Recht und Kapitalmarkt - Gastbeitrag

Imagetransfer mit Bezugnahme auf den Dax

Börsen-Zeitung, 20.9.2006 In der Emission und Bewerbung auf den Dax bezogener Anlageprodukte liegt - soweit keine Autorisierung durch die Deutsche Börse AG gegeben ist - eine unlautere Ausnutzung der Wertschätzung, welche die Verkehrskreise dem...

Imagetransfer mit Bezugnahme auf den Dax

In der Emission und Bewerbung auf den Dax bezogener Anlageprodukte liegt – soweit keine Autorisierung durch die Deutsche Börse AG gegeben ist – eine unlautere Ausnutzung der Wertschätzung, welche die Verkehrskreise dem Deutschen Aktienindex entgegenbringen. Dies hat das Landgericht Frankfurt in seinem Urteil vom 26. Juli 2006 entschieden. Das Gericht betont dabei, dass der Dax eine aufwendig und individuell gestaltete Dienstleistung darstellt, deren wirtschaftliche Verwertung der Deutschen Börse AG zusteht.Kernaussage der Entscheidung ist, dass der Dax als immanenter Bestandteil der auf ihn bezogenen Anlageprodukte anzusehen ist. Nach Auffassung der Richter stellt der Dax mehr dar als einen beliebigen und daher austauschbaren Bezugspunkt für ein im Übrigen eigenständiges Anlageprodukt. Die Werthaltigkeit des konkreten Wertpapiers ergebe sich unmittelbar aus der Wertschätzung, welche die Verkehrskreise dem Dax entgegenbrächten. Diese Wertschätzung sei aber das Resultat der Leistungen der Börse, die über die Einhaltung der Dax-Kriterien durch die gelisteten Unternehmen wache.Es wird eine klare Grenze zwischen der Bezugnahme auf fremde Leistungen, die lediglich darauf abzielt, Aufmerksamkeit für das eigene Produkt zu erlangen, und der wirtschaftlichen Inkorporierung einer fremden Leistung gezogen. Letzteres sei bei Dax-bezogenen Anlageprodukten ungeachtet der Tatsache, dass der Dax nicht als klassische Indexleistung übernommen werde, der Fall. Dies begründen die Richter insbesondere damit, dass mit Austausch des Index ein völlig neues Produkt entstehe. Das Landgericht geht daher von einem gezielten Imagetransfer aus, der über das zulässige Maß einer Verknüpfung von eigener und fremder Leistung hinausgeht. Das Gericht sieht in der Emission Dax-bezogener Anlagepapiere offenkundig keine wettbewerbsrechtlich hinreichend eigenständige Leistung der emittierenden Bank. Anders kann der Hinweis, die vom BGH in der Entscheidung “Paperboy” entwickelten Grundsätze zur Bezugnahme auf fremde Leistungen seien nicht einschlägig, nicht gewertet werden. Im Ergebnis erachtet das Landgericht die Emission Dax-bezogener Wertpapiere nur mit Autorisierung der Deutschen Börse AG für zulässig. Erhebliche TragweiteDie hinter dem Rechtsstreit stehende Frage, inwieweit Banken auch ohne den Erwerb einer entsprechenden Lizenz die Emission indexbezogener Wertpapiere gestattet ist, hat eine erhebliche finanzielle Tragweite. Die an die Deutsche Börse AG zu zahlenden Lizenzgebühren spalten sich auf in eine jährliche Pauschalgebühr und an der einzelnen Emission anknüpfende Emissionsgebühren. Insbesondere vor dem Hintergrund der großen Beliebtheit, der sich so genannte “Knock-out”-Papiere erfreuen, ist die Zahl der Neuemissionen erheblich gestiegen. Seit 2001 haben sich Kostensteigerungen von 700 % ergeben, so dass größere Banken mittlerweile jährlich Lizenzgebühren in einstelliger Millionenhöhe zu entrichten haben.Vor diesem Hintergrund ist bereits absehbar, dass das landgerichtliche Urteil nicht in Rechtskraft erwachsen wird. Die erstinstanzlich unterlegene Bank hat bereits angekündigt, in Berufung zu gehen. Das Oberlandesgericht Frankfurt wird sich eingehend mit der Frage beschäftigen müssen, ob in der Emission indexbezogener Anlageprodukte eine wirtschaftliche Übernahme der in dem konkreten Index verkörperten Leistung der jeweiligen Börse zu sehen ist oder die Bezugnahme als zulässig erachtet werden muss, da das Anlageprodukt eine eigenständige Leistung des Emittenten darstellt. *) Dr. Nils Rauer ist Rechtsanwalt von Lovells in Frankfurt.