Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Christoph Seibt

"Investoren-Vereinbarungen sind zulässig und rechtlich durchsetzbar"

Kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot der Aktionäre

"Investoren-Vereinbarungen sind zulässig und rechtlich durchsetzbar"

In jüngster Zeit sind bei einigen Beteiligungen an notierten Unternehmen Investorenvereinbarungen abgeschlossen worden, so bei Schaeffler/Continental oder Apax/D+S.- Herr Dr. Seibt, was sind die Anlässe für solche Vereinbarungen?Es sind Abreden zwischen Investoren und Zielgesellschaft, zuweilen auch weiter mit einzelnen Altaktionären oder einem Garanten, in denen einzelne Aspekte der Beteiligungsübernahme und der künftigen Rechtsverhältnisse geregelt werden. Solche Vereinbarungen spielen vor allem in drei Konstellationen eine bedeutende Rolle: Zur Strukturierung eines vom Management der Zielgesellschaft unterstützten Kontrollerwerbs wie bei Apax/D+S; zur Sicherung der Unabhängigkeit trotz Kontrollerwerb wie bei Schaeffler/Conti und zur Regelung bestimmter Fragen beim Eintritt eines Ankerinvestors mit einer maßgeblichen, aber unterhalb der Kontrollschwelle von 30 % liegenden Beteiligungsquote.- Was sind die Gründe für diese Vereinbarungen?In der Regel geht es dem Investor um Vereinbarungen zur Transaktionssicherung und zur Einflussnahme nach dem Beteiligungserwerb, insbesondere über eine Vertretung im Aufsichtsrat. In Einzelfällen sollen Managementerklärungen zu bestimmten Umständen und die Nichtvornahme bestimmter Maßnahmen in der Zukunft vereinbart werden, zum Beispiel keine Kapitalerhöhungen in den nächsten zwölf Monaten durchzuführen. Die Zielgesellschaft verfolgt in “freundlichen” Situationen die Stabilisierung des Aktionärskreises und daneben häufig eine Verbesserung der Vermögens- und Finanzlage. In anderen Fällen steht die Absicherung bestimmter Unternehmensinteressen und der Konzernunabhängigkeit im Vordergrund.- Was ist dabei zulässig?Zunächst steht fest, dass es kein rechtliches Verbot für Vereinbarungen zwischen einem Investor und der Gesellschaft gibt. Dass Investorenvereinbarungen zulässig und rechtlich durchsetzbar sind, hat jüngst das Landgericht Hannover mit Blick auf die Investorenvereinbarung Schaeffler/Conti bestätigt. Allerdings gelten die allgemeinen aktien- und kapitalmarktrechtlichen Inhaltsgrenzen für schuldrechtliche Verträge: So sind bei Abreden über das künftige Stimmenverhalten des Investors bei Hauptversammlungsbeschlüssen das Verbot gebundener Aktien, bei der Regelung von Halteverpflichtungen und Exit-Beschränkungen des Investors das Verbot des Erwerbs eigener Aktien und bei Abreden über künftige Kapitalerhöhungen das entsprechende Verpflichtungsverbot zulasten der Gesellschaft zu beachten. Indes verstoßen solche Vereinbarungen nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot der Aktionäre.- Wer ist zuständig für den Abschluss bei der Zielgesellschaft?Für den Abschluss ist auf Seiten der Zielgesellschaft in erster Linie der Vorstand zuständig. Er ist verpflichtet, im Interesse möglichst niedriger Kapitalaufnahmekosten ständig die Investorenbasis im Blick zu haben. Aus Aktiengesetz, Satzung oder Geschäftsordnung kann sich ergeben, dass dem Aufsichtsrat ein Zustimmungsvorbehalt zukommt. Unabhängig davon sollte der Aufsichtsrat rechtzeitig eingebunden und um seine Zustimmung nachgesucht werden. Demgegenüber ist in aller Regel die HV nicht einzubeziehen. Denn Investorenvereinbarungen greifen weder in die Rechtstellung der Aktionäre ein, noch qualifizieren sie als Beherrschungs- oder andere Unternehmensverträge.- Um welche Vertragsbestimmungen zur Absicherung des Beteiligungserwerbs geht es?Bei Übernahmeverfahren wird der Investor die Verpflichtung des Vorstandes der Zielgesellschaft anstreben, zu bestätigen, dass seiner Ansicht nach der Angebotspreis für die Aktionäre fair und angemessen ist und der Vorstand daher das Übernahmeangebot unterstützt. Allerdings darf dieser diese Verpflichtung nicht uneingeschränkt übernehmen, sondern muss sich vorbehalten, bei geänderter Sachlage eine andere Stellungnahme abzugeben, wenn dies das Unternehmensinteresse gebietet. Daneben wird der Investor fordern, dass der Vorstand davon absieht, aktiv nach einem konkurrierenden Investor zu suchen. Eine solche Abrede ist rechtlich nicht zu beanstanden, anders als die weitergehende Verpflichtung, weder mit Dritten zu verhandeln noch sie zu informieren, selbst wenn die Initiative von dritter Seite ausging. Die Vereinbarung von Break Fees durch die Gesellschaft ist zwar in bestimmten Grenzen rechtlich zulässig, in der Praxis aber selten.—-Prof. Dr. Christoph Seibt ist Partner von Freshfields Bruckhaus Deringer. Die Fragen stellte Walther Becker.