Kapitalanlage

Goldgräberstimmung bei Wettanbietern

Die Online-Spielbranche wächst rasant - Die Spekulation ist aber nicht risikolos

Goldgräberstimmung bei Wettanbietern

Von Armin Schmitz, FrankfurtNoch in den achtziger Jahren war Alex Czajkowski Kolumnist für die Universitätszeitung der Carnegie-Mellon-Universität und schrieb Leitartikel unter dem Titel “Schlage das System”. 25 Jahre später beschreibt die Headline seinen Beruf. Czajkowski ist heute Marketing Director für das britische Online-Wettunternehmen Sportingbet. Er und viele seiner Kollegen anderer Firmen überlegen sich tagtäglich, wie sie Online-Wetten, Bingo oder Online-Poker in den USA bekannt machen können. Das ist nicht so einfach wie gedacht. Denn Werbung für Kasinos ist in den Vereinigten Staaten gesetzlich verboten. In Deutschland ist die an der Londoner Börse notierte Sportingbet mit ihrer Tochter EuroSportwetten tätig. Die Geschäfte mit Wetten auf Sportereignisse wie die Fußballbundesliga-Spiele laufen nicht erst seit dem Fall Holzer gut. Er hat allerdings das Augenmerk auf eine Branche gerichtet, die in Deutschland nach Meinung von Branchenkennern 2004 bereits einen Umsatz von 1 bis 1,5 Mrd. Euro erzielt hat. Tendenz steigend. Web-Wetten wachsen rasantNeben Internet-Sex und Web-Auktionen gehört das Online-Gaming zu den größten Gewinnern des expandierenden Internet. Nach einem geschätzten weltweiten Umsatz von 6 Mrd. Dollar für 2003 sollen die mehr als 2 000 Gaming-Web-Seiten im vergangenen Jahr einen Umsatz von 8 bis 9 Mrd. Dollar erreicht haben. Das sind mehr als 2 % der weltweiten Wettumsätze von 433 Mrd. Dollar! Die Branche wächst rasant. Dabei ist es den Usern egal, ob das Business wenig transparent ist oder das Online-Casino im eigenen Land verboten. Studien gehen von jährlichen Wachstumsraten von 20 % aus. Für 2015 wird für Internet-Wetten bereits ein Umsatz von 200 Mrd. Dollar erwartet. Vor allem die Amerikaner nehmen mit einem Anteil von 40 % der Online-Wetterträge den ersten Rang ein. Die Asiaten haben sich einen Marktanteil von 18 % erspielt, Kontinentaleuropa nimmt ein Viertel des Marktes ein. Unerkannt von Nachbarn, ohne Kleiderordnung oder Etikette, erreichen die Deutschen bereits heute einen Anteil des Online-Wettbusiness von 9 %, wobei Sportwetten offenbar eine dominierende Position einnehmen, während sich in den USA das Online-Pokern der größten Beliebtheit erfreut.Angesichts der Spielfreudigkeit der User herrscht Goldgräberstimmung wie seinerzeit bei den Neuer-Markt-Werten. Die Experten übertreffen sich im Optimismus. Für den Onlinebereich erwarten sie für Deutschland 2005 ein beeindruckendes Wachstum von 30 bis 40 % gegenüber dem Vorjahr. Das schlägt sich auch in der Geschäftsentwicklung der börsennotierten Wettanbieter nieder. So meldete die österreichische Betandwin unlängst eine Umsatzsteigerung für das erste Quartal 2005 gegenüber dem Vorjahresquartal von 220 % auf 440 Mill. Euro. Umsatztreiber WM 2006Ein großer Umsatzsprung wird für 2006 erwartet. Die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland wird von der Branche als Glücksfall bezeichnet. Einige der großen britischen Unternehmen wie William Hill oder Betonsports stehen bereits in den Startlöchern, um den Markt nicht nur im Internet, sondern auch bei den realen Wettbüros aufzurollen. Tatsächlich hat Deutschland neben dem Internet ein großes Nachholpotenzial bei den Offline-Wettbüros. Während es in Deutschland schätzungsweise 1 500 solcher Shops gibt, sind es in Großbritannien, im Mutterland des Wettens, fast 18 000. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Umsätze der großen britischen Player wie Sportingbet, Betonsports oder der irischen Paddy Power drei- bis sechsmal so hoch sind wie die Umsätze der meisten deutschsprachigen Anbieter mit Ausnahme von Betandwin. Einen weiteren Schub für die Branche dürfte es geben, wenn das staatliche Monopol bei Sportwetten fällt. Das Verfassungsgericht muss noch in diesem Jahr entscheiden, dass das im November 2003 vom Europäischen Gerichtshof gefällte “Gambelli-Urteil” umgesetzt wird, dass der Staat nicht mehr auf dem Monopol im Bereich Sportwetten beharren darf. Das würde eine Niederlassungsfreiheit für die Sportwettanbieter im europäischen Raum bedeuten.Das hohe Umsatz- und Gewinnwachstum der Branche schlägt sich auch in der Performance der meisten Wettaktien nieder. So stiegen die deutsche Fluxx seit Jahresanfang um 140 % und Betandwin sogar um 400 %. Die Notierungen der britischen Flaggschiffe haben zwar geringere Steigerungsraten vorzuweisen, die Werte zeigen aber mit geschätzten KGVs von 13 bis 27 für 2006 bessere Bewertungen. Auch wenn die Aussichten für die Branche glänzend sind, sollten sich Investoren über die Risiken im Klaren sein. Intransparente Geschäftsmodelle und Bilanzen, Gerichtsurteile und staatliche Regulierungen können Anleger bei der Wette auf die Wettanbieter auch mal zum Verlierer machen.