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Haltepositionen schlagen Saisonstrategie

Kalendereffekte beeinflussen die Märkte - Zertifikate setzen die Phänomene selten profitabel um

Haltepositionen schlagen Saisonstrategie

Von Armin Schmitz, Frankfurt Schon im Juni 1870 hat sich der Berichterstatter in der Ausgabe des “Der Aktionär. Das Central-Organ für Fonds- und Aktienbesitzer”, eine der frühesten deutschen Finanzmarkt-Zeitungen, über die wiederkehrende sommerliche Flaute auf dem Parkett der Berliner Börse beklagt. Er spekulierte, dass die Bankleute im Biergarten oder im Urlaub verweilten. Der Sommereffekt war also bereits im 19. Jahrhundert bekannt. Als Börsenweisheit etablierte sich “Sell in May and go away” allerdings erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie beschreibt, dass die Gewinne an den Aktienmärkten in den Monaten von November bis April höher sind als während der Sommermonate von Mai bis Oktober. Dabei profitiert dieser Zeitraum von der Jahresend-Rally und dem Januareffekt. Eine ähnliche Verteilung der Renditen lässt sich auch am deutschen Aktienmarkt seit 1980 beobachten (siehe Grafik), auch wenn die Sommerflaute nicht im Mai, sondern Juli beginnt. Dieser Effekt korreliert deutlich mit der Länge und der Datierung der Sommerferien. Vor allem in Europa beeinflussen die saisonalen Effekte die Performance der Finanzmärkte. Die Ausnutzung des “Sommereffekts”, also der Verkauf der Positionen Ende Mai, dürfte dem Anleger theoretisch einen Vorteil bringen. In der Praxis berücksichtigen aber nur wenige Fondsmanager oder Vermögensverwalter die Phänomene, da dieser saisonale Rhythmus nicht kontinuierlich in jedem Jahr nachweisbar ist. Eine Reihe von Zertifikaten versucht, die Saisonaleffekte umzusetzen. Überzeugen können nur wenige. Das Dax-Plus-Seasonal-Strategy-Index-Zertifikat der ABN Amro (NL0000196301) konnte dabei am besten abschneiden. Das Produkt basiert auf dem von der Deutschen Börse errechneten Dax-Plus-Seasonal-Strategy-Index, dessen Stand Ende Juli festgeschrieben wird und eine Notierungspause im August und September einhält. Ab Oktober gilt die Notierung wieder. Seit dem Start im Juni 2005 verzeichnete das Zertifikat eine Rendite von 37,7 % oder 10,4 % p. a. Auf Jahresfrist bleibt unter dem Strich ein Verlust von 9,6 %. Das Produkt konnte damit nicht an eine “Buy-and-hold-Strategie” beim Dax anknüpfen. Dieser erzielte eine Outperformance von mehr als 5 Prozentpunkte p. a. Tatsächlich hätte die Performance des Produktes besser sein können, da der Anleger nicht in den Genuss des Zinsgewinns kommt, der in der Notierungspause erzielt wird. Mit einem Verlust von 13,5 % in den vergangenen zwölf Monaten hat auch das European-Price-Index-Zertifikat der HypoVereinsbank auf den Euro Stoxx 50 (DE000HV1A2N3) stark unter den schlechten Marktbedingungen gelitten. Es ist nur in den Monaten von Oktober bis Juli investiert. In den Sommermonaten wird pausiert. Das eingesetzte Kapital wird in dieser Zeit mit dem Eonia-Satz verzinst. Den Anstieg des Euro Stoxx innerhalb der Sommermonate 2007 hat das Produkt allerdings wegen der Investitionsphase verpasst. Das Alpha Index Deutschland Zertifikat (NL0000050656) nutzt dagegen ein anderes Phänomen aus, das Norman G. Fosback in seinem Buch “Stock Market Logic” beschrieben hat. Die Märkte entwickeln sich besonders an den letzten Handelstagen zum Monatsende und in den ersten vier Tagen des Folgemonats überdurchschnittlich positiv. Auch vor Feiertagen ist dieser Effekt nachzuweisen. Portfolio-Anpassungen Institutioneller und Geldzuflüsse durch die Lohnzahlungen und Sparpläne am Monatsende sind die Gründe. Die in dem Produkt verbriefte Strategie investiert nur an den Tagen, die statistisch eine Outperformance erzielen. An anderen Tagen wird das Kapital am Geldmarkt geparkt. Das Alpha Index Deutschland Zertifikat zeigt gute Leistungszahlen. In den vergangenen zwölf Monaten erzielte der Anleger einen Gewinn von 6,8 % bei einer Volatilität von nur 9,8 % (Dax 21 %). Diese Kennzahlen sind kurzfristig besser als eine Haltestrategie im Dax. Seit dem Start addieren sich die Gewinne des Produktes auf 21 % oder 6,9 % p. a.Die Kalendereffekte sind unbestreitbar an den Börsen statistisch nachzuweisen. Die Erfahrungen mit den Strategie-Zertifikaten, die diese Phänomene ausnutzen wollen, sind allerdings mäßig. Während des kurzen Beobachtungszeitraums wäre der Anleger allerdings mit einer “Buy-and-hold-Strategie” mit einem Dax-Zertifikat oder börsengehandelten Indexfonds besser gefahren.