Internationale Firmen in Vorbereitung für Listing in Schanghai
– Herr Dr. Harrer, ausländische Unternehmen äußern zunehmend Interesse an einem Listing in Schanghai, wann wird es die Möglichkeit geben?Experten erwarten derzeit, dass sich in den nächsten 18 Monaten in Schanghai die Türen für ausländische Unternehmen öffnen werden. Beabsichtigt ist die Schaffung eines “International Board”, das unter hohen Anforderungen ausländischen Unternehmen auf Einladung eine Notierung ermöglichen soll. Dadurch würde diesen Gesellschaften der Zugang zu internationalen Investoren und Millionen von Privatanlegern in China eröffnet.- Welche Voraussetzungen müssen die ausländischen Konzerne erfüllen?Da es noch kein Regelwerk gibt, ist die genaue Ausgestaltung der Zulassungsvoraussetzungen für das International Board zur Notierung am A-Share Market noch nicht bekannt. Es wird damit gerechnet, dass eine durchschnittliche Marktkapitalisierung im Zeitraum von sechs Monaten vor der Notierungsaufnahme von mindestens 30 Mrd. Renminbi (ca. 3,6 Mrd. Euro) und Gewinne in den letzten drei Geschäftsjahren von mindestens 3 Mrd. Renminbi (357 Mill. Euro) sowie ein Gewinn im letzten Geschäftsjahr von mindestens 1 Mrd. Renminbi (119 Mill. Euro) verlangt werden. Möglicherweise wird auch vorgeschrieben, dass das Unternehmen in China operativ tätig ist. Hinsichtlich etwaiger Vorschriften zur Höhe des Platzierungspreises für neue Aktien im Rahmen einer Zweitnotierung in Schanghai besteht noch Unklarheit, es wird aber mit einem Abschlag zum Börsenkurs der Notierung im Heimatland gerechnet. Man erwartet, dass ein etwaiger Emissionserlös unter bestimmten Voraussetzungen auch ausgeführt werden darf, dennoch ist eine Notierung insbesondere für Unternehmen interessant, die in China Investitionen beabsichtigen.- Wo sehen Sie noch Klärungsbedarf?Bedeutsam ist zum Beispiel, ob die Zulassungsvorschriften des International Board die Anwendung der Rechnungslegungsvorschriften von China verlangen oder den internationalen Rechnungslegungsstandard IFRS akzeptieren und ob die Mitgliedschaft eines chinesischen Staatsangehörigen im Board des notierten Unternehmens verlangt wird. Auch technische Detailfragen beim Clearing und Settlement sowie der Entscheidung, ob die Aktien der Gesellschaft direkt oder ob verbriefende Zertifikate (“Global Depositary Shares”) notiert werden sollen, bedürfen noch der Diskussion.- Wird die Möglichkeit eines Auslandslistings in Schanghai Auswirkungen auf die europäische und die amerikanische Börsenlandschaft haben?Eine Notierung in China wird abgesehen von Ausnahmefällen wie der Schramm Holding AG ein Zweitlisting darstellen, das die Erstnotierung in Deutschland nicht beeinträchtigt und auch nicht ersetzen kann. Andererseits ist ein Trend weg von den Vereinigten Staaten von Amerika hin nach Asien deutlich zu erkennen. Dies zeigen die Deregistrierungsverfahren einiger früher in den USA börsennotierter deutscher Großunternehmen.- Für welche Unternehmen kann eine Notierung dort sinnvoll sein?Eine Zweitnotierung in China bedarf der umfangreichen Interessenabwägung und einer sehr guten Vorbereitung. Eine Notierung ist sicherlich nicht für jedes deutsche Unternehmen sinnvoll, stellt aber insbesondere für große, weltweit tätige Unternehmen eine interessante Alternative dar. Dies ermöglicht den Zugang zu einem stark wachsenden Markt mit großen Kapitalressourcen sowie eine erhöhte Visibilität in Asien. Nicht umsonst haben eine Reihe deutscher Unternehmen derzeit großes Interesse daran.- Welche Vorbereitungen für ein Listing in Schanghai können deutsche Unternehmen heute schon treffen?Aus den Einladungen zur Hauptversammlung jedenfalls von zwei deutschen Dax-Unternehmen, Allianz und Deutsche Post, ist aus der Tagesordnung ersichtlich, dass sie sich die Möglichkeit eines Zweitlistings in Asien eröffnen wollen. Dies kann wie im Fall der Deutschen Post durch die Möglichkeit der Verwendung von Aktien aus dem Rückerwerb eigener Aktien und im Fall der Allianz durch die Möglichkeit eines Bezugsrechtsausschlusses für den Fall einer Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital erfolgen.—-Dr. Herbert Harrer ist Partner im Frankfurter Büro von Linklaters. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.