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Großes Potenzial für Scharia-Investments

Markt für islamkonforme Anlageprodukte wächst - Verbot von Spekulation und Verzicht auf Zinsnahme

Großes Potenzial für Scharia-Investments

Von Frank Bremser, Frankfurt Vor dem Hintergrund der Vertrauenskrise, die aus der Finanzkrise folgte, gewinnen derzeit ethische und moralische Aspekte der Geldanlage eine immer größere Bedeutung. Ein Finanzsystem, das sich aus religiösen Gründen, und dies schon seit Jahrhunderten, diesem Prinzip verschrieben hat, ist Islamic Finance. Der Begriff umfasst sämtliche Arten von Finanzgeschäften, die mit den Regeln des Islam, der Scharia, also des rechtlichen Rahmens, in Einklang stehen (siehe nebenstehender Gastbeitrag). Kein SchweinefleischVerboten sind laut Scharia etwa Waffenhandel, Pornografie, Glücksspiel, der Kauf oder Verkauf von Schweinefleisch oder von Fleisch, das nicht nach islamischen Regeln geschächtet wurde. Ebenfalls nicht erlaubt sind Anlagen in Unternehmen, die mit diesen Produkten Geld verdienen. Doch es ist vor allem ein anderer Aspekt, der Islamic Finance für Investoren so interessant macht. Denn ein Spekulationsverbot und Verzicht auf Zinsnahme haben Finanzierungsmethoden, die moderne Wertpapier- und Kreditmärkte so krisenanfällig machen, verhindert. Aus diesem Grund ist dieser Bereich relativ glimpflich durch die Finanzkrise gekommen. Dieser Erfolg sorgte sogar dafür, dass Wissenschaftler vorschlagen, dass sich das gesamte westliche Finanzsystem an Islamic Finance ein Beispiel nehmen sollte. So regte im vergangenen Herbst Willem Buiter von der London School of Economics an, islamische Finanzmethoden zur Umwandlung von Schulden in Beteiligungen anzuwenden, um der fehlenden Kapitalisierung von Banken, Haushalten und auch Staaten zu Leibe zu rücken.Trotz enormer Zuwachsraten ist Islamic Finance mit einem Gesamtvolumen von derzeit ca. 750 Mrd. Dollar gegenüber konventionellen Finanzprodukten mit fast 50 Bill. US-Dollar ein noch relativ kleiner Markt. Doch dies sollte sich aus mehreren Gründen ändern. Zum einen sind viele Muslime aus religiösen Erwägungen immer noch kaum am Anlagemarkt unterwegs, zum anderen geht der Kundenkreis inzwischen weit über die rein muslimische Bevölkerung hinaus. Und noch fehlt ihnen vielfach die Anlagemöglichkeit. Beispiel Deutschland: Für die etwa 4,3 Millionen Muslime hierzulande gibt es kaum islamkonforme Angebote, obwohl über 70 % der Muslime eine entsprechende Nachfrage signalisieren. Das geschätzte Sparvolumen dieser Gruppe beläuft sich auf eine Summe zwischen 22 und 38 Mrd. Euro. Zudem weisen die Muslime in Deutschland eine deutlich höhere Sparquote auf als der Bundesdurchschnitt. Die Beratungsfirma Booz & Company veranschlagt das Marktpotenzial mit islamischen Bau- und Konsumfinanzierungen sowie Geldanlagen auf ein jährliches Neugeschäftsvolumen von immerhin 1,2 Mrd. Euro in Deutschland. BaFin macht sich starkDas Stiefmütterchendasein soll also nun bald beendet werden. Im Herbst vergangenen Jahres hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sich für eine aktive Verbreitung islamischer Finanzdienste starkgemacht und den regulatorischen Boden für eine Etablierung und Lizenzierung islamischer Banken in Deutschland bereitet – auch wenn es bisher nur wenige Reaktionen darauf gab. Anders ist dies etwa in Großbritannien und Frankreich, wo sich auch die heimische Finanzindustrie schon lange auf die große Gruppe der Muslime eingestellt hat. Und auch Unternehmen haben die Chancen erkannt, die sich durch diese Käuferschicht – und nicht zuletzt die finanzkräftigen Investoren aus dem arabischen Raum – ergeben. So haben einige Unternehmen wie General Electric bereits islamkonforme Anleihen, sogenannte Sukkuks, begeben.Wer über Fonds an diesem Markt teilhaben will, der hat in Deutschland derzeit noch eine relativ geringe Auswahl. Als islamkonform gelten derzeit der “Allianz RCM Islamic Global Emerging Markets”, der “Allianz RCM Islamic Global Equities” und der “UBS Islamic Fund”. Erst im März diesen Jahres gestartet wurde der “Meridio Global Islamic Multi Asset”. Für diesen Fonds gibt es eine eigene, mit islamischen Gelehrten besetzte, unabhängige Ethik-Kommission.