Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Daniela Weber-Rey

Hürden auf dem Weg zur europäischen GmbH

Gestaltungsspielräume für kleinere Unternehmen - Verordnung ist in Planung

Hürden auf dem Weg zur europäischen GmbH

– Frau Weber-Rey, Europa tut sich schwer mit der europäischen GmbH. Deutschland, Frankreich und die neuen Mitgliedstaaten wollen sie, andere Staaten sind dagegen kritischer.Es stimmt, die Europäische Privatgesellschaft (Societas Privata Europaea oder SPE), also eine europäische GmbH, ist ein lang gehegter Wunsch, vor allem in Deutschland und Frankreich. Nach einigem Widerstand in der Europäischen Kommission ist es jetzt, insbesondere auf Initiative des Europäischen Parlaments, gelungen, das Projekt einer SPE zur Priorität des letzten Jahres dieser Kommission zu machen. – Welche Schritte zeichnen sich ab?Die Kommission beabsichtigt, noch in diesem Sommer einen Verordnungsentwurf zu veröffentlichen. Das ist ein wichtiger Schritt nach vorne. Der zuständige EU-Kommissar Charlie McCreevy hatte sich zuvor wiederholt deutlich gegen die Schaffung einer Europäischen Privatgesellschaft ausgesprochen. Erst nach der 5. EU-Gesellschaftsrechts- und Corporate-Governance-Konferenz im Juni 2007 in Berlin während der deutschen Präsidentschaft und dem gezielt übermittelten Wunsch Deutschlands, diese Gesellschaftsform zu einer Priorität der Kommission zu machen, hat McCreevy eingelenkt und sich inzwischen ebenfalls zur Schaffung der SPE bekannt. – Wie ist der aktuelle Stand?Am 10. März 2008 hat in Brüssel eine Konferenz zur SPE stattgefunden, die von der Generaldirektion Binnenmarkt & Dienstleistungen der EU-Kommission organisiert wurde. Ziel war ein Austausch mit Experten aus verschiedenen Mitgliedstaaten über ihre Sichtweisen zur Ausgestaltung der SPE im Einzelnen. Die Ergebnisse werden in den nunmehr zu erarbeitenden Verordnungsvorschlag einfließen und zudem für die durch den Sachverständigenausschuss zu entwickelnde Mustersatzung relevant werden. Der Wunsch nach einer SPE schien von einem weiten Konsens getragen. Aber das Bedürfnis nach schlanker Gestaltung einerseits und ausreichender Rechtssicherheit andererseits wird noch einige Hürden schaffen, die es zu nehmen gilt. – Wie soll die SPE am Ende aussehen, und welche Vorteile bringt sie? Ziel ist es, eine Gesellschaftsform zu schaffen, die es vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) ermöglichen und erleichtern soll, grenzüberschreitend tätig zu sein. Bereits jetzt stehen dazu zwar vor allem aufgrund der Rechtsprechung des EuGH Wege offen. Diese sind jedoch für die Bedürfnisse der KMU unzureichend. Die SPE soll daher eine schlanke, handhabbare und europaweit einheitliche Rechtsform sein, die vor allem für KMU interessant ist. – Ist die Rechtsform für börsennotierte Firmen denkbar?Die SPE soll mit Rechtspersönlichkeit und beschränkter Haftung ausgestattet sein. Den Gründern soll weitestgehende Gestaltungsfreiheit eingeräumt werden. Als Ausgleich dazu wird der SPE eine Börsenzulassung aber grundsätzlich verwehrt bleiben. Dennoch kann die SPE auch für größere Unternehmen attraktiv sein. Diese könnten die SPE zum Beispiel zur Vereinheitlichung der Corporate Governance im Rahmen einer Konzernstruktur einsetzen. Vor allem bei Tochterunternehmen in einer Vielzahl von Mitgliedstaaten der EU kann die Vereinheitlichung von Strukturen Effizienzvorteile bringen und ihre Handhabung vereinfachen. – Wie wird die Balance zwischen nationalem und europäischem Recht aussehen?Um eine wahre europäisch einheitliche Gesellschaftsform zu schaffen, die grenzüberschreitende Aktivitäten erleichtert, soll für die Entstehung und Existenz der SPE auf Verweise in das nationale Recht, soweit es geht, verzichtet werden. Dennoch soll nationales Recht natürlich für Bereiche wie Steuerrecht, Arbeitsrecht, Sozialrecht und Insolvenzrecht anwendbar bleiben. – Wie wird die SPE in der Wirtschaft selbst gesehen?Besonders die mittelständische Wirtschaft sieht in der SPE eine wirkliche Erleichterung. Aber auch größere Unternehmen sind an ihr interessiert. Das ist auch das Ergebnis der Anhörungen bei der EU-Kommission, die sich entschieden hat, das Thema auf der Grundlage der umfangreichen Vorarbeiten komplett neu aufzuarbeiten. Sie führte dazu 2007 nicht nur erneut eine öffentliche Konsultation, sondern auch eine Umfrage unter Unternehmen in allen Amtssprachen der EU durch und setzt sich auch im Rahmen des Sachverständigenausschusses Corporate Governance und Gesellschaftsrecht gezielt mit dem Thema auseinander. *Daniela Weber-Rey ist Partnerin von Clifford Chance in Frankfurt. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.