Kapitalanlage

Im Sog von Boeing und Airbus

Durch den Aufschwung der zivilen Luftfahrt haben auch die kleinen Zulieferer Wachstumsfantasie

Im Sog von Boeing und Airbus

Von Armin Schmitz, FrankfurtMit dem Wirtschaftsboom in Asien hat der Luftverkehr ebenfalls stark zugenommen. Allein im vergangenen Jahr haben dort zehn Billig-Airlines den Flugbetrieb aufgenommen. Fast im Monatsabstand kommen neue hinzu. Die Asiaten sind zwar in der Lage, Autos zu produzieren, Computer zu programmieren und preiswerte Gebrauchselektronik herzustellen, allerdings eins können sie – noch – nicht: Flugzeuge bauen. Asien kauft FlugzeugeFluggesellschaften wie Air China oder die indische Air Deccan müssen ihre Maschinen bei den großen Herstellern Boeing und Airbus ordern. Der Bedarf ist groß. So erwartet Airbus, dass sich die Zahl der im Einsatz befindlichen Passagiermaschinen von 10 836 Ende 2003 auf mehr als 21 000 Maschinen im Jahr 2023 verdoppeln wird. Allein für Südostasien erwartet das Luft- und Raumfahrtunternehmen bis 2023 eine Nachfrage von 570 Flugzeugen aus Indien und allein 1 790 aus dem Reich der Mitte im Auftragswert von insgesamt mehr als 300 Mrd. Dollar.Wegen des Aufschwungs der zivilen Luftfahrt setzt Airbus auf neue Großraumflugzeuge wie den Riesenjumbo A 380 mit 555 Passagierplätzen. Rivale Boeing glaubt dagegen an den Erfolg von mittelgroßen Langstreckenflugzeugen wie dem 7E7 mit 296 Sitzplätzen. Die Amerikaner verzeichnen eine hohe Nachfrage für den neuen 7E7 (Dreamliner) vor allem aus Asien. Von diesem Boom profitieren auch die vielen Zulieferer. Pilotensessel, Klimaanlagen, Bordküchen, Fahrwerke oder die Flügel werden nicht von Airbus/EADS oder Boeing selbst hergestellt, sondern von einer Reihe von internationalen Partnern produziert. Die spezialisierten Gesellschaften sorgen dafür, dass die Jets rollen, die Kabinen klimatisiert sind und die Passagiertüren dem hohen Luftdruck standhalten. Ein Netzwerk von mehr als 1 000 kleinen und mittleren Unternehmen beliefert die kommerzielle und militärische Luftfahrt mit Komponenten. Die meisten Firmen sind nicht börsennotiert. Einer der kleineren Zulieferer an der Börse Paris ist das französische Traditionsunternehmen Latécoére, das projektbezogen für den Airbus (A 320, A 380) oder für Dassault Aviation (Business Jets) und die brasilianische Embraer arbeitet. In Deutschland bekannt ist das 1917 gegründete Unternehmen durch seinen wohl berühmtesten Piloten Antoine de Saint Exupéry (“Der kleine Prinz”). Latécoére hat sich mit Onboard-Verkabelung und Türsystemen für die kommerzielle und militärische Luftfahrt einen Namen gemacht. Boeing wählte die Franzosen unlängst aus, für den neuen 7E7 Dreamliner die Passagiertüren beizusteuern. Das ist das erste Mal, dass Boeing einen französischen Partner für eines der Prestigeobjekte zulässt. Die Franzosen werden damit unabhängiger von Airbus. Der Auftrag wird den Franzosen einen Umsatz von 1 Mrd. Euro über die Laufzeit des Programms bringen. Infolgedessen wird geschätzt, dass sich der Umsatz des Luftfahrtunternehmens in den nächsten Jahren von 260 Mill. Euro (2004) auf 396 Mill. Euro im Jahr 2006 steigert. Die Wachstumsdynamik ist hoch. Im gleichen Zeitraum soll sich der Nettogewinn von 18 Mill. auf 34 Mill. Euro fast verdoppeln. Auf Basis der für 2006 geschätzten Gewinne errechnet sich ein moderates KGV von 9. Damit ist die Aktie im Vergleich zur Konkurrenz niedriger bewertet und besitzt Kurspotenzial. Jets konstruierenEin kleiner Zulieferer ist der deutsche Ingenieurdienstleister Rücker, der Entwicklungsleistungen für die Automobil- und für die Luftfahrtindustrie im Wege des virtuellen Designs anbietet. Großaufträge von Airbus haben der Firma im vergangenen Jahr die Ertragswende gebracht. So hat Rücker von der bayerischen Grob Aerospace kürzlich einen Auftrag über die Entwicklung eines zweistrahligen Utility Jet erhalten. Durch diesen Auftrag kann das Ingenieurbüro das starke Wachstum im Bereich Aerospace fortsetzen. Bereits 2004 konnte Rücker seinen Umsatz allein im Luftfahrtbereich um 42 % steigern. Angesichts der positiven Perspektiven ist die Rücker-Aktie in den vergangenen Monaten bereits stark gestiegen.Nach zwei Jahren erfolgreicher Sanierung mit Udo Stark an der Führungsspitze gelang dann vor wenigen Wochen dem fünftgrößten Triebwerkshersteller der Welt, der MTU Aero Engines, der Sprung auf das Parkett. Dank der sich erholenden Zivilluftfahrt wird in den kommenden Jahren wegen des guten Wartungsgeschäfts, der Kosteneinsparungen und abnehmenden Forschungs- und Entwicklungskosten mit einem starken Gewinnwachstum gerechnet. Wachstumsfantasie kommt insbesondere durch die hohe Nachfrage nach Ersatzteilen und durch das Wartungsgeschäft. So konnte MTU einen Großauftrag der US-Fluggesellschaft JetBlue Airways an Land ziehen, der einen Wert von 750 Mill. Euro über zehn Jahre hat. Die MTU wird die Instandsetzung von bis zu 360 Triebwerken der Fluglinie übernehmen.Ein Spezialist für Wartungsdienstleistungen ist auch die englische Cobham. Mit einem breiten Serviceangebot für die militärische und zivile Luftfahrt erzielte das Unternehmen im vergangenen Jahr einen Umsatz von umgerechnet mehr als 1,4 Mrd. Euro. Der Umsatz soll 2005 organisch mit mittleren einstelligen Zuwachsraten und durch Akquisitionen mit zweistelligen Wachstumsraten zulegen. Die Aktie konsolidiert derzeit nach einem 10:1-Split.