ASSET MANAGEMENT - ALTERSVORSORGE IM VERGLEICH - SERIE: ALTERSVORSORGE IM VERGLEICH (TEIL 5)

Italiens Pensionsfonds haben noch Potenzial

Im europäischen Vergleich ist die private Zusatzvorsorge noch ausbaufähig - Hohe Sparquote - Das Eigenheim steht an erster Stelle

Italiens Pensionsfonds haben noch Potenzial

Die Überalterung der Gesellschaft belastet die Altersvorsorge in Italien. Die seit 1993 existierenden Pensionsfonds haben in den letzten Jahren einen beachtlichen Aufschwung verzeichnet. Doch Experten sehen weiterhin Nachholbedarf. Denn die eigene Immobilie ist weiterhin mit Abstand die beliebteste Vorsorge der Italiener.Von Thesy Kness-BastaroliItalien gibt fast sein gesamtes Sozialbudget für Renten und Pensionen aus. Die Rentenkasse INPS stand in den vergangenen Jahrzehnten im Mittelpunkt jeglicher Verteilungspolitik. Die Ausgaben der öffentlich rechtlichen Sozialversicherungsanstalt bestreiten rund 14 % des Bruttoinlandproduktes. Im Rahmen der verschiedenen Rentenreformen hat auch in Italien die Bedeutung von Pensionsfonds zugenommen. Seit im Jahr 2007 eine Änderung des TFR (Trattamento di Fine Rapporto) erfolgte, haben die seit 1993 zugelassenen Pensionsfonds einen beachtlichen Aufschwung erlebt.Der Zahlungsanspruch aus TFR entsteht bei jedem Beschäftigungsverhältnis. Es handelt sich um einen öffentlich-rechtlich geregelten Zusatzanspruch zur Altersversorgung – er ist nicht verhandelbar. Die Mittel für den TFR müssen bei Kapitalgesellschaften als Rückstellung für künftige Gesellschaftsverbindlichkeiten bereits bilanziert worden sein. Bei der Auszahlung des TFR entstehen also keine Kosten, sondern ein Liquiditätsabfluss. Der TFR nimmt Bezug auf die Höhe des Gehalts, das der Beschäftigte erhalten hat.Pensionsfonds existieren in Italien seit dem Jahr 1993. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten: einerseits die sogenannten geschlossenen Fonds, die branchen- oder betriebsspezifisch geführt werden. Des Weiteren gibt es die offenen Fonds, denen jeder Arbeitnehmer beitreten kann. Die Bedeutung der Integrativen Fonds wird in Italien künftig sicher zunehmen. Die bislang in den TFR eingeflossenen Gelder werden seit 2007 automatisch einem Integrationsfonds zugeführt – es sei denn, der Arbeitnehmer entscheidet sich bewusst für die Einzahlung in den TFR. Auf wackeligen FüßenItalien steht mit seiner Alterspyramide im europäischen Vergleich auf wackligen Füßen. Hohe Lebenserwartung und niedrige Geburtenraten sowie ein, in ständiger Änderung befindliches Rentensystem kennzeichnen die gegenwärtige Lage. In Italien ist eine ähnliche demografische Entwicklung wie in Deutschland festzustellen. Der Anteil der Bevölkerung über 64 Jahre liegt heute bereits bei über 20 % und wird ab 2040 die 30 %-Marke überspringen. Der Altersindex (Bevölkerung der über 64-Jährigen im Verhältnis zu den unter 15-Jährigen) erreicht in Italien 144 %. In Frankreich und Großbritannien liegt er bei 90 %.Nach wie vor gewährt die Familie den alten Menschen den stärksten Rückhalt. Auch bei der Pflege überwiegt die familiäre Hilfe. Diese wird durch eine einkommensunabhängige Zuwendung vom Staat in Höhe von knapp 500 Euro monatlich bei nachgewiesenem Pflegebedarf unterstützt. Knapp ein Fünftel der Bevölkerung über 64 Jahre werden als pflegebedürftig eingestuft. Die natürliche Wachstumsrate der Bevölkerung ist in Italien mit – 0,5 % negativ. Einzig die Zuwanderung ermöglicht noch ein Bevölkerungswachstum von insgesamt 0,5 %.Von den 60,3 Millionen Einwohnern Italiens sind 20,3 % in einem Alter von 65 Jahren und darüber. Dieser Anteil soll bis 2030 auf 26,2 % und bis 2060 auf 32,7 % zunehmen. In Italien sind derzeit 12,2 Millionen Menschen über 65 Jahre – 3,5 Millionen davon bereits über 80 Jahre. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei Männern bei 79,1 Jahren und bei Frauen bei 84,3 Jahren.Bei der demografischen Struktur gibt es auch große regionale Unterschiede. Generell gilt, dass die Bevölkerung im Süden Italiens jünger ist als im Norden und in Zentralitalien. Nach Maßgabe des Altersindex sind die Bewohner der Region Ligurien besonders überaltert, während die Leute im südlichen Kampanien mit einem Index von 96,5 % weit jünger sind als der Durchschnitt. Hohe JugendarbeitslosigkeitArbeitnehmer fürchten sich vor den Folgen dieses keineswegs positiven demografischen Szenarios, der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise sowie der wachsenden Jugend-Arbeitslosenrate (15- bis 24-Jährige), die im Mezzogiorno bereits 32 % ausmacht. Die Sicherheit der staatlichen Rente wird angesichts der alternden Bevölkerung in Frage gestellt. Laut einer Untersuchung der Banca Monte dei Paschi di Siena sorgen sich zwei Drittel aller Italiener um ihre Renten und befürchten, dass sie in Zukunft nicht gesichert sein könnten.Das effektive Alter des Eintritts in den Ruhestand liegt in Italien im Durchschnitt bei 60,8 Jahren, die gesetzliche Altersgrenze für Frauen bei 60, für Männer bei 65 Jahren, wobei allerdings nach 35 Arbeitsjahren eine Vorruhestandsregelung ab dem 60. Lebensjahr (ab 2014 ab dem 62. Lebensjahr) greift. Da in Italien die selbständige Arbeit wesentlich verbreiteter ist als in Deutschland, zeigt die gesetzliche Altersgrenze nur eine Seite der Medaille, die Selbstständigen bleiben meist weit über diese Altersgrenze hinaus beruflich aktiv. Nun plant die Regierung, die Altersgrenze bei Frauen stufenweise auf 65 und bei Männern auf 67 Jahre anzuheben, um sie dem europäischen Niveau anzugleichen. Auch infolge der hohen Jugendarbeitslosigkeit erscheint die Erhöhung der Altersgrenze zumindest aus arbeitsmarktpolitischen Gründen nicht sinnvoll.Das seit 2005 wiederholt reformierte italienische Rentensystem steht auf drei Säulen: auf der staatlichen Pflichtversicherung, der INPS, auf den Integrationsfonds und den Ersparnissen. Zu berücksichtigen ist, dass die Italiener weiterhin eine Sparquote von durchschnittlich 7,5 % ihres Einkommens aufweisen. Sie haben auch in viel höherem Maße als etwa die Deutschen Immobilieneigentum. 82 % aller Italiener wohnen in ihren eigenen vier Wänden. Auch haben sehr viele Italiener eine Lebensversicherung abgeschlossen, die äußerst flexibel zu handhaben ist und auch steuerliche Vorteile aufweist. Zusatzrente im KommenDie Zusatzrente wird durch den Beitritt zu geschlossenen oder offenen Fonds eröffnet und finanziert. In Kollektivverträgen werden die Finanzierungsmöglichkeiten vereinbart. Zusatzrenten können sowohl von den autonomen Regionen wie auch von Versicherungen und Banken sowie von den Pensionsfonds gewährt werden. So haben etwa die autonomen Regionen Trient-Südtirol oder das Aostatal Gesetzesbestimmungen auf dem Gebiet der Sozialvorsorge und der Sozialversicherungen erlassen und geschlossene Zusatzrentenfonds eingeführt.Das liebste private Vorsorgeprodukt in Italien ist laut der MPS-Studie weiterhin die Immobilie, gefolgt von Lebensversicherungen und Pensionsfonds. Ende 2011 haben 5,3 Millionen Menschen, etwa 16,5 % der arbeitenden Bevölkerung, für eine private Zusatzrente eingezahlt. Dies entspricht einer Zunahme von 4,4 % gegenüber dem Vorjahr. Italien liegt mit diesem Engagement im europaweiten Vergleich im hinteren Feld. Experten bestätigen den Nachholbedarf und erwarten bis 2013 jährliche Zunahmen von 10 bis 11 % pro Jahr.Der wichtigste Betreiber von offenen Pensionsfonds ist die Arca Sgr, eine von rund 20 italienischen Volksbanken gegründete Vermögensverwaltungsgesellschaft. Im Vorsorge- und Versicherungsbereich verwaltet Arca Sgr insgesamt über 1 Mrd. Euro und belegt mit einem Marktanteil von 14 % eine Spitzenposition (siehe Tabelle). Mit einem verwalteten Vermögen von 16 Mrd. Euro liegt Arca auf dem vierten Platz unter den Vermögensverwaltern. Zu den wichtigsten Anbietern zählen auch die deutsche Allianz-Gruppe und der französische Versicherer Axa.—-Zuletzt erschienen:- Japan hat vorgesorgt (9.8.)- Rentenreförmchen reichen in Frankreich nicht aus (2.8.)