ASSET MANAGEMENT - GASTBEITRAG

Institutionelle Investoren setzen auf Joint Ventures

Börsen-Zeitung, 12.7.2011 Das Interesse institutioneller Investoren an Gewerbeimmobilien ist in den zurückliegenden Monaten stetig gewachsen. Nach Berechnungen von DTZ werden in diesem Jahr weltweit rund 329 Mrd. Dollar für Investitionen in...

Institutionelle Investoren setzen auf Joint Ventures

Das Interesse institutioneller Investoren an Gewerbeimmobilien ist in den zurückliegenden Monaten stetig gewachsen. Nach Berechnungen von DTZ werden in diesem Jahr weltweit rund 329 Mrd. Dollar für Investitionen in Gewerbeobjekte verfügbar sein. Zum Vergleich: In den beiden vorangegangenen Jahren hatten die institutionellen Investoren lediglich 229 (2009) beziehungsweise 281 Mrd. Dollar für diesen Zweck bereitgehalten.Besonders starke Zuwächse hat es vor allem bei direkten transnationalen Immobilieninvestitionen gegeben. Laut Jones Lang LaSalle stieg das Volumen grenzüberschreitender Immobilieninvestitionen 2010 um 60 %. Bei direkten Gewerbeimmobilieninvestitionen liegt der Anteil bei 40 % (rund 130 Mrd. Dollar). Prominente BeispieleViele institutionelle Investoren verfügen jedoch oftmals nicht über die Netzwerke und das Know-how, um Investitionsziele in den avisierten Zielmärkten ohne Unterstützung zu erreichen. Daher setzen sie verstärkt auf Joint Ventures: Ein prominentes Beispiel für ein Joint Venture ist der Kauf des ING Industrial Fund durch ein von der Goodmann Gruppe angeführtes Konsortium. Rund 2,5 Mrd. austr. Dollar (knapp 1,8 Mrd. Euro) zahlten das börsennotierte australische Immobilienunternehmen Goodman sowie die Investoren CPPIB, APG und CIC für das 60 Industrie- und Logistikimmobilien umfassende Portfolio des ING Industrial Fund.Der gemeinsame Kauf der ING-Immobilien durch drei Finanzinvestoren und ein Immobilienunternehmen ist längst kein Einzelfall. Nach einer aktuellen Umfrage des INREV hat die Bedeutung von Joint-Venture-Strukturen 2010 deutlich zugenommen. Während im Jahr 2009 nur rund ein Drittel der befragten Investoren Joint Ventures eine steigende Bedeutung attestierte, waren es bei der aktuellen Befragung bereits zwei Drittel. Von der verstärkten Nachfrage gehen auch deutliche Impulse für Co-Investoren aus der Immobilienbranche aus. Eine Vielzahl von Unternehmen verfügt zwar über die notwendigen Kompetenzen, aber nicht über das für größere Investitionen erforderliche Kapital. Finden beide Seite zusammen, ist ein Joint Venture oft eine attraktive Option. Denn so können Kräfte gebündelt und vorhandene Ressourcen kostengünstig genutzt werden. Überdies erhalten die Investoren Zugang zu Marktsegmenten, die ihnen sonst verschlossen blieben.Bevor es aber so weit ist, muss der rechtliche und wirtschaftliche Rahmen der künftigen Zusammenarbeit in der Regel individuell verhandelt werden. Denn zum einen gibt es bei Joint Ventures keine Lösungen von der Stange. Zum anderen hängt der Erfolg der Geschäftsbeziehung wesentlich davon ab, dass die Rechte und Pflichten der Geschäftspartner eindeutig definiert werden. Der vergleichsweise hohe Aufwand für Konzeption und Verwaltung ist ein Grund, warum Joint Ventures nicht bei allen Institutionellen beliebt sind. Insbesondere kleinere Investoren entscheiden sich daher eher für eine Fondsbeteiligung als für ein Joint Venture. Bei großen Kapitalanlegern wie Versicherungsgesellschaften oder Pensionskassen fällt der höhere Verwaltungsaufwand dagegen weniger ins Gewicht. Sie verfügen in der Regel über die notwendigen personellen Kapazitäten, um Joint-Venture-Strukturen zu schaffen, die dann aber auch individuelle Bedürfnisse effizienter berücksichtigen, und sie sind in der Lage, diese dann über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten.Bei der Konzeption von Joint Ventures für Direktinvestments tauchen im Allgemeinen immer wieder zwei wesentliche Varianten auf, die sich jedoch deutlich unterscheiden. Bei der 90:10-Variante wird nahezu das gesamte Kapital von einem Finanzinvestor aufgebracht. Der operative Partner bringt dagegen, neben einem zu vernachlässigenden Eigenkapitalanteil, sein Know-how und den Großteil der personellen Kapazitäten in die neue Gesellschaft ein. Aufgrund seiner Kompetenz übt der kleinere Partner die operative Geschäftsführung aus. Das ist unter Umständen schwierig, weil der größere Co-Investor oft ein Mitspracherecht bei strategischen Entscheidungen beansprucht. Zwei VariantenNeben einer moderaten laufenden Kompensation erfolgt die Vergütung der durch den operativen Partner erbrachten Leistungen meist auf einer “Incentive”-Basis nach Abschluss der Investition. Bei der 50:50-Variante besteht dieses Problem nicht. Denn das Kapital wird von beiden Seiten zu gleichen Teilen aufgebracht. Für Immobilieninvestoren mit einer geringen Kapitalausstattung verringert sich bei einer solchen Konstruktion jedoch die Möglichkeit zur Diversifizierung. Für Pensionskassen, Versicherungen oder Staatsfonds mit einem Anlagevolumen von mehreren hundert Mill. Dollar ist dagegen auch bei einer Mehrheitsbeteiligung meist noch eine hinreichende Risikostreuung gegeben.Führt dann die Zusammenarbeit zu einem für beide Seiten befriedigenden Ergebnis, ist das die Gelegenheit, die anfallenden Kosten deutlich zu reduzieren. Zum einen kann ein bestehendes Joint Venture oft einfach erweitert oder in leicht abgewandelter Form neu aufgelegt werden. Ein Beispiel aus der eigenen Praxis sind die Co-Investmentvereinbarungen zwischen Behringer Harvard und der Pensionskasse PGGM. Die niederländische Gesellschaft hat sich seit 2007 in mehreren Schritten an Investitionen in US-Apartmenthäuser beteiligt. Mittlerweile wurden knapp 300 Mill. Dollar über eine aus 17 hochwertigen Wohnanlagen mit über 4 700 Wohnungen bestehende Investmentplattform in verschiedenen Objektgesellschaften investiert. Der Vorteil solcher Erweiterungen ist, dass die bewährten Verträge nicht noch einmal neu formuliert, sondern gegebenenfalls nur modifiziert und angepasst werden müssen. Zudem kann die vorhandene technische und personelle Infrastruktur von bestehenden Joint Ventures übernommen und bei Bedarf erweitert werden. Die sich daraus ergebenden Einsparungen sind ein wichtiger Grund, warum ein einmal erfolgreiches Joint Venture oft mehrfach wieder aufgelegt wird.