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Insassenunfall-Police oft unnötig

Meist muss die Kfz-Haftpflicht zahlen - Neuer Fahrerschutz

Insassenunfall-Police oft unnötig

Von Uwe Schmidt-Kasparek Noch immer werfen viele Autofahrer für unnötigen Insassenunfallschutz viel Geld aus dem Fenster. Dabei sind die eigenen Insassen im Auto immer automatisch geschützt. Ein Risiko trägt nur der Fahrer. Der kann aber günstig hochwertigen Schutz kaufen. Trotz Gurt, Airbag und ABS-Bremse: Noch immer werden viele Menschen im Pkw bei Unfällen verletzt. 2007 waren es laut Statistischem Bundesamt fast 244 377 Autofahrer. Das ist für viele Versicherungen scheinbar Anlass, munter sogenannte Insassenunfall-Policen anzubieten. “Denken Sie auch an Ihre Mitfahrer!”, warnt beispielsweise die Kölner AXA-Versicherung und macht den Kunden damit Angst, dass der Fahrer “bekanntlich für die Mitfahrer die Verantwortung” trägt. Auch die Signal-Iduna wirbt mit dem Slogan “Damit ihr Begleiter sorglos mitfahren kann” für den Insasseninvaliditätsschutz. “Das ist eine Irreführung”, sagt Edda Castelló, Verbraucherschützerin aus Hamburg. “Alle Schäden für Mitfahrer, ob Fremde oder Verwandte, werden von der Kfz-Haftpflicht des schuldigen Fahrers bezahlt.” Rundum sicherVerletzte Insassen sind nach einer Reform des Schadenrechts schon seit Mitte 2002 rundum geschützt. Doch davon wollen viele Autoversicherer nichts wissen. Aufklärung über die günstige Haftungslage für Insassen sucht man auch beim Marktführer, der Münchener Allianz, beispielsweise im Online-Tarifrechner vergebens. Allein bei höherer Gewalt, wenn also ein Holzklotz das Auto trifft oder ein Blitz einschlägt und die Mitfahrer verletzt, müsste die Kfz-Haftpflicht des eigenen Fahrzeuges nicht zahlen. “Das ist mir jedoch noch nicht vorgekommen”, sagt Jörg Elsner, Verkehrsanwalt im Deutschen Anwaltverein aus Hagen. Alle anderen Unfallkonstellationen, ob Fahrerflucht oder Auslandsunfall sind hingegen abgesichert. Trotzdem zahlen noch rund 4,4 Millionen Autofahrer für den unnötigen Insassenunfallschutz. Das lohnt: Rund 130 Mill. Euro kassieren die Autoversicherer – während sich die Schäden nur auf rund 29 Mill. Euro belaufen. Oft wissen die Versicherungsnehmer gar nicht, dass ihr Kfz-Vertrag eine Insassenunfallversicherung mit einschließt, und so verlängert sich der Schutz Jahr für Jahr. Einziger Trost: Die Insassenunfall-Police leistet – wenn es zu bleibenden Personenschäden kommt – immer zusätzlich. Invalidität absichernImmerhin: Offensiv wird die Insassenunfallversicherung nicht mehr verkauft. Die meisten Assekuranzen haben zudem zusätzlich eine reine Fahrerunfallversicherung im Angebot. Bei der HUK-Coburg kostet diese Fahrerunfall-Police beispielsweise rund 25 Euro im Jahr. Dafür ist der Fahrer gegen Invalidität mit einer Summe von 250 000 Euro geschützt, die sich bei besonders schweren Behinderungen, nämlich ab einem Invaliditätsgrad von mindestens 90 %, sogar verdoppelt. Trotzdem hat dieser Schutz Lücken. Gezahlt wird nämlich nur, wenn das Unfallopfer eine lebenslange Behinderung davonträgt. Darüber klären viele Versicherer kaum auf. So erwähnt beispielsweise die Cosmos direkt selbst in der Detailinformation das Wort Invalidität nur ganz nebenbei. Weitere Lücke: Erleidet der Fahrer zehn Meter vom Auto entfernt einen Schaden, hat er Pech gehabt. “Besser ist da eine allgemeine Unfallversicherung. Die zahlt überall, rund um die Uhr und nicht nur bei der Autofahrt”, sagt Versicherungsexpertin Castelló. Die spezielle Absicherung des Fahrers bleibt unbedingt notwendig, denn dieser hat im Gegensatz zu den übrigen Insassen bei einem selbstverschuldeten Unfall keine Ansprüche gegen die eigene Kfz-Haftpflichtversicherung. Gerade an dieser Stelle haben pfiffige Versicherungsstrategen ein neues Produkt ersonnen: Den Fahrerschutz.Die Police “schützt den Fahrer so perfekt wie die Kfz-Haftpflicht die Mitfahrer”, lockt die VHV aus Hannover. Nach einer Auswertung der Unternehmensberatung Nafi aus Höxter bieten den neuartigen Fahrerschutz mittlerweile rund 19 Autoversicherer an. Der Fahrerschutz wirkt viel früher als eine klassische Unfallversicherung. “Egal aus welchem Grund der Fahrer den Unfall verursacht hat, wir zahlen seine Schäden so, also ob ein Dritter für den Unfall aufkommen muss”, verspricht R+V-Vorstand Bernhard Meyer aus Wiesbaden. Erfunden hat die Police schon 2002 die Generali-Tochter Volksfürsorge. Was das Produkt leistet, zeigt ein Beispiel. Alkohol wird nicht toleriertFür einen Unfallverletzten, der mehrere Wochen ins Krankenhaus musste und ein Jahr nicht arbeiten konnte, zahlte die Volksfürsorge Schmerzensgeld, Verdienstausfall und Reisekosten von insgesamt 51 500 Euro. Allein Alkohol am Steuer und Fahren ohne Führerschein tolerieren die Versicherer auch bei der Fahrerschutz-Police nicht. Und wer zum Zeitpunkt des Unfalls ohne Gurt unterwegs war, muss bei einigen Anbietern mit einer Kürzung seiner Ersatzansprüche um 50 % rechnen. Bei anderen groben Schnitzern ist der Fahrer hingegen geschützt – selbst wenn er versehentlich eine rote Ampel überfährt. Der Schutz ist relativ günstig und kostet bei beispielsweise bei der R+V pro Jahr nur 20 Euro. Der einzige Wermutstropfen: Er ist meist nicht separat erhältlich, sondern gilt nur, wenn beim gleichen Anbieter eine Kfz-Haftpflicht abgeschlossen wurde.