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Indizes ohne Gewichtungsproblem

Erste ETF auf gleichgewichtete Marktbarometer - Breitere Aufstellung ist ein Vorteil gegenüber marktkapitalisierten Varianten

Indizes ohne Gewichtungsproblem

Klassische kapitalgewichtete Aktienindizes werden durch die großen Marktschwergewichte beherrscht. Das hat nicht unerhebliche Risiken. Im Aufwärtstrend profitiert zwar der Anleger davon, dass einige wenige Werte die Bewegung tragen. Im Abwärtstrend ziehen sie allerdings den Index in die Tiefe. Eine Alternative bieten gleichgewichtete Indizes. Erste Indexfonds machen diese Marktbarometer nun auch in Europa handelbar.Von Armin Schmitz, FrankfurtAnleger haben die Nachteile der kapitalgewichteten Indizes besonders in den Abwärtsbewegungen der Aktienmärkte gespürt. Vor allem nach dem Ende der Dotcom-Ära litten bekannte Indizes wie der Nasdaq Composite oder der Dax unter der Talfahrt von Aktien wie Cisco bzw. Deutsche Telekom. Einen Ausweg bieten sogenannte gleichgewichtete Indizes. Sie fristen in Europa jedoch immer noch ein Nischendasein.Zu Unrecht, wie der Blick über den Atlantik zeigt. Obwohl sich Europa in den vergangenen Jahren durch zahlreiche Innovationen auszeichnete, wurden vor mehreren Jahren Produkte auf gleichgewichtete Indizes in den USA entwickelt. Der erste Exchange Traded Fund (ETF) auf ein solches Marktbarometer wurde dort bereits 2003 aufgelegt. Der Rydex S & P 500 Equal Weight stieß auf große Nachfrage und gehört mit einem verwalteten Volumen von 3,5 Mrd. Dollar heute zu den 50 größten Indexfonds in den USA.Die Natixis-Tochter Ossiam hat im Mai dieses Jahres die ersten ETF aufgelegt, mit denen Anleger Indizes wie den Euro Stoxx 50 Equal Weight, den Stoxx Europe 600 Equal Weight und den CAC 40 Equal Weight ins Depot holen können. Bei den Indizes handelt es sich um Varianten des Euro Stoxx 50, des Stoxx 600 und des CAC 40. Ob den neuen Produkten von Ossiam allerdings ein ähnlicher Erfolg beschieden sein wird wie den US-Vorbildern, muss sich noch zeigen. Der ETF auf den Euro Stoxx 50 Equal Weight weist derzeit erst ein Anlegervermögen von rund 39 Mill. Euro auf. Der Ossiam Stoxx Europe 600 Equal Weight kommt auf ein Volumen von gerade 20 Mill. Euro. Der Reiz dieser gleichgewichteten Indizes liegt in der Form der Diversifizierung. Sie unterscheidet sich deutlich von den Marktbarometern, bei denen die Werte entsprechend der Marktkapitalisierung gewichtet sind. Jedes Unternehmen besitzt in den Indexvarianten von Ossiam den gleichen Anteil am Portfolio, was im Normalfall 0,1667 % bzw. 2 % entspricht. Damit wird verhindert, dass der Indexverlauf zu sehr von einer kleinen Gruppe von sehr großen Unternehmen beherrscht wird.Tatsächlich können die bekannten klassischen Blue-Chip-Barometer von einigen wenigen sehr bekannten Namen dominiert werden. So machten nach Analyse von Morningstar die zehn größten Unternehmen im Euro Stoxx 50 per Ende September fast 39 % des gesamten Indexgewichts aus. Dieselben Werte nehmen in einem gleichgewichteten Index lediglich einen Anteil von 24,4 % ein. Anpassung der WerteBei den Indexvarianten unterscheidet sich auch die Sektorgewichtung von derjenigen der klassischen marktkapitalisierten Barometer. Bei einigen Sektoren sind die Gewichtungen gestiegen, bei anderen gefallen. Der Anteil der Finanzwerte ist im Equal-Weight-Index von 22,7 % auf 26,8 % gestiegen. Andererseits ist das Gewicht der Gesundheitswerte von 7,5 % auf knapp 2 % gefallen.Bei den gleichgewichteten Indizes bekommen vor allem die Small und Mid Caps eine höhere Gewichtung. Dadurch steigt nach Ansicht von Morningstar auch das Chance-Risiko-Profil. Im Stoxx Europe 600 Equal Weight liegt der Anteil der kleinen und mittelgroßen Werte bei 66 %. Im Euro Stoxx 50 haben auch die “kleineren” Blue Chips eine Marktkapitalisierung von mehreren Milliarden Euro. Aber ihr Gewicht steigt relativ zu den anderen Indexmitgliedern. So liegt beispielsweise die Standard Deviation über drei Jahre des S & P 500 Equal Weight von Rydex rund 5 Prozentpunkte über dem Wert des Standardindex. Es zeigt sich jedoch durch die breitere Aufstellung eine per saldo bessere Performance. “Gleichgewichtete Indizes zeigen historisch betrachtet in den meisten Fällen eine bessere Performance als Indizes, deren Gewichtung sich an den Börsenwerten der Unternehmen orientiert. Betrachtet man etwa den S & P 500, so übertrifft dessen gleichgewichtete Variante in den vergangenen fünf Jahren den Standardindex um fast 2 % pro Jahr”, sagt Steffen Scheuble, Chef des Indexbetreibers Structured Solution. Allerdings ist eine Investition in gleichgewichtete Indizes kein Freibrief für eine Outperformance. So schlug der S & P 500 den Rydex S & P 500 Equal Weight in den zurückliegenden zwölf Monaten um 2 %.Doch es gibt auch Nachteile. “Da der Handel gleichgewichteter Indizes aufgrund der höheren Gewichtung kleinerer Titel auf Anbieterseite etwas aufwendiger ist, weisen die entsprechenden ETF in der Regel etwas höhere Kosten auf”, sagt Indexspezialist Scheuble. Die Methode erfordert eine häufigere Anpassung der Indexzusammensetzung, was einen höheren Umsatz bedeutet. Es wundert daher nicht, dass Rydex für ihren S & P 500 Equal Weight eine Verwaltungsgebühr von 0,4 % p. a. verlangt, iShares für ihren Indexfonds auf den klassischen S & P 500 aber nur eine Gebühr von lediglich 0,09 % jährlich. “Die bessere Performance gleicht diesen Nachteil jedoch in vielen Fällen mehr als aus”, fügt Scheuble an.Die Differenzen zwischen den Produkten sind in Deutschland noch nicht so erheblich. Während Ossiam für den Euro Stoxx 50 Equal Weight eine Gebühr von 0,3 % jährlich erhebt, fallen bei dem Euro Stoxx 50 ETF von Lyxor 0,25 % p. a. an.