Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Kai-Uwe Steck

Hedgefonds erwarten gespannt die Entscheidung der BaFin zu TCI

Auch im schlimmsten Fall dank der Kursrally kaum Verluste zu erwarten

Hedgefonds erwarten gespannt die Entscheidung der BaFin zu TCI

– Herr Dr. Steck, die Entscheidung der BaFin zu der Frage, ob der britische Hedgefonds TCI gemeinsam mit anderen Aktionären der Deutsche Börse AG ein so genanntes “Acting in concert” betrieben hat, ist schon des Längeren angekündigt. Wie steht die Hedgefonds-Branche dazu?Das Interesse der Branche an diesem Verfahren ist groß, zumal sich die Frage, ob TCI und andere ausländische Hedgefonds im Wege eines Acting in concert mehr als 30 % der Aktien der Deutsche Börse AG auf sich vereint haben, schon unter rechtlichen Gesichtspunkten nicht eindeutig beantworten lässt. Diesbezüglich wird erst ein höchstrichterliches Urteil Rechtssicherheit bringen. Ganz zu schweigen davon, dass es in der Regel wohl nicht gelingen wird, ein Acting in concert im Einzelfall mit gerichtsfesten Beweisen zu untermauern. – Wie würden die betroffenen Hedgefonds reagieren?Darüber lässt sich nur spekulieren. Falls die Finanzaufsicht ein Acting in concert feststellt, müssen die betroffenen Hedgefonds verpflichtet werden, den übrigen Aktionären ein Pflichtangebot zu unterbreiten. Des Weiteren wären Bußgelder sehr wahrscheinlich. Dies würden die betroffenen Fonds wohl nicht unwidersprochen hinnehmen und eine Entscheidung durch einen Richterspruch anstreben. Bemerkenswerterweise existiert im Markt die Meinung, dass selbst ein solches “Worst-Case-Szenario” den Fonds angesichts des zurückliegenden Kursanstiegs keine Verluste bescheren würde. – Lassen sich die Folgen schon absehen?Das Gute an dem Fall TCI ist, dass in Deutschland wieder intensiv über Hedgefonds diskutiert wird, da sie nach Meinung vieler Experten ein wichtiger Bestandteil effizienter Kapitalmärkte sind. Schlecht ist, dass die Debatte sehr emotional und vor allem widersprüchlich geführt wird. Beispielsweise wurden mit dem Investmentmodernisierungsgesetz die Bedingungen für den Vertrieb ausländischer Hedgefonds in Deutschland sowie die Auflegung deutscher Hedgefonds erstmalig gesetzlich verankert. Der Bundesfinanzminister sah Deutschland damit auf dem Weg zum europäischen Hedgefonds-Standort Nummer 1. Selbst EU-Länder, die Deutschland in regulatorischer Hinsicht stets einen Schritt voraus sind, haben diesen Ansatz an einigen Stellen sogar als Maßstab gewählt. Diesen positiven Aspekten steht die berüchtigte, teils unsachliche Heuschrecken-Debatte gegenüber, bei der die Aktivitäten von Private-Equity-Fonds und Hedgefonds miteinander vermengt wurden. Zugegebenermaßen gibt es Branchenentwicklungen, die Anlass geben, kritisch über eine international harmonisierte Regulierung nachzudenken. Hingegen sind Hedgefonds und ihre Strategien so vielschichtig, dass sie nicht auf den räuberischen Beteiligungserwerb an deutschen Unternehmen reduziert werden dürfen. – Sie erwarten also nichts Gutes in Sachen TCI?Das wird sich zeigen. Aber selbst wenn die Aufsicht ein Acting in concert bejaht, ist dies nicht der “Kuss des Todes” für die Branche. Deutschland bleibt zumindest ein wichtiger Absatzmarkt für Hedgefonds. Es sollte aber auch Ziel sein, Hedgefonds-Anbieter zur Ansiedlung in Deutschland zu bewegen, was der Gesetzgeber mit der Schaffung des Investmentmodernisierungsgesetzes eigentlich auch beabsichtigte. Dies hätte nicht nur eine Stärkung des Finanzplatzes und eine Verlagerung von Arbeitsplätzen nach Deutschland zur Folge, sondern würde zumindest diese Fonds auch der deutschen Finanzaufsicht unterwerfen. Allerdings sind wir von diesem Ziel angesichts der gegenwärtigen Diskussion in Deutschland noch Lichtjahre entfernt, was allerdings nicht nur rechtliche Gründe hat. – Gibt es einen internationalen Lösungsansatz für das Problem Hedgefonds?Die Frage setzt voraus, dass es überhaupt ein solches Problem gibt. Dies wird international nicht durchweg so deutlich bejaht wie in Deutschland. Aus deutscher Sicht sind wir sicherlich gut beraten, wenn wir das Thema Hedgefonds enttabuisieren und sachlich – auch durch die Wissenschaft – aufarbeiten. Schließlich haben wir einen erheblichen Nachholbedarf, z. B. gegenüber den USA, wo Hedgefonds schon seit 1949 bekannt sind. Trotz einiger Skandale und eingehender Studien hat sich der dortige Gesetzgeber nicht zu einer materiellen Regulierung entschließen können. Daher überrascht es nicht, dass deutsche Vorschläge zu einer internationalen Regulierung von Hedgefonds auf G 8-Ebene bislang auf wenig Gegenliebe gestoßen sind.Dr. Kai-Uwe Steck ist Anwalt und Partner in den Büros London und Frankfurt von Dewey Ballantine LLP. Die Fragen stellte Walther Becker.