Asset Management

Hedgefonds setzen auf Geduld und Cash

Von der Systemkrise mitgerissen - Auf weitere Mittelabflüsse vorbereitet - Anbieter Harcourt hofft auf eine Erholung wie im Jahr 1999

Hedgefonds setzen auf Geduld und Cash

Von Andreas Kälin, Zürich Auch Hedgefonds, die im dritten Quartal 2008 im Durchschnitt prozentual knapp zweistellige Verluste verbucht haben, können sich einer systemischen Krise nicht entziehen, sagt der Dachfondsanbieter Harcourt. Die Erinnerung an 1998, als es ebenfalls eine Liquiditätskrise gab, weckt jedoch Hoffnungen. Das Jahr darauf war eines der besten für Hedgefonds. Von Hedgefonds wird erwartet, dass sie in jedem Marktumfeld positive Renditen erzielen. Nach dem Platzen der Internetblase stellten sie diese Fähigkeit auch unter Beweis. Diesmal allerdings seien sie nicht einfach nur mit einem widrigen Marktumfeld konfrontiert, sondern mit einer systemischen Krise, sagt Georg Wessling vom Dachfondsanbieter Harcourt aus Zürich: “Wie alle Marktteilnehmer sind auch Hedgefonds auf ein funktionierendes Finanzsystem angewiesen, vor allem auf ein verlässliches Bankensystem.” Das globale Deleveraging, der durch die Subprime-Krise ausgelöste Schuldenabbau im Finanzsystem, hat dazu geführt, dass die Disparitäten etwa innerhalb der Aktienmärkte noch zugenommen haben. Das traf gerade Hedgefonds, die eine Long-Short-Strategie verfolgen und dabei unterbewertete Aktien kaufen und überbewertete leer verkaufen (short gehen). Der erzwungene Schuldenabbau hat die Hedgefonds dazu genötigt, ihre Short-Positionen einzudecken, also die als überbewertet taxierten Aktien zuzukaufen – was zur Folge hatte, dass diese sich im Vergleich zu den unterbewerteten Aktien überaus gut gehalten haben. Die Hedgefonds, die eine Long-Short-Aktienstrategie verfolgen, schnitten im dritten Quartal mit Verlusten von durchschnittlich 12,1 % denn auch besonders schlecht ab. Das größte Minus verzeichneten die Fonds mit einer Emerging-Market-Strategie. Sie erlitten Verluste von durchschnittlich 16,9 %: Die zu Jahresbeginn noch vertretene These, dass die Schwellenländer sich von der Entwicklung in den Industriestaaten weitgehend abkoppeln können, erweist sich mehr und mehr als trügerisch. Insgesamt verlor die Hedgefonds-Industrie im dritten Quartal gemessen am HFRX Global Hedge Fund Index 10,7 % und gemessen am HFRI Fund of Funds Composite Index 9,6 %. Verkürzter HebelNach den Aussagen von David Keel, Managing Partner von Harcourt, erreichte das globale Deleveraging im Oktober einen Höhepunkt. Die Hedgefonds dürften diesen Prozess, im Gegensatz zur Bankenbranche, aber weitgehend bewältigt haben: Der von ihnen eingesetzte Leverage (Hebel) ist derzeit mit durchschnittlich 2,5:1 sehr tief, historisch liegt er bei 5:1. Zudem halten die Hedgefonds gemäß Keel gegenwärtig im Schnitt rund 50 % ihres Vermögens in Cash. Dies erlaubt es ihnen, Margin Calls (Nachschussforderungen der Banken) und Rücknahmen von Investoren zu bedienen. Wie andere erwartet auch Keel, dass Investoren weiteres Geld von Hedgefonds abziehen werden (zum 31. Dezember laufen viele Kündigungsfristen ab). Um Notverkäufe zu vermeiden, reduzieren viele Hedgefonds nun die Rückgabemöglichkeiten für ihre Kundschaft. Mit ihren Cash-Positionen sollten die Hedgefonds aber auch bereit sein, um kommende Opportunitäten zu nutzen. Bei Harcourt gibt man sich optimistisch und erinnert an das Jahr 1998. Damals kam es infolge der Russland-Krise und der damit zusammenhängenden Pleite des Hedgefonds Long-Term Capital Management ebenfalls zu einer Liquiditätskrise und einem gewissen Deleveraging. Allein im August jenes Jahres erlitt die Hedgefonds- Industrie gemessen am HFRI Fund of Funds Index Verluste von 7,8 %. Weil daraufhin jedoch zahlreiche neue Opportunitäten entstanden, schoss der Index 1999 um 28,5 % in die Höhe: Es war eines der besten Jahre für die Branche, die nun hofft, dass sich dieses Muster wiederholt. Bei Harcourt erwartet man, dass im nächsten Jahr etwa direktionale, opportunistische Anleihenstrategien besonders erfolgversprechend sind: So dürften infolge der wohl unvermeidlichen Rezession viele Firmen Probleme bekommen und gezwungen sein, sich zu restrukturieren und zu refinanzieren. Das schafft Opportunitäten für Hedgefonds, die sich auf Distressed Securities konzentrieren. Immer wichtiger wird gemäß Harcourt der Bereich der Commodities, der Rohstoffe. Nachdem die Rohwarenpreise in der letzten Zeit auch spekulativ getrieben waren, glaubt Wessling, dass den fundamentalen Faktoren (im Fall von Agrarrohstoffen z. B. das Wetter, die Ernte) nun wieder mehr Bedeutung zukommen wird. Das bringt Vorteile für Hedgefonds, die unter anderem Spezialisten vor Ort schicken, die die Entwicklung des Getreides prüfen. Bei Harcourt prognostiziert man, dass Hedgefonds, die Strategien im Bereich der Agrarrohstoffe oder auch der Edelmetalle verfolgen, im nächsten Jahr für Renditen von über 15 % gut sein werden.