Kapitalanlage

Investments mit und ohne Moral

Ethikfonds machen sich als Anlagevehikel letztlich eher bezahlt als so genannte Sündenfonds

Investments mit und ohne Moral

Von Frank Bremser, Frankfurt Es gibt Themen, die haben immer Konjunktur: Krieg gibt es immer irgendwo auf der Welt – Waffen werden ständig gebraucht. Alkohol ist in der westlichen Zivilisation ein Kulturgut, getrunken wird also auch eigentlich immer. Ebenso eine Volksdroge trotz der Gefahren für die Gesundheit sind Tabakprodukte. Eigentlich ist es also ein sehr cleverer Ansatz von Anlageprofis, sich auf diese Branchen zu spezialisieren. Die Sündenfonds kamen in Mode, als auch der Trend zum ethischen Investment begann. Während jedoch Letztere immer noch blühen, sind die meisten Sündenfonds von der Bildfläche verschwunden. Vor allem Amerikaner investieren ethisch, 2006 waren knapp 2,3 Bill. Dollar so angelegt.Die Gründe für das Verschwinden der Sündenfonds sind zum einen eine oft schlechte Performance, zum anderen aber die schlichte Tatsache, dass es sich viele institutionelle Anleger wie etwa Pensionskassen aus Imagegründen oder gesetzlichen Gründen nicht leisten können, in Waffen, Alkohol oder Erotik zu investieren. Die “Neue Zürcher Zeitung” verwies zuletzt zudem darauf, dass es auch Fälle gegeben habe, wo durch Anlagen in Sündenfonds Geld gewaschen worden sei, wodurch das Ansehen dieser Nische stark beschädigt worden sei. Eine der wenigen Überlebenden und löbliche Ausnahme dieser Sparte ist der Vice-Fonds der US-Fondsgesellschaft Mutual Advisors, der seit Jahren erfolgreicher abschneidet als seine Benchmark, der S & P 500. Während der Sündenfonds seit seiner Auflage im Jahr 2002 auf eine durchschnittliche jährliche Rendite von gut 18 % kommt, schafft es der S & P 500 nur auf knappe 12 %. Der damalige Fondsmanager Dan Ahrens erklärte beim Start im Jahr 2002: “Menschen trinken immer, sie rauchen immer und irgendwo auf der Welt gibt es immer Krieg.” Deshalb seien diese Aktien “nicht von der Konjunktur abhängig, sondern von der menschlichen Natur” – ein gewaltiger Vorteil, wenn die Weltwirtschaft in eine Rezession steuert. Und auch der Emerging-Markets-Boom hilft: Indien und China gelten etwa aus westlicher Sicht als zigarettentechnisch unterversorgt. Ahrens bezeichnet sozialverträgliches Investieren als pure Zeit- und Geldverschwendung. An der Börse gehe es schließlich nur um eine Sache: ums Geldverdienen. Eine Ansicht, die anscheinend auch die Ratingagentur Morningstar teilt, die erst kürzlich dem Vice-Fonds als einen der besten 10 % in der Klasse der Mid-Cap-Aktienfonds lobte. Diageo und AltriaZu den großen Werten im 70 Mill. Dollar schweren Fonds zählen aktuell der Alkoholkonzern Diageo, der Tabakriese Altria und der Rüstungskonzern BAE Systems. Von Glücksspielseite ist etwa der Kasinobetreiber Las Vegas Sands vertreten. Sogar ganz dem Glücksspiel verschrieben hat sich das neueste Projekt von Dan Ahrens, nämlich der Investments Gaming and Casino Fund. Während jedoch diese Fonds nur Leichtgewichte sind, bewegt der Franklin Mutual Discovery Fund einiges mehr an Geld. Die jüngste Version des 1992 erstmals aufgelegten Fonds hat ein Volumen von 230 Mill. Euro – die Fonds-Urversion ist inzwischen bei 1,3 Mrd. Dollar angelangt. Es ist zwar kein expliziter Sündenfonds, die Manager scheren sich jedoch nicht um die Ethik ihrer Geldanlage. Zu den großen Positionen gehören BAT, Imperial Tobacco oder Carlsberg. Anregungen zum Investment kann auch die US-Journalistin Carolin Waxler liefern, die zuletzt in einem Buch ihren “Sindex”, bestehend aus 69 Werten, darlegte. Dieser weist eine Performance von mehr als 40 % in fünf Jahren auf. Dennoch bleibt das Investment in das vermeintlich Böse eine Nischenanlage. Wer die Gedankengänge der Fondsmanager teilt, sollte sich also aufs Stock Picking verlegen. Denn auch wenn der Vice Fund oder der Mutual Discovery eine gute Performance aufweisen – bei Fonds hat sich ethisches Investment zuletzt doch deutlich besser geschlagen. So hängen etwa die Fonds der Schweizer Bank Sarasin – wie etwa der Oekosar Equity – oder der Merrill Lynch IIF New Energy die Sündenfonds deutlich ab. Die Fonds profitierten zuletzt von der guten Entwicklung der Aktien aus dem Bereich erneuerbare Energien. Schwer gewichtet sind etwa Solarworld oder die dänische Vestas Wind Systems.Prinzipiell rentiert sich das Investment in das vermeintlich Gute wohl besser als das in das vermeintlich Schlechte – abgesehen von den Gewissenskonflikten. Doch auch hier gibt es Ausnahmen: So schneiden etwa der Ave Maria Catholic Value oder der Pax World, die wohl als der absolute Gegenpol zum Vice Fund bezeichnet werden können, seit Jahren schlechter ab als dieser. Der Ave Maria investiert nur in “katholische” Werte. So sind etwa Unternehmen wie Bayer-Schering tabu, weil sie die Antibabypille herstellen. Der Pax World hat sich den Weltfrieden zur Aufgabe gestellt. Ein lobenswerter, wenn auch vielleicht zu extremer Ansatz – die Rendite ist schlechter als bei vergleichbaren Ethik-Investments – und eben auch als bei den Waffen-Investments des Vice-Fonds.