Recht und Kapitalmarkt

GmbH-Reform erleichtert Darlehen zum Aktienerwerb

Financial Assistance bisher Dauerbrenner - Neue Möglichkeiten der Akquisitionsfinanzierung - MoMiG ergänzt Kapitalschutzvorschriften

GmbH-Reform erleichtert Darlehen zum Aktienerwerb

Von Manuel Nodoushani *) Das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) ist kürzlich in Kraft getreten. Es stellt das Cash Pooling auf eine solide Rechtsgrundlage. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte die Fundamente des Cash Pooling durch seine November-Entscheidung 2003 ins Wanken gebracht. Darin hatte er der bilanziellen Betrachtungsweise eine Absage erteilt und Kapitalschutz als Liquiditätsschutz interpretiert – eine Verwechslung, wie Kritiker meinten. Das MoMiG wendet sich gegen diese restriktive Rechtsprechung. Im Zuge der Gesetzesberatungen zu diesem Punkt wurde eine weitere Restriktion entspannt. Sie betrifft das Verbot von Finanzierungs- und Hilfsgeschäften, durch die es eine AG einem Erwerber ermöglicht, ihre Aktien zu kaufen. Bisher war das Thema bei Akquisitionsfinanzierungen unter dem Schlagwort “Financial Assistance” ein Dauerbrenner. Bilanzielle BetrachtungIm Interesse einer effizienten Konzernfinanzierung hat das MoMiG die zentralen Kapitalschutzvorschriften für die GmbH und die AG derart ergänzt, dass eine bilanzielle Betrachtungsweise wieder möglich ist. In den entsprechenden Normen wurde hinzugefügt, dass Leistungen, die durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gedeckt sind oder die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags erfolgen, keine unzulässige Auszahlung von Gesellschaftsvermögen darstellen. Damit kehrt das MoMiG nicht nur zur bilanziellen Betrachtungsweise zurück. Es geht noch einen Schritt weiter, indem es Leistungen bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags ebenfalls von einem Verstoß gegen die Kapitalschutzvorschriften ausnimmt. Aus der Gesetzesbegründung geht hervor, dass selbst Leistungen an Dritte auf Veranlassung des herrschenden Unternehmens bei Bestehen eines der beiden Unternehmensverträge zulässig sind. Darüber konnte man früher in Anbetracht eines weniger klaren Wortlauts des Aktiengesetzes geteilter Meinung sein, zumal das GmbH-Gesetz gänzlich zu der Frage schwieg. Der Rechtsausschuss hat empfohlen, die Ausnahme, die auf das Bestehen eines Gewinnabführungs- oder Beherrschungsvertrags abzielt, an einer weiteren Stelle des Aktiengesetzbuchs einzufügen, nämlich bei dessen § 71 a. Dieser Empfehlung folgt das MoMiG, und es hat sich dadurch einer weiteren Kontroverse angenommen. So stellte sich bei Akquisitionsfinanzierungen bislang regelmäßig die Frage, ob es trotz eines Gewinnabführungs- oder Beherrschungsvertrags gegen § 71 a des Aktiengesetzbuchs verstößt, wenn der Erwerber zur Finanzierung auf den Cash-flow der Ziel-AG zurückgreift oder die Ziel-AG Sicherheiten für die Erwerbsfinanzierung stellt. Nach dieser Vorschrift ist ein Rechtsgeschäft nichtig, das die Gewährung eines Vorschusses, eines Darlehens oder die Leistung einer sonstigen Sicherheit durch die Ziel-AG an einen anderen zum Zwecke des Erwerbs von deren Aktien zum Gegenstand hat. Niemand war hierzulande glücklich mit diesem Verbot von Financial Assistance, das nicht aus Prinzipien des deutschen Aktienrechts heraus entwickelt wurde, sondern auf eine EU-Vorgabe sowie auf den Einfluss englischen Rechts zurückgeht. Es bestand keine Einigkeit über den Anwendungsbereich jenes § 71 a. Unklar war insbesondere, ob sich das darin niedergelegte Verbot zumindest durch einen Beherrschungsvertrag zwischen dem Erwerber und der Ziel-AG dispensieren ließ. Diese Frage hat das MoMiG jetzt positiv beantwortet und Financial Assistance dadurch erleichtert. Bei Bestehen eines Gewinnabführungsvertrags darf der Erwerber nunmehr nicht nur den Gewinn, den die Ziel-AG an ihn abführt, zur Erwerbsfinanzierung verwenden, sondern auch Darlehen, die ihm die Ziel-AG gewährt. Besteht ein Beherrschungsvertrag, kann der Erwerber den Vorstand der Ziel-AG sogar anweisen, ihm Darlehen zur Verfügung zu stellen. Hingegen ist die Anweisung, den Gewinn abzuführen, nach wie vor nicht möglich. Die Gewinnabführung setzt weiter einen Gewinnabführungsvertrag voraus. Denkbar ist aber bei Bestehen eines Beherrschungsvertrags die Weisung, dass die Ziel-AG eine Garantie für die Finanzierungsverbindlichkeiten des Erwerbers abgibt oder Sicherheiten dafür stellt. Es ist sogar möglich, dass der Erwerber seine Finanzierungslast direkt auf die Ziel-AG abwälzt, indem er diese zu einer Vertrags- oder Schuldübernahme veranlasst (“Debt Push-down”). Wer die Zulässigkeit dieser Maßnahmen nach wie vor bezweifelt, hat nun den Gesetzeswortlaut gegen sich. Allerdings gibt es für Erwerber auch künftig Grenzen, die zu beachten sind. Grenzen des MöglichenErteilt der Erwerber dem Vorstand der Ziel-AG auf der Grundlage eines Beherrschungsvertrags die Weisung, eine Garantie oder Sicherheiten für die Finanzierungsverbindlichkeiten des Erwerbers zu stellen oder an einem Debt Push-down mitzuwirken, muss der Vorstand der Ziel-AG diese Weisung mit der gebotenen Sorgfalt prüfen. Für ihn stellt sich die Frage, ob die Ziel-AG unter der Last der auf sie zukommenden Verbindlichkeiten überlebensfähig wäre. Existenzgefährdende Weisungen sind auch unter einem Beherrschungsvertrag unzulässig und dürfen nicht befolgt werden. Es ist nicht das Ende aller Überlegungen, dass der Erwerber wegen des Beherrschungsvertrags zum Verlustausgleich der Ziel-AG verpflichtet ist. Es kommt auch darauf an, ob der Erwerber zum Verlustausgleich in der Lage ist. Der Vorstand der Ziel-AG befolgt Weisungen gerade im Vertrauen darauf, dass der Erwerber einen etwaigen Verlust seiner Gesellschaft kompensiert. Um zu beurteilen, ob dies dem Erwerber möglich ist, muss der Vorstand der Ziel-AG nicht nur die Solvenz des Erwerbers einschätzen. Es bedarf außerdem einer Prognose über die Geschäftsentwicklung seiner eigenen Gesellschaft. Erst auf dieser Basis lässt sich bestimmen, wie solvent der Erwerber im Hinblick auf den Verlustausgleich sein muss. Diese Prognose erfolgt aus einer Perspektive ex ante. Stellt sich dann heraus, dass der Erwerber doch nicht fähig sein wird, Verlust auszugleichen, bewirkt dies nicht die Unzulässigkeit der früher zulässigen Weisung, Financial Assistance zu leisten. Die Ziel-AG kann aber in diesem Fall den Beherrschungsvertrag nach gesetzlicher Vorgabe kündigen. Unter dieser Voraussetzung lässt sich auch ein Gewinnabführungsvertrag beenden. Unterlässt der Vorstand der Ziel-AG die Kündigung und entsteht seiner Gesellschaft daraufhin mangels Verlustausgleich ein Schaden, ist der Vorstand der Ziel-AG womöglich zum Regress verpflichtet. Diskussion geht weiterNach der Änderung von § 71 a des Aktiengesetzbuchs durch das MoMiG greift das Verbot von Financial Assistance bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags nicht ein. Gleichwohl ist nicht anzunehmen, dass das MoMiG die Diskussion um die gesellschaftsrechtlichen Grenzen für die Finanzierung von Unternehmensübernahmen beendet hat. Es ist vielmehr zu erwarten, dass sich der Diskussionsschwerpunkt verlagert und die Suche nach anderen dogmatischen Restriktionen beginnt, etwa im Umkreis des existenzgefährdenden Eingriffs. Die rechtliche Gestaltung von Akquisitionsfinanzierungen bleibt spannend. *) Dr. Manuel Nodoushani ist Rechtsanwalt im Frankfurter Büro von Allen & Overy LLP.