Immobilien - Gastbeitrag

Investoren und Mieter schätzen "Green Buildings"

Börsen-Zeitung, 16.7.2009 Da der Immobiliensektor 40 bis 50 % zu den globalen Kohlendioxid-Emissionen beiträgt, zählt Nachhaltigkeit nun auch in diesem Sektor zu den bedeutenden Themen. Die gesetzlichen Vorschriften zur Energieeffizienz von Gebäuden...

Investoren und Mieter schätzen "Green Buildings"

Da der Immobiliensektor 40 bis 50 % zu den globalen Kohlendioxid-Emissionen beiträgt, zählt Nachhaltigkeit nun auch in diesem Sektor zu den bedeutenden Themen. Die gesetzlichen Vorschriften zur Energieeffizienz von Gebäuden haben sich in den EU-Ländern bereits spürbar verschärft, wenn auch mit erheblichen nationalen Unterschieden; so gehört Deutschland zu den Ländern mit den strengsten Anforderungen.Ferner wandeln sich auch die Ansprüche der Mieter von Gewerbe- und Wohnimmobilien zunehmend in Richtung Nachhaltigkeit. Mittelfristig wird es daher zu einer Zweiteilung des Marktes kommen: Mit entsprechenden Zertifikaten ausgestattete “Green Buildings” auf der einen, nicht nachhaltige Gebäude auf der anderen Seite.Mehr als zwei Drittel der gewerblichen Mieter sind gemäß einer weltweiten Untersuchung von Jones Lang LaSalle von 2008 bereit, höhere Mieten für nachhaltige Gebäude zu zahlen. Auch beim Wiederverkauf sind Prämien erzielbar – im Durchschnitt 16 % laut einer Studie der Universität Maastricht – und das bei Investitionskosten, die nicht notwendigerweise über denen herkömmlicher Gebäude liegen. Nachhaltige GebäudeEs verwundert daher nicht, dass auch deutsche (börsennotierte) Immobilienunternehmen inzwischen auf nachhaltige Immobilien setzen: zum Beispiel Polis mit einem Bürohaus in Köln (Heizung und Kühlung durch Geothermie) und Prime Office mit dem Bürogebäude “SZ Tower” in München, einem der ersten LEED-zertifizierten Gebäude in Deutschland. LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) ist ein Klassifizierungssystem, das vom US Green Building Council (USGBC) 1998 entwickelt wurde. In der aktuellen Version 2.2 können maximal 69 Punkte vergeben werden. Danach werden Gebäude in vier Klassifiziertungsstufen eingeordnet: Platin (52 bis 69 Punkte), Gold (39 bis 51), Silber (33 bis 38) und zertifiziert (26 bis 32).Nachhaltige Immobilien sind auch zu einem Thema für den Kapitalmarkt geworden; im Segment der verantwortungsvollen Anlagen (Responsible Investments – RI) zählen sie zu den Top-10-Themen. Neben nachhaltigen Immobilienfonds, die direkt in Bestandsimmobilien oder aber in Bauentwicklungsprojekte investieren, zählen hierzu vor allem institutionelle RI-Investoren, die ihre Gelder in Aktien und Unternehmensanleihen anlegen.Um sich für diese Investorengruppe zu empfehlen, muss ein Immobilienunternehmen hohe Transparenz in Bezug auf ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) aufweisen und zum Beispiel regelmäßig Nachhaltigkeitsberichte erstellen. Für die Ansprache rein themenorientierter Portefeuilles (wie erneuerbare Energien, Reduzierung des Wasserverbrauchs) reicht hingegen die Fokussierung auf die Nachhaltigkeit von Gebäudeportfolios aus.Ein großes Hemmnis für nachhaltige Immobilieninvestments bilden derzeit noch die mangelnden Bewertungsstandards. Investoren verlangen für ihre Portfolioauswahl eine einheitliche Benchmark zur Beurteilung der Nachhaltigkeit ihrer Investments. Zwar gibt es inzwischen eine Reihe von Ratings, die den ökologischen Fußabdruck von Gebäuden bewerten und die auch eine deutlich gestiegene Akzeptanz in der Community vorweisen können. Hervorzuheben ist neben dem bereits erwähnten LEED-Rating vor allem das 1990 eingeführte BREEAM-Rating (Großbritannien).Ein deutsches Zertifizierungssystem wurde im vergangenen Jahr von der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) und dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung eingeführt. Im Unterschied zum LEED-System berücksichtigt dieses “Deutsche Gütesiegel für nachhaltiges Bauen” den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes.Insgesamt jedoch stehen die Vielzahl der Labels und ihre Fokussierung auf bestimmte Regionen der von Investoren gewünschten Vergleichbarkeit und Transparenz entgegen. Finanzkrise hilftDie Bedeutung nachhaltiger Immobilien wird durch die Finanzkrise sogar noch verstärkt. Die massiven Mittelabflüsse seit der Lehman-Pleite sind bislang bei “Responsible Investments” deutlich geringer ausgefallen als im Marktdurchschnitt. Dies liegt vor allem an der längerfristigen Ausrichtung nachhaltiger Investoren.Für Immobilienunternehmen liegt daher eine große Chance darin, sich gerade jetzt dem Thema Nachhaltigkeit zu widmen. Denn gerade in Zeiten der allgemeinen Verknappung von Kapital ist eine Verbreiterung der Investorenbasis wichtiger denn je.—-*) Maren Lorth ist Executive Director bei WestLB Equity Capital Markets, Dr. Hendrik Garz ist Executive Director bei WestLB Extra-Financial Research.