ASSET MANAGEMENT - GASTBEITRAG

Hedgefonds: Eine Assetklasse im neuen Gewand

Börsen-Zeitung, 15.1.2013 Hedgefonds haben ihre Renditeversprechen während der Finanzkrise nicht erfüllen können. Zahlreiche auf schwerreiche Privatanleger ausgerichtete Hedgefonds-Boutiquen haben Schiffbruch erlitten. Heute sind es vermehrt...

Hedgefonds: Eine Assetklasse im neuen Gewand

Hedgefonds haben ihre Renditeversprechen während der Finanzkrise nicht erfüllen können. Zahlreiche auf schwerreiche Privatanleger ausgerichtete Hedgefonds-Boutiquen haben Schiffbruch erlitten. Heute sind es vermehrt institutionelle Anleger wie Pensionskassen, die sich unter dem Gesichtspunkt der Risikostreuung für Hedgefonds interessieren. Dies hat zu einer Professionalisierung der Anbieter geführt.Hochspekulative Wetten, Leerverkäufe, undurchsichtige Anlagen, mangelnde Regulierung – das sind die Begriffe, die viele Anleger mit Hedgefonds in Verbindung bringen. Die globale Finanzkrise war dem Image auch nicht förderlich. Viele Hedgefonds wurden von der “Kernschmelze” an den Märkten überrascht. Erstaunliche WiedergeburtVor diesem Hintergrund erstaunt es, dass das von Hedgefonds verwaltete Vermögen in Höhe von 2,2 Bill. Dollar das Vorkrisenniveau überschritten hat. Die Hedgefonds-Branche erlebt derzeit eine Renaissance – allerdings in einem veränderten, institutionelleren Gewand.Vor der Finanzkrise haben viele Superreiche ihr Vermögen Hedgefonds-Boutiquen anvertraut, die ihnen hohe absolute Renditen versprachen. Heute stammt das von Hedgefonds verwaltete Vermögen nach Recherchen von Towers Watson und KPMG überwiegend von Pensionskassen, staatlichen Investitionsfonds, Versicherern, Stiftungen und anderen institutionellen Investoren.Aufgeschreckt von einer Reihe von Betrugsfällen stellen diese institutionellen Investoren heute hohe Anforderungen an den Investmentprozess und die Infrastruktur von Hedgefonds. Boutiquen, die weniger als 250 Mill. Dollar verwalten und keinen langjährigen Track Record aufweisen, fällt es heute zunehmend schwerer, Gelder von der anspruchsvolleren Kundschaft anzuziehen – eine Adresse im noblen Londoner Stadtteil Mayfair und ein Bloomberg-Finanzdatenterminal genügen nicht mehr. Große sind professionellerKapital fließt heute vermehrt zu den großen Hedgefonds, die über qualifiziertes Personal – neben Portfoliomanagern auch Compliance-Experten oder Rechtsanwälte – sowie hochkomplexe Risiko-Messsysteme und einen leistungsfähigen Vertrieb verfügen. Die heutigen Hedgefonds werden also immer professioneller und ähneln immer stärker traditionellen Vermögensverwaltern. Die “jungen Wilden” werden erwachsen.Der Begriff Hedgefonds tauchte erstmals 1966 in Zusammenhang mit dem Anlagestil von Alfred Winslow Jones auf. Kennzeichnend für Jones’ Investmentstrategie, die er seit 1949 verfolgte, waren Leerverkäufe, die Finanzierung von Risikopositionen mit Hilfe von Fremdkapital (Leverage) und hohe, vom Gewinn abhängige Gebühren. Spezialisierte MandateHeute wird der Begriff Hedgefonds für eine Vielzahl von höchst unterschiedlichen Anlagestrategien verwendet. Verschiedene Studien belegen, dass in erster Linie die verfolgte Strategie über die Rendite- und Risikoeigenschaften von Hedgefonds entscheidet. Institutionelle Investoren vergeben heute vermehrt spezialisierte Hedgefonds-Mandate. Anstatt die Auswahl der einzelnen Hedgefonds einem Dachfondsmanager zu überlassen, investieren institutionelle Anleger vermehrt direkt in einzelne Hedgefonds. Bei der Auswahl der einzelnen Hedgefonds lassen sie sich vermehrt von Consultants beraten. Branche im UmbruchNeben den steigenden Ansprüchen der Kunden hat die Hedgefonds-Branche mit neuen Herausforderungen zu kämpfen. Hedgefonds konkurrieren heutzutage zunehmend mit traditionellen Investmentfonds. Angelockt von den weiterhin hohen Gebührenzahlungen – 2 % Verwaltungsgebühren und 20 % der Erträge – in der Hedgefonds-Branche, legen traditionelle Investmentfonds verstärkt selbst Hedgefonds auf. Möglich geworden ist dies durch eine einheitlichere und damit bessere Regulierung der Investmentbranche auf europäischer Ebene: In der Europäischen Union werden Hedgefonds-Strategien heute vermehrt nach den einheitlichen europäischen Ucits-Regeln aufgelegt und verwaltet. Verwalter alternativer Investmentfonds, die ihre Fonds in der EU vertreiben möchten, müssen in Zukunft die Anforderungen der Alternative Investment Fund Managers Directive (AIFMD) erfüllen. Zudem formuliert die Branche eigene Standards, um ihren angeschlagenen Ruf in der Öffentlichkeit aufzupolieren.Der entscheidende Grund für die derzeit zu beobachtende Renaissance von Hedgefonds ist die Suche von institutionellen Anlegern nach alternativen Diversifikationsquellen. Wer ausschließlich in Aktien und Anleihen investiert, geht extrem konzentrierte Risiken ein. Weit über 90 % der Renditevariationen von traditionellen Aktien- und Anleihenfonds können üblicherweise anhand einer einzigen Variablen, der Bewegung des jeweiligen Gesamtmarktes, erklärt werden. Viele Pensionskassen befürchten, dass aufgrund der derzeit historisch niedrigen Zinsen eine der größten Blasen am Anleihenmarkt droht. Sie suchen deshalb nach alternativen Anlageformen, um Risiken zu diversifizieren.Die Erkenntnis, dass Anleger durch die Streuung ihres Vermögens, Diversifikationsvorteile erzielen können, geht auf Harry Markowitz zurück. Bereits 1952 hat Markowitz Anlegern geraten, ihr Vermögen über verschiedene Branchen zu streuen. 1974 hat Bruno Solnik in einem Artikel gefragt: “Why not diversify internationally rather than domestically?” – damals waren beispielsweise amerikanische Anleger fast ausschließlich am heimischen Markt engagiert. Heute können Investoren ihr Vermögen nicht mehr nur über unterschiedliche Branchen und Kontinente, sondern auch über unterschiedliche Strategien streuen, um Diversifikationsvorteile zu erzielen. Risiken variieren starkEine solche Streuung macht für Anleger Sinn, solange sie sich bewusst sind, dass die Rendite- und Risikocharakteristika je nach Hedgefonds-Strategie stark variieren können. Ein Beispiel: Merger-Arbitrage-Fonds, also Strategien, die sich auf Unternehmensübernahmen fokussieren, weisen nahezu keine Korrelation mit dem Aktienmarkt auf – das heißt, sie sind von den Bewegungen des Aktienmarktes weitgehend unabhängig -, wenn Aktienmärkte steigen oder seitwärts tendieren. Fallen Aktienmärkte aber stark, dann drohen bei diesen Strategien hohe Verluste, da in einer Phase großer Marktschwäche viele angekündigte Unternehmensübernahmen verschoben oder aufgekündigt werden.Im Gegensatz dazu erzielen sogenannte Trendfolge-Strategien gute Resultate, wenn starke Abwärts- oder Aufwärtstrends an den Märkten zu beobachten sind. Diese Strategie hat Anlegern – anders als viele andere Hedgefonds-Strategien – Diversifikationsvorteile genau zum richtigen Zeitpunkt verschafft – in der Krise, als die Märkte stark einbrachen und die Korrelationen zwischen den traditionellen Anlageklassen sprunghaft anstiegen.