Recht und Kapitalmarkt

Hedgefonds - eine neue legislatorische Baustelle?

Offenlegung würde auf Markt-Ineffizienz beruhende Rendite-Chancen vernichten - Bester Schutz ist eine gute Corporate Governance

Hedgefonds - eine neue legislatorische Baustelle?

Von Nikolaus von Jacobs *)Hedgefonds stehen im deutschen Rampenlicht. Die augenblickliche Diskussion greift zu kurz, indem sie sich auf das Engagement von Hedgefonds in börsennotierte Unternehmen fokussiert und unter falschem Etikett wieder an der Corporate-Governance-Schraube drehen will. Bloß: In welche Richtung?Hedgefonds sind wie Private-Equity-Fonds, Venture Capital und Mezzanine eine Form alternativer Anlagen. Hedgefonds versuchen im Gegensatz zu klassischen Investmentfonds Marktineffizienzen zu identifizieren und hieraus Renditen zu erzielen. Sie tragen zur Effizienz der Finanzmärkte bei, indem sie die Liquidität erhöhen und Risiken übernehmen, für die es keine anderen Käufer gäbe. Die verwendeten spekulativen Finanzinstrumente dienen Absicherungsgeschäften (Hedging). Der wesentliche Unterschied zu Investmentfonds ist der Anspruch, eine von der allgemeinen Marktentwicklung unabhängige Rendite zu erzielen – Absolute Return. Absolute-Return-StrategienKommt es bei einem Investmentfonds “nur” auf die Replizierung einer Benchmark an, so muss der Hedgefonds die Rendite unabhängig von der Entwicklung der Finanzmärkte erwirtschaften. In der Abhängigkeit der Rendite von dem Verwalter liegen größere Chance wie größeres Risiko. Anders als Investmentfonds investieren Hedgefonds in Produkte, die höhere Ineffizienzen aufweisen können, zum Beispiel High-Yield-Bonds, Small-Cap-Aktien, Wandel- und Umtauschanleihen, Derivate sowie komplexe Finanzmarktinstrumente. Angewendet werden vielfältige Strategien – wie Relative Value/Arbitrage, Event-Driven- und Directional. Leerverkäufe und Leverage können Risiken minimieren. Solche Maßnahmen sind Investmentfonds aufsichtsrechtlich verboten. Wie die Investition von Hedgefonds in Blue Chips zeigt, können Anlagen aber auch mit denen von Investmentfonds identisch sein.Hedgefonds sind im Gegensatz zu Investmentfonds höchst intransparent. Die auf einer Marktineffizienz beruhende Renditechance würde vorab vernichtet, müsste sie offen gelegt werden. Es ist bereits schwer, Informationen über Hedgefonds zu erhalten. Die Intransparenz ist angesichts einer geminderten Schutzwürdigkeit der Anleger gerechtfertigt. Es handelt sich um hohe Mindestanlagesummen, womit nur ausgewählte vermögende Privatanleger und institutionelle Investoren angesprochen werden. Das Bedürfnis nach regulatorischer Freiheit treibt Hedgefonds in liberale Domizile. RegulierungsregimeWie werden Hedgefonds in Deutschland reguliert? Die Ebene der Anleger in Hedgefonds ist von derjenigen der Hedgefonds als Anleger zu unterscheiden. Schutzzweck des Investmentrechts ist das Anlegerwohl. 2004 wurde es modernisiert und liberalisiert. Durch das liberal ausgestattete Investmentgesetz wurden erstmals Hedgefonds zugelassen. Ziel war es, alle im Ausland üblichen Anlagestrategien abzubilden und Deutschland für Hedgefonds attraktiv zu machen. Denn das Gesetz gilt naturgemäß nur für ansässige Fonds. Sie dürfen zwar nicht öffentlich vertrieben werden, doch ist der Vertrieb nicht auf institutionelle Anleger beschränkt. Bei der Auswahl der Anlagegegenstände sind sie weitestgehend frei. Sie unterliegen keinen Meldepflichten. Die Anteilsrücknahme kann beschränkt werden. Der Einsatz von Leerverkäufen, Fremdfinanzierung und Derivaten ist im Grundsatz unbegrenzt möglich. Das Finanzministerium ist allerdings ermächtigt, nach Anhörung der Bundesbank eine Rechtsverordnung zur Beschränkung von Leverage und Leerverkäufen zu erlassen, soweit dies zur Abwendung von Missbrauch und Wahrung der Markt-Integrität erforderlich ist.Eine weitere Rechtsverordnung kann es zur Implementierung von Risikomesssystemen erlassen. Diese Verordnungen öffnen die Ratio legis makroökonomischen Überlegungen. Auf europäischer Ebene ist für Juli das Grünbuch Asset Management angekündigt. Das Europäische Parlament mahnt für Hedgefonds ein liberales Regime an.Investieren Hedgefonds als eine vieler Strategien in notierte Aktien, sind die allgemeinen Vorschriften anzuwenden. Sie unterliegen Pflichten und genießen Rechte. Insbesondere die Meldepflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz sind zu nennen, wonach das Erreichen, Überschreiten und Unterschreiten bestimmter Schwellen zwischen 5 % und 75 % der Stimmrechtsanteile an börsennotierten Gesellschaften der Gesellschaft und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu melden sind. Bei Unterlassen drohen Einschränkungen der Verwaltungs- und Vermögensrechte. Vergleichbare Vorschriften gelten bei privaten AGs. Eine wesentliche Pflicht ist auch die nach dem Wertpapier-Übernahmegesetz zur Abgabe eines Übernahmeangebots für den Fall einer Stimmrechtsbeteiligung von mindestens 30 %. Anlegerrechte stehen zuBestimmte Stimmrechte werden dem Anleger zugerechnet, insbesondere solche Dritter, mit denen er sein Verhalten abstimmt (Acting in Concert). Das OLG Frankfurt stellte in seiner Pixelpark-Entscheidung höhere Anforderungen an eine Abstimmung als bis dato die BaFin und verneinte ein Pflichtangebot bei Hinwirken auf einen Austausch des Vorstands, sofern es darüber hinaus keine konkreten Absprachen gibt. In bestimmten Industrien gelten aufsichtsrechtliche Genehmigungsvorbehalte und Eingriffsrechte. Zu nennen sind hier Banken, Versicherungen sowie, aktuell, das Börsenwesen. Hedgefonds stehen naturgemäß auch Anlegerrechte zu, insbesondere Vermögensrechte (Bezugsrechte, Dividenden, Teilhabe am Liquidationserlös) und Verwaltungsrechte (Teilnahme- und Stimmrechte, Informations- und Kontrollbefugnisse). Letztere meint der Gesetzgeber jetzt durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts zu stärken, indem er im Aktienrecht etwa die Antragsbefugnis zur gerichtlichen Bestellung von Sonderprüfern und im Klagezulassungsverfahren jeweils an eine Beteiligung von 1 % des Grundkapitals oder mit einem Börsenwert von 100 000 Euro knüpft. Dies gilt auch für anlegende Hedgefonds. Fehlgeleitete DiskussionDie Diskussion über eine Änderung der Regulierung von Hedgefonds entbehrt nicht einer gewissen Irrationalität. Bisherige Vorstöße, ausgelöst von nur einer der zahlreichen Anlagestrategien, beziehen sich erkennbar nicht auf den Schutz der Anleger in Hedgefonds, sondern auf von Hedgefonds als Anleger angeblich ausgehende “Gefahren”. Dabei wären Überlegungen zu statistischer Transparenz leerverkaufter Positionen und Ausfallrisiken legitim. Untersuchungen zu mit dem Ausfall von Hedgefonds verbundenen volkswirtschaftlichen Risiken sind aber noch offen. Die amerikanische Aufsicht SEC hat in einem Pilotprojekt ausgewählte Aktien von Einschränkungen für Leerverkäufe freigestellt.Um diese Aspekte geht es indes in der Diskussion nicht. Es dreht sich vielmehr um die Regulierung von Anlegern allein wegen ihrer Strategie. Ein “Lex Hedgefonds” mit Transparenzanforderungen und Strategiegenehmigungsvorbehalten träfe im Ausland ansässige Fonds jedoch nicht. In Betracht kommen daher nur Reformen, die alle Anleger gleichermaßen berühren. Kern der Debatte sind daher nicht Hedgefonds, sondern ist Corporate Governance. Nicht ersichtlich ist, welche neuen Anlegerpflichten eingeführt werden sollten. Bei den Rechten hingegen stehen einschränkende Vorschläge im Raum, Stimmrechte zeitlich auszusetzen oder Mehrstimmrechte einzuführen, um langfristigen Anlegern ein größeres Gewicht zu verschaffen. Ein Entzug oder eine Aussetzung von Stimmrechten trifft allerdings auf enge verfassungsrechtliche Grenzen. Wenn schon, denn schonMehrstimmrechte wurden 1998 abgeschafft, um Kapitaleinsatz und Stimmrechtseinfluss in Übereinstimmung zu bringen. Der Gesetzgeber wollte der Erwartung des Kapitalmarktes gerecht werden und die Eigentümerkontrolle verbessern. Mehrstimmrechte sind rechtspolitisch fragwürdig, weil sie ihren Inhabern ein Einflusspotenzial eröffnen, das nicht ihrer Kapital- und Risikobeteiligung entspricht. Bei Gesellschaften mit breitem Streubesitz sind sie ein Fremdkörper. Ihre Wiedereinführung würde den propagierten Anlegerschutz und die Öffnung zum Kapitalmarkt konterkarieren. Führte man Mehrstimmrechte zum Schutz vor Überfremdung wieder ein, so wäre es nur konsequent, auch die übrigen unter dem Schild des Anlegerschutzes vorgenommenen Reformen zurückzudrehen. Von einer im April angekündigten liberalen Novellierung des Investmentgesetzes will die Regierung nichts mehr wissen. Legislative – quo vadis? Der beste Schutz für Unternehmen ist unverändert eine gute Corporate Governance und Steigerung des langfristigen Unternehmenswerts, der sich im Börsenkurs spiegelt.*) Nikolaus von Jacobs, Rechtsanwalt bei der internationalen Sozietät Ashurst.