ASSET MANAGEMENT - GASTBEITRAG

Infrastrukturkredite als interessante Assetklasse für Versicherer

Börsen-Zeitung, 14.8.2012 Versicherungen und Pensionskassen sind nicht zu beneiden. Da Fremdkapitalinvestments bei diesen Institutionellen dominieren, werden sie von einem niedrigen Zinsumfeld einerseits sowie dem Paradigmenwechsel bei...

Infrastrukturkredite als interessante Assetklasse für Versicherer

Versicherungen und Pensionskassen sind nicht zu beneiden. Da Fremdkapitalinvestments bei diesen Institutionellen dominieren, werden sie von einem niedrigen Zinsumfeld einerseits sowie dem Paradigmenwechsel bei Staatsanleihen, Pfandbriefen und ungedeckten Bankschuldverschreibungen andererseits gleichzeitig in die Zange genommen. Teile der bisherigen Asset Allocation werden durch neue Assetklassen ergänzt werden müssen.Bleibt man konsequenterweise bei Fremdkapitalinvestments mit guten Schuldnerbonitäten, sehen sich viele Investoren bei Corporate Bonds ebenfalls einer unbefriedigenden Rendite gegenüber. Eine vernünftige Ergänzung könnte in einer bereits etablierten Assetklasse liegen, die Institutionellen bislang weitgehend verschlossen war: Infrastrukturkredite sind bei Banken mit Projektfinanzierungsaktivitäten seit Jahrzehnten als stabile und rentable Assetklasse bekannt, in den Portfolien institutioneller Investoren jedoch praktisch noch kaum existent.Dabei erfüllen Infrastrukturkredite bei wichtigen Aspekten wie Risiko, Ertrag und Transparenz wesentliche materielle Voraussetzungen für risikoaverse Investments. Infrastrukturinvestitionen bieten häufig planbare und stabile Cash-flows in einem regulierten Umfeld. Risiken sind damit moderat und vergleichsweise gut prognostizierbar. Die statistischen Kreditausfallereignisse (Probabilities of Default) sind weniger häufig als bei Unternehmensfinanzierungen, gleichzeitig ist die Verlusthöhe bezogen auf den ausstehenden Kredit (Loss Given Default) tendenziell geringer. Hohe KomplexitätIm Gegensatz zu Unternehmensfinanzierungen oder Corporate Bonds zeichnen sich Kredite für Infrastrukturprojekte oft durch eine höhere Komplexität aus. Zudem sind die Kredite oft langfristig angelegt und nicht so liquide wie Corporate Bonds und Schuldscheindarlehen. Komplexität und Illiquidität fließen ebenfalls in die Preisbildung ein, so dass Infrastrukturkredite eine höhere Verzinsung aufweisen als Corporate Bonds derselben Risikoklasse. Das macht sie vor allem für Buy-and-Hold-Investoren attraktiv. Die Rahmenbedingungen von Infrastrukturmaßnahmen sind transparent und nur moderaten Veränderungen unterworfen. Es gibt darüber hinaus eine angemessene statistische Basis für die Beurteilung von Infrastrukturkrediten. Erprobte Ratingverfahren ermöglichen Risikomessung, Portfoliosteuerung und Transparenz.Infrastruktur ist ein weiter Begriff, der unterschiedlich belegt ist. Aus Investorensicht umfasst Infrastruktur die wirtschaftliche und soziale Grundausstattung einer Volkswirtschaft, ohne die ein arbeitsteiliger Wirtschaftsprozess nicht sinnvoll möglich ist. Wichtige Infrastruktursegmente sind:- Energieerzeugung, -lagerung und -weiterleitung, z. B. Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien.- Versorgung, Entsorgung sowie Kommunikationsnetze.- Verkehrsinfrastruktur. Sozialinfrastruktur (Verwaltungs- und Bildungseinrichtungen sowie Krankenhäusern und Haftanstalten).Diese grundlegenden Einrichtungen werden aufgrund des öffentlichen Interesses typischerweise staatlich, teilstaatlich oder auf regulierter Basis errichtet und betrieben. Es besteht dadurch eine vergleichsweise geringe Abhängigkeit von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung. Die Ausgestaltung der Infrastrukturprojekte hat Einfluss auf deren Chance- und Risikoprofil. Für reine Verfügbarkeitsmodelle (z. B. Schulgebäude) zahlt die öffentliche Hand eine Vergütung, die nicht abhängig von der Auslastung, sondern lediglich abhängig von der grundsätzlichen Verfügbarkeit ist. Demgegenüber gibt es Investitionen, die im regulierten Rahmen von der Auslastung abhängig sind. Dieses sogenannte Mengenrisiko findet sich beispielsweise bei Investitionen in Mautstraßen oder Anlagen für erneuerbare Energien. Daneben existieren Mischlösungen, wie etwa privaten Autobahnen, bei denen sich die Einnahmen des privaten Betreibers aus einer Kombination von Verfügbarkeitszahlungen des Staates und Mautzahlungen der Autobahnnutzer zusammensetzen.Während das Risiko der technischen Leistung, beispielsweise die Nutzbarkeit einer Verkehrsanlage, eines öffentlichen Hochbaus, einer Energieanlage oder Pipeline, typischerweise beim privaten Betreiber (technisches Performancerisiko) verbleibt, sind die Beschaffungs-, Absatz- und Preisrisiken oft auf die Projektbeteiligten aufgeteilt.Um in Kredite für Infrastrukturmaßnahmen zu investieren, bedarf es geeigneter Projekte/Einrichtungen, deren Ertragskraft eine planmäßige Rückführung gewährleistet und darüber hinaus eine angemessene Eigenkapitalverzinsung erlaubt. Bei der gesellschaftsrechtlichen Trennung zwischen einer operativen Gesellschaft und einer Holdinggesellschaft (Opco-Holdco-Struktur) ist es wichtig, dass die Kreditansprüche direkt gegen die Einnahmen generierende operative Gesellschaft geltend gemacht werden können. Wäre der Kreditverpflichtete dagegen ausschließlich die Holding, käme es zum strukturellen Nachrang. Dabei könnte die Kreditbedienung nur aus den Dividenden erfolgen, die von der operativen Gesellschaft an die Holding ausgeschüttet werden.Letztendlich wird ein Projektkredit für eine Straße, Energieanlage oder eine Haftanstalt aus den Cash-flows der Infrastruktureinrichtung zurückgeführt und verfügt über vielfältige Sicherheitsmechanismen und vom Kreditnehmer einzuhaltende Covenants. Der Kreditgeber hat umfangreichere Rechte und üblicherweise wirksamere Eingriffsmöglichkeiten als ein Bondinvestor. Die Vorteile der Anlageklasse Infrastrukturkredite kommen nur bei echten Infrastrukturinvestitionen zum tragen. Corporate Bonds von Infrastrukturunternehmen sind dabei keine Alternative. Zum einen sind viele Fremdkapitalinvestments im Infrastruktursektor nur über Kredite verfügbar. Zum anderen gehen die Vorteile der geringen Korrelationen über Bonds wieder verloren. Große HerausforderungenFür die meisten institutionellen Investoren außerhalb der Kreditwirtschaft stellen nichtbörsengelistete Kreditinvestments noch eine inhaltliche, regulatorische und prozessuale Herausforderung dar. Es wird darauf ankommen, Bankpartner für Origination, Strukturierung und Kreditmanagement im Interesse des Kreditinvestors einzubinden, die über ausreichende Erfahrung und ein Eigeninteresse an einer guten Kredit- und Kreditmanagementqualität verfügen. Wenn die für die Generierung und das Management beauftragte Bank während der gesamten Kreditlaufzeit signifikant am Risiko beteiligt bleibt, sind Co-Investments in Infrastrukturkredite für Institutionelle eine attraktive Alternative zu herkömmlichen Assetklassen.