Recht und Kapitalmarkt

Gericht präzisiert Managerhaftung

Vorstände haften laut BGH-Urteil für Informationen auf Roadshows

Gericht präzisiert Managerhaftung

Von Edgar Matyschok *) Angesichts des derzeit nur spärlich gefüllten Emissionskalenders droht eine bemerkenswerte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Haftung für Falschinformationen im Zusammenhang mit Wertpapieremissionen unterzugehen. In seinem Urteil vom 2. Juni 2008 (Aktenzeichen: II ZR 210/06) hatte der BGH seit längerer Zeit wieder Gelegenheit, zur Haftung für fehlerhafte Informationen Stellung zu nehmen, die Anlegern im Rahmen einer Kapitalaufnahme außerhalb eines gesetzlich vorgeschriebenen Prospekts zur Verfügung gestellt werden. ProspekthaftungDie Haftung für Mängel von Wertpapier- und Vermögensanlageprospekten sowie von Prospekten für Investmentanteile ist gesetzlich fixiert. Hier sind nur Auslegungszweifel der Rechtsprechung überlassen. Anders verhält es sich mit der Haftung für Informationen, die außerhalb solcher Prospekte Anlegern zur Verfügung gestellt werden. Dies kann zum einen parallel zu der Veröffentlichung eines Prospekts erfolgen; zum anderen kommt es zur Informationsweitergabe außerhalb eines Prospekts bei denjenigen Emissionen, die von einer Prospektpflicht befreit sind. Bei Eigenkapitalemissionen ist die mündliche oder auch schriftliche Informationsweitergabe außerhalb von Prospekten im Rahmen von Roadshows und ähnlichen Marketingveranstaltungen heute üblich.Bislang war anerkannt, dass Vermittler, Anlageberater und Makler, die in unmittelbarem Kontakt mit Anlegern stehen und dabei deren persönliches Vertrauen in Anspruch nehmen, für Prospektfehler haften, wenn sie Prospekte des Emittenten verwenden und sich damit die Prospektaussagen zu eigen machen. Typische Haftungsadressaten dieses Haftungstatbestandes waren Kreditinstitute, die sich mit der Vermittlung und dem Vertrieb von Kapitalanlagen befassen.In seinem Urteil vom 2. Juni 2008 hat der BGH nun die Haftung von Vorstandsmitgliedern bejaht, die anlässlich einer Präsentationsveranstaltung vor potenziellen Investoren für die Zeichnung neuer Aktien warben und dabei unrichtige Abgaben zur Finanzausstattung ihrer Gesellschaft machten. Die Haftung für fehlerhafte Informationen außerhalb von Prospekten ist in der genannten Entscheidung in zwei Punkten präzisiert worden: Den Vorstand einer kapitalsuchenden Gesellschaft trifft eine Informationspflicht gegenüber Anlegern, wenn er ihnen bei Anbahnung von Zeichnungsverträgen persönlich gegenübertritt und ihnen Prospekte oder sonstige Zeichnungsunterlagen erläutert oder ergänzende Angaben macht. Die Verletzung dieser Informationspflicht durch unrichtige, unvollständige oder irreführende Aussagen begründet eine persönliche Haftung der Vorstandsmitglieder. Frage der KausalitätDie zweite Klarstellung betrifft den regelmäßig schwer zu führenden Nachweis, dass die fehlerhaften Information für die Investitionsentscheidung des geschädigten Anlegers ursächlich war. Hier erstreckt der BGH die aus der Prospekthaftung bekannte Kausalitätsvermu-tung auf den vorliegenden Sachverhalt. Auch bei mündlichen Falschinformationen wird vermutet, dass sie für die Anlageentscheidung ursächlich geworden sind. Dem in Anspruch genommenen Vorstandsmitglied obliegt es, diese Vermutung zu widerlegen. GleichlaufDas Haftungskonzept im Zusammenhang mit fehlerhaften Kapitalmarktinformationen außerhalb der gesetzlich geregelten Prospekthaftung ist nun um zwei höchstrichterliche Kernaussagen reicher. Der BGH hat die persönliche Haftung des Vorstands für mündliche Falschinformationen dabei auf einen gebotenen Gleichlauf mit der Prospektverantwortung gestützt. Die Entscheidung wirft daher gleichzeitig die Frage auf, ob auch andere Beteiligte, die bisher abstrakt als Prospektverantwortliche angesehen werden, insbesondere Initiatoren und Gründer, oder auch Kreditinstitute, die ausdrücklich die Verantwortung für einen Prospekt übernommen haben, grundsätzlich für Informationen haften, die sie Anlegern im persönlichen Kontakt zur Verfügung stellen. Besondere Bedeutung bekommt diese offene Frage vor dem Hintergrund, dass diese Vertrauenshaftung durch eventuell daneben bestehende Prospekthaftungsansprüche nicht ausgeschlossen wird. *) Dr. Edgar Matyschok ist Partner bei Gleiss Lutz in Frankfurt/Main.