Kapitalanlage - Die Börse spricht...

Geschnitten Brot und sauer Bier

Börsen-Zeitung, 15.9.2007 Die Börse spricht über die Börsen. Seit etwas mehr als zwei Jahren verkaufen sich die Aktien der Börsenbetreiber wie geschnitten Brot. Vor allem die Konsolidierung der Branche, aber auch ein boomendes Geschäft treiben die...

Geschnitten Brot und sauer Bier

Die Börse spricht über die Börsen. Seit etwas mehr als zwei Jahren verkaufen sich die Aktien der Börsenbetreiber wie geschnitten Brot. Vor allem die Konsolidierung der Branche, aber auch ein boomendes Geschäft treiben die Preise nach oben. Doch nun der erste Rückschlag: Die Nasdaq, die mit dem Versuch, die London Stock Exchange (LSE) durch den Erwerb von 31 % der Anteile in einer Art Überrumpelungsaktion zu erobern, grandios gescheitert ist, muss diese Anteile nun wie sauer Bier feilbieten. In der Branche wird über das als nicht gerade gelungen bezeichnete Vorgehen der New Yorker Börse gelästert. Es spreche nicht unbedingt von taktischer Raffinesse, wenn lautstark kommuniziert werde, dass man beabsichtige, ein so großes Asset abzustoßen, wurde neulich unter Teilnehmern eines Branchentreffens angemerkt. Der Weg hin zu einem einigermaßen attraktiven Preis sei dies jedenfalls nicht. Ein Anhaltspunkt dafür, dass die Nasdaq verzweifelt nach Abnehmern für ihre 31 % an der LSE sucht, sind auch die vielen vermeintlich potenziellen Interessenten, die in den Medien lanciert wurden. Dazu gehörten Adressen, bei denen durchaus ein Interesse vorhanden ist (Katar, bis vor kurzem noch italienische Investoren), und solche, die darüber selbst noch nichts wussten. Es verwundert wenig, dass die “Frist”, die die Nasdaq für das Verfahren setzte, ergebnislos verstrich. Generell hat die Branche den Eindruck, dass die Nasdaq mit ihren internationalen Expansionsbestrebungen alles andere als ein glückliches Händchen bewiesen hat, auch wenn jetzt möglicherweise bei OMX ein erster Erfolg gelingen wird. So hätten es die New Yorker bei ihrer Attacke auf die LSE unter der Leitung von Clara Furse besser wissen können. Dass diese alles andere als daran interessiert ist, von einer anderen Börsenorganisation übernommen zu werden, war schon vor der Avance der Nasdaq einigermaßen deutlich signalisiert worden.Auch bei den früheren Versuchen, in Europa Fuß zu fassen, zeigte die Nasdaq wenig Geschicklichkeit. Als sie mit dem Projekt Nasdaq Europe und Nasdaq Deutschland durch die Lande tingelte, warb sie damit, dass sie die großartige amerikanische Market-Maker-Kultur nach Europa bringen werde. Die Vision, endlich von New Yorker Entwicklunghilfe beglückt zu werden, ließ sich bei den Eingeborenen ebenfalls nur wie sauer Bier verkaufen.