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Haus kaufen, Grundstück mieten

Bau oder Kauf einer Immobilie im Erbbaurecht als günstige Alternative zur Hypothek - Der fällige Zins ist steuerlich abzugsfähig

Haus kaufen, Grundstück mieten

Von Stefan Terliesner Der Bau oder Kauf einer Immobilie im Erbbaurecht kann eine günstige Alternative zur Hypothek sein. In Deutschland stellen traditionell vor allem Kommunen und Kirchen Grundstücke im Erbbaurecht zur Verfügung. Damit dort “kostengünstige Familieneigenheime errichtet werden können”, betont zum Beispiel das Gemeinnützige Siedlungswerk der Bistümer Limburg, Mainz, Fulda und Erfurt. Auch einige öffentliche Wohnungsunternehmen gehen diesen Weg. Was Kirchen und Kommunen schon lange machen, ist zunehmend für professionelle Vermarkter interessant.”Beim Erbbaurecht erwirbt der Käufer nur die Aufbauten und nicht das Grundstück, was die Anschaffungskosten deutlich reduziert. Dafür mietet er das Grundstück langfristig für in der Regel 99 Jahre oder auch 198 Jahre”, erklärt Oliver Priggemeyer, Vorstand des Kölner Immobilienunternehmens Vivacon. Für dieses Recht zahlt der Bauherr dem Eigentümer des Grundstücks ein jährliches Entgelt, den Erbbauzins. Das Bauwerk auf dem Grundstück gehört dem Erbbauberechtigten.Sofort offensichtlich ist der Preisvorteil für den Erbbauberechtigten. In der Regel liegt der Preis eines Grundstücks bei 20 % der Gesamtkosten, in gefragten Wohngegenden auch schon mal bei 30 bis 40 %. Wer nicht unbedingt auch Grundbesitzer sein muss, kann sich seinen Traum von den eigenen vier Wänden also deutlich günstiger erfüllen. Der Preisvorteil führt direkt zu einer geringeren Bankverschuldung und somit höheren Liquidität. Diesen Liquiditätsvorteil kann der Inhaber des Erbbaurechts nutzen, zum Beispiel für den eigenen Konsum oder zum Aufbau eines Kapitalvermögens mit Hilfe von Investmentfonds. Dann ist der Erbbauberechtigte nach zum Beispiel 30 Jahren zwar kein Grundstücksinhaber, verfügt aber über ein ansehnliches Vermögen.Die freien Mittel können aber auch zusätzlich in das neue Eigenheim investiert werden. Bei gleichem Kapitaleinsatz hätte der Erbbauberechtigte dann mehr Wohnfläche oder mehr Wohnkomfort zur Verfügung. Das gilt für Selbstnutzer. Vermieter wiederum können auf diese Weise höhere Mieteinnahmen erzielen.”Damit das Erbbaurecht für den Berechtigten sicher ist, wird es im Grundbuch für das Grundstück an erster Rangstelle eingetragen”, heißt es bei der Baywobau Baubetreuung GmbH mit Sitz in München. “Gleichzeitig wird für das Erbbaurecht als selbständiges, dingliches Recht ein eigenes Grundbuchblatt angelegt.” Bei einem Gebäude mit mehreren Wohnungen wird durch eine sogenannte Teilungserklärung das Erbbaurecht in Wohnungserbbaurechte aufgeteilt und es werden jeweils eigene Wohnungserbbaugrundbücher gebildet. Rechtlich ist das Wohnungserbbaurecht dem Wohneigentum völlig gleichgestellt. Der Erbbauberechtigte wird Eigentümer der Wohnung (sowie des Kellers und des Tiefgaragenstellplatzes etc.), während das Eigentum an Grund und Boden beim Eigentümer des Grundstücks verbleibt.Verkaufen, vererben, verschenken, vermieten, belasten: Das alles können Berechtigte mit dem Erbbaurecht. Als grundstücksgleiches Recht mit eigenem Grundbuchblatt kann über das Erbbaurecht genauso verfügt werden wie über jedes andere Grundvermögen. Nach Ablauf der vereinbarten Frist von meist 99 Jahren erlischt das Erbbaurecht und die Aufbauten fallen in das Eigentum des Grundstückseigentümers. Dieser muss dafür eine Entschädigung zahlen. Nur wenn der Erbbauberechtigte die Vereinbarungen des Erbbaurechtsvertrages nicht einhält, kann der Grundstückseigentümer das Erbbaurecht vorzeitig zurückverlangen, zum Beispiel wenn der Erbbauberechtigte mit seinen Erbbauzinszahlungen mindestens zwei Jahresbeiträge im Verzug ist.Der Erbbauzins rangiert oft zwischen 3 und 5 % des Grundstückswertes. Seine Höhe hängt auch von der Inflation ab. Als Maßstab dient der Verbraucherpreisindex. In der Regel ist im Erbbaurechtsvertrag vereinbart, dass der Erbbauzins alle fünf Jahre an die allgemeine Preisentwicklung angepasst wird. Der Erbbauzins wird durch die Eintragung einer Reallast im Wohnungserbbaugrundbuch gesichert. Auch aus steuerlicher Sicht bietet das Erbbaurecht für Kapitalanleger Vorteile: Neben der Geltendmachung der Abschreibung ist der gesamte Erbbauzins als Werbungskosten von der Steuerlast abzugsfähig. Für Selbstnutzer bestehen ebenfalls sämtliche Vorteile, die beim Erwerb von Immobilien vom Gesetzgeber gewährt werden. Gleiches gilt für die öffentliche Förderung. Insgesamt also bietet das Erbbaurecht interessante wirtschaftliche Vorteile. Gegenüber dem klassischen Immobilienerwerb mit Hypothek ist das Erbbaurecht vor allem dann vorteilhaft, wenn der Hypothekenzins deutlich höher als der Erbbauzins ist und wenn die Inflation – wegen der Anpassung des Erbbauzinses alle fünf Jahre – relativ niedrig bleibt.