Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Florian Schultz

"Hedgefonds in der Rechtsform der Investment AG bieten Vorteile"

Kapitalanlagevehikel mit atmendem Grundkapital ist wettbewerbsfähig

"Hedgefonds in der Rechtsform der Investment AG bieten Vorteile"

– Herr Dr. Schultz, die BaFin hat jüngst erstmals Hedgefonds in der Rechtsform der Investment AG mit veränderlichem Kapital genehmigt. Was sind die rechtlichen Grundlagen für diese neue Gesellschaftsform?Die Investment AG ist an der Schnittstelle zwischen Aktienrecht und Investmentrecht anzusiedeln. Grundsätzlich unterliegt sie den allgemeinen Vorschriften für Aktiengesellschaften – soweit das vom 1. Januar 2004 an geltende Investmentgesetz (InvG) keine Spezialregelungen enthält. Bei der Auslegung der einzelnen Regeln sind, zumindest nach einem schriftlichen Statement aus dem Bundesministerium der Finanzen, in erster Linie die Bestimmungen des neuen Investmentrechts und nicht die des Aktienrechts heranzuziehen. Obwohl die Investment AG kein Kredit- oder Finanzdienstleistunginstitut im Sinne des Kreditwesengesetzes ist, gilt für sie eine Vielzahl kreditwesenrechtlicher Vorschriften. Steuerlich sind nicht etwa die Vorschriften für normale AGs anwendbar; vielmehr ist die Investment AG von Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit – das gab es in Deutschland bislang noch nie. Die Erträge werden auf Ebene der Aktionäre nach Maßgabe des neuen Investmentsteuergesetzes besteuert. – Weshalb benötigt man die Investment AG als Vehikel?Deutschland braucht weitere wettbewerbsfähige Kapitalanlagevehikel, um den Trend zu ausländischen Fonds zu brechen, die teilweise mit Transparenz- und Reputationsproblemen behaftet sind. Der Gesetzgeber folgte Vorbildern im Ausland. So hat sich etwa die “Sicav” in Luxemburg oder die “Investment Company” in den USA als gesellschaftsrechtliche Form des Investmentfonds bewährt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Aktiengesellschaften kann die Investment AG mit einem variablen oder “atmenden” Grundkapital ausgestaltet werden. Das hat die Folge, dass die Gesellschaft jederzeit durch Vorstandsbeschluss neue Aktien bis zu einem in der Satzung festgelegten Höchstbetrag (statutarisch genehmigtes Kapital) ausgeben kann. Eines Hauptversammlungsbeschlusses bedarf es hierzu nicht. Das Bezugsrecht der Altaktionäre ist ausgeschlossen. Das Grundkapital muss jederzeit vom Wert des Gesellschaftsvermögens gedeckt sein. – Welche Vorteile bieten sich dem Hedgefonds-Anbieter?Im Vergleich zur Gründung einer KAG ist der Markteintritt mit einer Investment AG wesentlich einfacher und kostengünstiger. So muss für die Gründung nur ein Anfangskapital von mindestens 300 000 Euro zur Verfügung stehen, während für die Errichtung einer KAG ein Anfangskapital von 730 000 Euro aufgebracht werden muss. Man kann somit von einer Art “KAG light” sprechen, obwohl die BaFin für die Vorstände selbstverständlich ähnliche theoretische und praktische Kenntnisse sowie Leitungserfahrungen voraussetzt wie für Leiter von Kapitalanlagegesellschaften. In der Praxis besteht zwar bei totalem juristischem Neuland immer etwas Scheu; die Möglichkeit der Errichtung von Hedgefonds in der Rechtsform der Investment AG mit veränderlichem Kapital wird aber aufgrund der Flexibilität sehr positiv aufgenommen. So wollen etwa die Vorstände der von der BaFin im Dezember 2004 erlaubten “Lion Global Opportunity Investment Aktiengesellschaft mit variablem Kapital” deutschen institutionellen Anlegern ein attraktives deutsches Produkt anbieten, ohne eine eigene KAG auflegen oder sich einer Master-KAG anschließen zu müssen. – Sind die formellen Anforderungen mit Aufsichtsrat und Hauptversammlung sehr aufwendig?Nein. Zwar lässt sich die Satzung einer Investment AG – anders als die Vertragsbedingungen eines Sondervermögens – nur mittels eines Beschlusses der Hauptversammlung ändern. Da sich die Aktionäre einer solchen Gesellschaft jedoch als Kapitalanleger verstehen, werden sie an einer Teilnahme an der Hauptversammlung in der Regel wenig Interesse haben. Daher werden in der Satzung lediglich die Grundzüge der Anlagepolitik geregelt. Die genaue Ausgestaltung wird dem Vorstand überlassen. Die Zustimmung des Aufsichtsrates zu bestimmten Beschlüssen dürfte in der Praxis hingegen unproblematisch sein. – Was bringt dem Hedgefonds-Anleger der Status als Aktionär?Die Investment AG ist auf Wunsch der Aktionäre – ebenfalls ein Novum in Deutschland – zur Rücknahme der von ihr ausgegebenen Aktien gegen Zahlung eines Geldbetrages verpflichtet. Bekannte aktienrechtliche Beschränkungen beim Rückerwerb eigener Aktien sind explizit ausgeschlossen. Damit ist ein funktionierender Sekundärmarkt für die Aktien nicht erforderlich. Zusätzliche Vorteile für private Investoren hat die AG wegen einer möglichen Börsennotierung. *) Dr. Florian Schultz ist Partner im Frankfurter Büro von Linklaters Oppenhoff & Rädler. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.