Immobilien - Gastbeitrag

Indexierte Mietverträge sind das Gebot der Stunde

Börsen-Zeitung, 23.4.2009 Zwar erreichte die Inflationsrate in Deutschland 2008 mit 2,6 % den höchsten Stand seit 14 Jahren. Doch im Januar 2009 lag die Teuerungsrate nur noch bei 0,9 %, und alle Experten erwarten wegen der sinkenden Energie- und...

Indexierte Mietverträge sind das Gebot der Stunde

Zwar erreichte die Inflationsrate in Deutschland 2008 mit 2,6 % den höchsten Stand seit 14 Jahren. Doch im Januar 2009 lag die Teuerungsrate nur noch bei 0,9 %, und alle Experten erwarten wegen der sinkenden Energie- und Rohstoffpreise sowie der sich verschlechternden Konjunktur, dass die Inflationsrate 2009 deutlich unter der des vergangenen Jahres liegen wird. Teilweise wird sogar damit gerechnet, dass die Inflationsrate bis zum Sommer negativ ausfallen könnte.Für Eigentümer von Gewerbeimmobilien und von Fonds, die in solche Immobilien investieren, scheint eine geringe Inflationsrate auf den ersten Blick keine gute Nachricht zu sein. Hintergrund ist, dass viele Gewerbemietverträge durch Wertsicherungsklauseln an die Inflationsrate gekoppelt sind. Auf den zweiten Blick eröffnen die deutlich gesunkenen Inflationserwartungen jedoch auch erhebliche Chancen für Immobilieneigentümer. Schwierige VerhandlungenDenn bei sehr hohen Inflationserwartungen ist es relativ schwierig, in Verhandlungen mit Mietern Wertsicherungsklauseln durchzusetzen, die eine anteilig hohe oder gar 100-prozentige Kopplung der Mieten an die Entwicklung der Inflationsrate vorsehen. Wenn keine Indexierung aufgenommen wird, führt das jedoch dazu, dass der reale Wert der Mieteinnahmen äußerst schnell sinken kann.In Phasen gesunkener Inflationsraten ist es für Vermieter dagegen wesentlich einfacher, indexierte Mietverträge abzuschließen. Allerdings wurde diese Chance in der jüngsten Vergangenheit von vielen Immobilieneigentümern nicht genutzt. In Phasen sehr niedriger Inflationsraten rechnen diese selbst längerfristig nicht mit einer stark steigenden Geldentwertung und legen weniger Wert darauf, in Gewerbemietverträgen Klauseln zu fixieren, die die Mietentwicklung in vollem oder zumindest hohem Maße an die Inflationsrate koppeln. Im Dezember 2008 enthielten nach Angaben von IPD Investment Property Databank nur 47 % der Büromietverträge in Deutschland eine Indexierung. Im Jahr 2000 war das noch deutlich anders: Obwohl die Inflationsrate damals nur bei 1,4 % lag und in den Jahren zuvor noch deutlich niedriger war, waren 57,9 % der Mietverträge indexiert. Unterschiedliche AnteileDer Anteil der indexierten Büromietverträge ist je nach Standort in Deutschland höchst unterschiedlich. Am niedrigsten ist die Rate in Berlin und Frankfurt. Im Dezember 2000 waren dort noch 45,2 % beziehungsweise 48,3 % der Büromietverträge indexiert. Bis Ende 2008 sank der Anteil auf nur 19,1 % beziehungsweise 26,1 %. Dabei handelt es sich jeweils um die Summe der sowohl voll- als auch teilindexierten Verträge, der Anteil der vollständig indexierten Verträge ist noch niedriger.Den deutschlandweit höchsten Anteil indexierter Büromietverträge gibt es in Hamburg mit 66,3 %. In der Statistik folgen Köln und Düsseldorf mit 59,8 bzw. 58,1 %. Im Jahr 2000 gab es noch fünf Städte, in denen mindestens 60 % der Büromietverträge an die Inflationsentwicklung gekoppelt waren: Neben Stuttgart als Spitzenreiter mit 67,8 % waren es in absteigender Reihenfolge Hamburg, Düsseldorf, Köln und München.Vieles spricht dafür, dass es für Vermieter sinnvoll ist, in Zukunft mit relativ hohen Inflationsraten zu rechnen. Das gilt vor allem im Hinblick auf die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung und die geplanten staatlichen Eingriffe in Deutschland, der Europäischen Union und auf der ganzen Welt. Investoren haben gegenwärtig – sofern dies noch nicht geschehen ist – die Chance, ihre Investments respektive ihr Mietvertragsportfolio darauf einzustellen und möglichst viele Verträge mit Inflationskopplung abzuschließen.