Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Julian Pritchard

"Grenzüberschreitende Übernahmen mit Aktientausch in Japan schwierig"

Neue Regeln helfen ausländischen Käufern nur wenig

"Grenzüberschreitende Übernahmen mit Aktientausch in Japan schwierig"

– Herr Pritchard, was hat es mit den vereinfachten Übernahmeregeln in Japan auf sich?Die Debatte dreht sich hauptsächlich um Regeländerungen, die sogenannte Triangular Merger betreffen. Triangular Merger bedeutet, dass ein Käufer aus Land A eine Tochterfirma in Land B gründet, um dort mit einem Zielobjekt aus Land B zu fusionieren. Die Aktionäre des Zielobjekts erhalten eine Barabfindung oder Aktien des Käufers. Die geplanten neuen Regeln in Japan erleichtern nicht nur grenzüberschreitende Fusionen, bei denen Aktien des Käufers als Zahlungsmittel verwendet werden, sondern auch Barabfindungen von Minderheitsaktionären (Squeeze-out). – Wie haben Käufe durch Ausländer bisher funktioniert?Bisher hatten ausländische Käufer im Grunde nur die Möglichkeit einer Bargeldtransaktion und mussten strukturell einige Verrenkungen machen, um sich von Minderheitenaktionären zu trennen. Ihre eigenen Aktien konnten sie zwar in einem einfachen Aktientausch anbieten, aber nicht auf eine steuerlich effiziente Weise. Deshalb gibt es keine grenzüberschreitenden Transaktionen per Aktientausch, die japanische Firmen involvieren. – Warum hat Japan den Triangular Merger genehmigt und keinen direkten Aktientausch?Triangular Merger sind in den USA zum Beispiel bei Übernahmen zwischen zwei US-Bundesstaaten üblich, und Japans Gesetzgebung lehnt sich häufig an die amerikanische an. Sicherlich ist ein Triangular Merger recht schwierig auf feindlicher Basis durchzuführen. Das mag ein zusätzlicher Grund für die Wahl dieser Struktur sein. – Haben japanische Unternehmen zu wenige Abwehrmöglichkeiten gegen feindliche Übernahmen?Japan hat im Hinblick auf den Vorrang von Shareholder Value und die strenge Gleichbehandlung von Aktionären nicht den gleichen Ansatz wie Europa. Es gibt nicht die gleiche Art von Regeln für Pflichtangebote. So ist es möglich, über den Markt die Kontrollmehrheit an einer Gesellschaft zu erwerben. Vor diesem Hintergrund finden es japanische Unternehmen schwierig, sich zu verteidigen, ohne auf ,Giftpillen’ nach US-Art zurückzugreifen. – Derzeit scheint die Regierung zu überlegen, Triangular Merger nur ausländischen Unternehmen zu gestatten, die besondere Voraussetzungen erfüllen. Etwa solchen, die in Japan gelistet sind. Was würde das bedeuten?Viele Länder haben ein System, wonach eine Übernahme gegen Aktientausch nur gestattet ist, wenn der Käufer die inländischen Wertpapierrichtlinien erfüllt. In Japan ist der Erwerb einer Börsennotierung allerdings ein sehr schwieriger und zeitraubender Prozess. Das könnte eine Übernahme verzögern und dadurch möglicherweise ihrer kommerziellen Grundlage entziehen. Natürlich verhindern solche regulatorischen Probleme keine großen internationalen ,Merger of Equals’. Ob eine Börsennotierung in Japan für Triangular Merger letztlich erforderlich sein wird, ist derzeit noch unklar. – Welche Schwierigkeiten gibt es für ausländische Käufer in Japan noch?Das größte Problem ist ein kommerzielles: Der Preis ist nicht immer entscheidend. Japanische Vorstände fühlen sich nicht unter dem gleichen Druck wie europäische oder amerikanische, Verhandlungen zu beginnen, wenn sie für die Übernahme ihres Unternehmens eine substanzielle Prämie angeboten bekommen. Ausländische Käufer, die zumeist keine feindlichen Absichten hegen, können vom Zielunternehmen zurückgewiesen werden, selbst wenn der Preis für die Aktionäre attraktiv ist. Was den Markt derzeit außerdem bewegt, ist die Frage, ob es gleichzeitig Änderungen am Steuergesetz geben wird, die Triangular Merger steuerlich effizient werden lassen. Sollten die Regularien sich nicht ändern, sind wir im Grunde keinen Schritt weitergekommen. – Wird die Möglichkeit zum Triangular Merger die Zahl der Übernahmen in Japan antreiben?Ich denke, wir werden einige Transaktionen via Aktientausch in Japan sehen, sobald die neuen Regelungen in Kraft getreten sind. In der Tat könnte ein Aktientausch interessant für japanische Vorstände sein, die Synergien heben wollen, ohne ihre Aktionäre ausbezahlen zu lassen. Dennoch werden Übernahmen durch grenzüberschreitenden Aktientausch schwierig bleiben, und vermutlich werden sie nur vereinzelt auftreten. Ich bezweifle, dass wir eine Welle von feindlichen Übernahmen durch ausländische Käufer sehen werden, auch wenn dies die Sorge der japanischen Unternehmerschaft ist. Auch in den aktivsten M & A -Märkten der Welt sind diese noch extrem selten.Julian Pritchard ist Partner bei Freshfields Bruckhaus Deringer in Japan. Das Interview führte Birga Böcker.