Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Manuel Nodoushani

Gesetzgeber schafft Rechtsrahmen für Coco-Bonds

"Die Musik spielt bei den Anleihebedingungen" - Neue Rolle für Vorzugsaktien

Gesetzgeber schafft Rechtsrahmen für Coco-Bonds

– Herr Dr. Nodoushani, die Bundesregierung will in einer kleinen Aktienrechtsnovelle für mehr Flexibilität in der Finanzierung sorgen, wo wird hier angesetzt?Bei der Wandelanleihe und der Vorzugsaktie. Bei Wandelanleihen soll künftig ein Wandlungsrecht der Gesellschaft, also des Anleiheschuldners, möglich sein. Derzeit definiert das Aktiengesetz Wandelanleihen so, dass nur die Gläubiger ein Umtauschrecht auf Aktien haben. Außerdem will die Novelle Vorzugsaktien ohne Nachzahlungsanspruch ermöglichen. Aktuell ist eine Nachzahlung des Vorzugs obligatorisch. Die beiden neuen Instrumente sollen die Kapitalausstattung von Banken flexibilisieren. Rechtlich wären sie aber nicht auf Institute beschränkt. Auch Gesellschaften, die keine Bankgeschäfte betreiben, könnten also ihre Kapitalausstattung dadurch stärken.- Werden damit Voraussetzungen für die sogenannten Coco-Bonds, einen neuen Typ von Pflichtwandelanleihe, geschaffen?Ja. International wird die neue Wandelanleihe im Kontext der Aufarbeitung der Finanzkrise unter dem Stichwort Contingent Convertible Bond, kurz Coco-Bond, diskutiert. Diese ermöglichen einen auf Vorrat angelegten Debt-Equity-Swap. Im Krisenfall lassen sie sich zu festgelegten Bedingungen in Aktien umwandeln. Die Eigenkapitalbasis der Gesellschaft wird somit gestärkt. Natürlich kann man in Frage stellen, ob eine Gesetzesänderung erforderlich ist, um Coco-Bonds zu ermöglichen.- Und wie lautet die Antwort?Die von Ihnen angesprochenen Pflichtwandelanleihen verpflichten die Anleiheschuldner ja ebenfalls zur Umwandlung. Rechtlich ist das auch zulässig. Allerdings sehen diese Pflichtwandelanleihen eine obligatorische Umwandlung am Ende der Laufzeit vor. Coco-Bonds würden hingegen sinnvollerweise immer dann umgewandelt, wenn die Gesellschaft eine bestimmte Eigenkapitalquote unterschreitet. Bei Pflichtwandelanleihen ist zudem umstritten, ob sie sich mit bedingtem Kapital unterlegen lassen. Insofern ist es gut, dass die Novelle nun klarstellt, dass für eine bedarfsgerechte Umwandlung von Coco-Bonds ein bedingtes Kapital in unbegrenzter Höhe geschaffen werden kann.- Entsprechen die geplanten Regelungen den Normen im Ausland, wo Coco-Bonds möglich sind?Die rechtliche Funktionsweise der Coco-Bonds im Ausland ist vergleichbar. Im Ausland wie im Inland spielt aber die Musik meiner Einschätzung nach eher bei den Anleihebedingungen. Lassen Sie mich nur einen Aspekt ansprechen: In welchem Verhältnis sollen Coco-Bonds in Aktien umgewandelt werden? Das müssen die Anleihebedingungen regeln. Ihre Ausgestaltung bleibt der Gesellschaft überlassen. Der Gesetzgeber schafft nur Rahmenbedingungen.- Die Bundesregierung will zudem die Vorzugsaktie attraktiver für Banken machen, indem der Nachzahlungsanspruch der Dividende künftig nur noch ein Wahlrecht sein soll, damit die Titel als Kernkapital angerechnet werden können – eine sinnvolle Neuerung?In Anbetracht der steigenden Eigenmittelanforderungen durch Basel III, die hybride Finanzierungsinstrumente langfristig nicht mehr als Kernkapital anerkennen werden, ist es im Grundsatz zu begrüßen, dass nach neuen Kernkapitalbestandteilen gesucht wird. Anzumerken ist nur, dass in der Vergangenheit nie ganz klar geworden ist, warum Vorzugsaktien nicht in der gegenwärtigen Form zum Kernkapital zählen. Sie verfügen schließlich über die Qualitätsmerkmale, die bei Kernkapital gefordert werden: Nachrangigkeit, Verlustteilnahme, Dauerhaftigkeit und Einzahlung. Eine Flexibilisierung, die hier ansetzt, liegt nun aber nicht mehr im Trend von Basel III.- Rechnen Sie mit einer Renaissance der Vorzugsaktie, obwohl die Gattung ja eigentlich bei den Investoren auf dem Index steht?Ich fürchte, wir werden keine Renaissance mehr erleben. Die Vorzugsaktie schreckt Investoren ab, weil sie mit einer Aktie eben auch das Stimmrecht kaufen wollen, und genau das gibt es bei den Vorzügen nicht. Das Stimmrecht lebt bei Vorzugsaktien nur ausnahmsweise wieder auf, wenn der Vorzug während eines bestimmten Zeitraums nicht gezahlt wird. Das gilt auch bei den neuen Vorzugsaktien. Nun kommt aber bei diesen noch hinzu, dass nicht einmal ein Nachzahlungsanspruch besteht. Daher werden die neuen Vorzugsaktien nach meiner Erwartung bei Investoren auf noch weniger Interesse stoßen als herkömmliche Vorzüge.—-Dr. Manuel Nodoushani ist Rechtsanwalt bei Broich Bezzenberger. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.