zu den Langzeitkonten gibt es bei den Lebensarbeitszeitkonten. Hier wird nämlich das angesammelte Zeit- und Geldguthaben primär für die Freistellungsphase am Ende der Erwerbstätigkeit als vorgezogener Ruhestand genutzt. Beim Langzeitkonto werden Geld und Zeit angesammelt, um sie bei einer freiwilligen Freistellung des Arbeitnehmers mitten im Arbeitsleben bei fortdauernder Bezahlung aufzubrauchen.Der Gesetzgeber hat dafür 1998 mit dem sogenannten Flexi-Gesetz (Gesetz zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen) eine Grundlage geschaffen. Es ermöglicht Arbeitnehmern, auf der Basis dieses Gesetzes geleistete, aber noch nicht vergütete Arbeitsstunden zu “parken”, ohne hierfür Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge abführen zu müssen. So spricht heute der Steuereffekt besonders für Zeitwertkonten: Die Einzahlungen kommen vom Bruttogehalt, werden also zunächst nicht versteuert. Ebenso entfallen darauf zunächst auch keine Sozialabgaben. Erst bei der Entnahme werden Sozialabgaben und Steuern fällig. “Aber bis dahin hat das Geld auf dem Zeitwertkonto Erträge erwirtschaftet”, sagt Cord Brockmann, Geschäftsführer der TPC The Pension Consultancy GmbH in Hamburg.Passend zur gesetzlichen Vorlage, Arbeitsstunden geldwert ansammeln zu können, entwickelten Versicherer, Banken und Investmentgesellschaften Zeitwertkontenmodelle mit inzwischen zahlreichen Anlagemöglichkeiten, die vor allem auf Fondsbasis Renditechancen bieten.Aufgrund ihrer Komplexität standen Lebensarbeitszeitkonten bislang fast ausschließlich in Großunternehmen zur Verfügung. Das ändert sich gerade. Die Finanzdienstleistungsunternehmen haben inzwischen eigene Spezialteams gebildet, die fit für die bAV-Beratung nun auch Zeitwertkontenprodukte vermitteln.Zeitwertkonten rechnen sich vor allem für Besserverdienende. Sie sind insbesondere im Rahmen der Geschäftsführerversorgung und der Versorgung leitender Angestellter interessant, denn im Gegensatz zur betrieblichen Altersvorsorge bestehen bei diesem Konzept keine gesetzlichen Restriktionen bezüglich Mindest- oder Höchstbeiträgen bei Einzahlungen und Auszahlungen.Doch nach wie vor ist das Thema Lebensarbeitszeitkonten sehr komplex und verunsichert deshalb. Skeptisch hat so mancher Unternehmer die Installation eines Zeitwertkontenmodells gar nicht erst in den Bereich des Möglichen gezogen, weil kaum bekannt ist, wie beispielsweise im Hinblick auf eine mögliche Firmeninsolvenz damit umzugehen ist. Der Gesetzgeber hat den Arbeitgeber lediglich verpflichtet, Zeitwertkonten gegen Insolvenz zu schützen. Mittel und WegeDoch es gibt längst Mittel und Wege. Einer davon besteht in der Verpfändung des Kontenguthabens an den begünstigten Mitarbeiter. Hierdurch werden die umgewandelten Gehaltsbestandteile nicht den Betriebsmitteln des Unternehmens zugeordnet. Es kann aber auch ein Treuhandmodell installiert werden. Der Treuhänder kontrolliert das von einem Finanzdienstleister angelegte Kapital und schützt es vor den Folgen einer möglichen Insolvenz.