ANLAGEPRODUKTE

Gütesiegel für Handelsqualität fehlt

Emittentendaten werden nicht mehr veröffentlicht - Kritik an mangelnder Transparenz

Gütesiegel für Handelsqualität fehlt

Der Zertifikatemarkt hat sich in den vergangenen Monaten zu einem Tradermarkt gewandelt. Im täglichen Handel dominieren Optionsscheine, Knock-out-Produkte und Faktorzertifikate. Die Belastungsprobe während der volatilen Marktphasen haben die Systeme und Leitungen der Börsen, der Handelssysteme und der Vendoren bestanden. Der Widerstand gegen die Messung der Handelsqualität der Market Maker durch die Börsen wächst dennoch.Von Armin Schmitz, FrankfurtEine riesige Angebotspalette am Derivatemarkt von fast 900 000 Produkten stellt den Markt vor eine Herausforderung. Der Handelsplatz für Zertifikate und Hebelprodukte Scoach muss während der Spitzenzeiten an hochvolatilen Tagen eine riesige Zahl (bis zu 1,4 Milliarden) Quotes (August 2011) an Banken und Finanzportale verschicken. Auch an normalen Handelstagen werden durchschnittlich bis zu einer Milliarde Quotes bei einem Volumen von rund 1,6 Mrd. Euro festgestellt.Nachdem einige Emittenten nach den Erfahrungen während der Marktturbulenzen im August vergangenen Jahres ihre IT-Infrastruktur aufgerüstet haben, scheinen die Probleme in den volatilen Marktphasen kleiner geworden zu sein. Auch die Intermediäre hatten in den vergangenen Monaten wenig Probleme, denn Scoach hat im zurückliegenden Jahr in Zusammenarbeit mit sogenannten Datenvendoren, also Unternehmen, die Kursdaten und Finanzinformationen verkaufen, technische Lösungen entwickelt, um die ordnungsgemäße Kursversorgung sicherzustellen. So kann je nach Marktlage die Anzahl weitergeleiteter Quotes um 15 bis 20 % reduziert werden, so dass Quote-Staus bei Vendoren verhindert werden.Trotz eines zum Teil volatilen Marktgeschehens im März wurde auf Scoach eine Verbesserung der Ausführungsqualität festgestellt. So lag die durchschnittlichen Ausführungsgeschwindigkeit aller Orders am Handelsplatz Frankfurt im Median bei 0,72 Sekunden. Mit anderen Worten: 50 % der Orders wurden innerhalb von 0,72 Sekunden ausgeführt. Noch im August vergangenen Jahres lag diese Zeit bei 0,87 Sekunden. Im März konnten 92,6 % der Kundenorders in weniger als 10 Sekunden ausgeführt werden. Im August lag der Wert bei 89,5 %. Die Ausführungsqualität hat sich im Vergleich zum Sommer 2011 also deutlich verbessert. Unterschiede erkennenDiese Zahlen geben nur einen Teil der Handelsqualität auf Scoach wider. Denn es gibt Unterschiede zwischen den einzelnen Emittenten. Die Veröffentlichung auf Einzelemittentenebene wurde allerdings im vergangenen Jahr auf Druck einiger Banken von Scoach eingestellt. Für Anleger ist das ärgerlich, da diese Zahlen wichtig sind, um die Qualität der Market Maker besonders in Krisenzeiten beurteilen zu können. Die Aufgabe der Emittenten, die auch Market Maker sind, ist es, für jeden Titel einen Kauf- und einen Verkaufspreis mit ausreichendem Volumen zu stellen, damit die Aufträge der Anleger ausgeführt werden können – auch in turbulenten Marktphasen.Die Emittenten bekommen zwar weiterhin ihre Ausführungsdaten mitgeteilt, sie werden allerdings nicht mehr veröffentlicht. Das wird auch von einigen Anbietern bedauert. “Wir sind für die Messung der Handelsqualität auf Emittentenebene, weil die Form der Transparenz einen Druck auf Emissionshäuser und Makler ausübt, ihre Ausführungsqualität immer weiter zu verbessern. Das ist gut für den Markt. Es entsteht eine Art Benchmark, an der sich alle orientieren können”, sagt Greg Toublanc, Chef des Retail-Derivategeschäfts der BNP Paribas. Tatsächlich ist ein gutes Market Making ein nicht zu unterschätzender Vorteil im Wettbewerb zwischen mehr als 40 Emittenten und rund 900 000 Produkten.Nach Informationen der Börsen-Zeitung ist es das Bestreben einiger Banken, auch die Veröffentlichung der durchschnittlichen Ausführungsgeschwindigkeit aller Orders am Handelsplatz Frankfurt aufzugeben. Das unterstellte geringe Interesse der Anleger wird nicht von allen Anbietern geteilt. Das zeigt auch die Erfahrung, die Banken und Scoach in der Schweiz machen.Von den Anlegern genau beobachtet werden für die in der Schweiz gelisteten Produkte die sogenannten Daten der Quotes Quality Metrics (QQM). Mithilfe der QQM kann sich der Anleger über die Güte des Market Making für das jeweilige Produkt informieren. In QQM fließen die Geld-Brief-Spanne, der letzte Geld- und Briefkurs, das angebotene Handelsvolumen sowie die zeitliche Verfügbarkeit der Quotes während des Tages ein. Die QQM werden in der Schweiz sogar auf ISIN-Ebene angegeben.Diese Zahlen werden auch als ein Nachweis für das Funktionieren des Marktes gesehen. Und das scheint wichtig, zumal andere Produktstrukturen wie die Contracts for Difference (CFD), also die Differenzkontrakte, den Optionsscheinen und Knock-out-Produkten in Deutschland zunehmend Konkurrenz machen. “Die Veröffentlichung der Ausführungsqualität sehen wir als wichtige Form der Transparenz. Sie hilft dem Derivatemarkt im harten Wettkampf mit den Anbietern von CFD”, sagt Heiko Weyand, Derivateexperte von HSBC Trinkaus.