ASSET MANAGEMENT - SERIE: ALTERSVORSORGE IM VERGLEICH (TEIL 4)

Japan hat vorgesorgt

Die frühzeitige Anpassung der Rentenhöhe und der Beiträge an die steigende Lebenserwartung zahlt sich aus - Gefüllte Pensionsfonds

Japan hat vorgesorgt

Japan steht vor gravierendendemografischen Herausforderungen: Die Lebenserwartung, das Durchschnittsalter und der Anteil der über 65-jährigen istjeweils noch etwas höher als in Deutschland. Dennoch stehen das Rentensystem und seineFinanzierung im internationalen Vergleich relativ gut da.mf Tokio – Im Vergleich zu Deutschland sind in Japan die Beiträge niedriger, die Durchschnittsrenten höher und die Finanzierungen langfristiger gesichert. Die wichtigsten Gründe sind das dreistufige Rentensystem, die frühzeitig eingebauten demografischen Faktoren in der Finanzierung, die lange Lebensarbeitszeit sowie die fetten Kapitalpolster der Versicherungen.Die Volksrentenversicherung – die erste Säule des Rentensystems – soll eine minimale Absicherung im Alter gewährleisten. Alle Bürger zwischen 20 und ihrem Rentenalter und sind Pflichtmitglieder und müssen Pflichtbeiträge zahlen. Selbständige, Bauern, Studenten und abhängig Beschäftigte in Kleinunternehmen mit weniger als fünf Mitarbeitern zahlen einen pauschalen Monatsbeitrag von 135 Euro. Bei den abhängig Beschäftigten wird ein Teil ihrer Rentenbeiträge automatisch in die Volksrentenkasse abgeführt. Dabei wird auch ein Zwangsbeitrag für Ehepartner und andere Abhängige über 20 Jahre erhoben.Je nach Einkommen und Zahl der Haushaltsmitglieder kann man sich von der Zahlungspflicht teilweise oder ganz befreien lassen. Ein Vier-Personen-Haushalt mit weniger als 14 460 Euro Einkommen z. B. ist zu 100 % befreit. Zugleich ist eine Höherversicherung durch steuerbegünstigte Einzahlungen in einen Nationalen Pensionsfonds möglich. 26,9 Millionen Japaner – ein Viertel der Bevölkerung über 20 Jahre – beziehen derzeit eine Volksrente. Nach 40 Beitragsjahren beträgt diese 589 Euro (Stand: April 2009). Seit 2009 wird die Hälfte der Volksrenten aus Steuermitteln finanziert.Die zweite Säule des Systems ähnelt mit einkommensabhängigen Beiträgen und Beitragsbemessungsgrenzen der deutschen Rentenversicherung. Dazu gehören diverse Unterstützungskassen vor allem im öffentlichen Dienst. Regulär Beschäftigte zahlen automatisch Beiträge in diese Versicherung der Arbeitnehmer und Angestellten ein. Der Beitragssatz beträgt für private Arbeitnehmer und Angestellte 15,7 % und für Mitarbeiter im öffentlichen Dienst 15,15 %. Die Hälfte wird vom Arbeitgeber bezahlt. Diese eigentliche Altersrente beläuft sich auf durchschnittlich knapp 2 100 Euro. Die beiden Staatsrenten machen zurzeit 70 % des Einkommens der Pensionäre aus.Die Pensionsfonds bilden die dritte Säule. Dazu gehören u. a. die Nationalen und Arbeitnehmer-Pensionsfonds sowie Qualifizierungsrentenpläne. Im Finanzjahr 2008 hatten die 617 Fonds 48 Millionen Mitglieder. Damit gehören fast alle Arbeitnehmer einem Betriebsfonds an.Eine Besonderheit ist das Altersruhegeld, das es bei knapp 80 % aller Angestellten und 100 % der Staatsbediensteten gibt. Diese gestundeten Lohnzahlungen werden beim Ausscheiden vor oder zum Rentenalter ausgezahlt. Nach 40-jähriger Tätigkeit klettert dieses Ruhegeld auf das mehr als 60-fache des letzten Monatsgehalts.Die öffentlichen Versicherungen basieren zwar auf dem Generationenvertrag, dass die laufenden Beiträge der Arbeitnehmer die Renten finanzieren. Dennoch haben sie atemraubend hohe Reserven angehäuft. Allein der staatliche Government Pension Insurance Fund für die normale Altersrente besitzt ein Vermögen von über 116,2 Bill. Yen (1 Bill. Euro/Marktwert September 2010). Die japanischen Unterstützungskassen der öffentlich Bediensteten gehören zu den größten Fonds der Welt.Nach Angaben von Towers Watson hatte z. B. der Rentenfonds für die Angestellten der Städte und Gemeinden in Japan Ende März 2010 ein Vermögen von 164,5 Mrd. Dollar. Der Fonds der privaten Pension Fund Association, der die Pensionsfonds vieler Firmen managt, hatte 113,4 Mrd. Dollar an Vermögenswerten in den Büchern stehen. Die Bank von Japan kalkuliert das Vermögen der privaten Pensionsfonds auf 121 Bill. Yen (1,1 Bill. Euro/Ende 2010). Fette KapitalpolsterNicht nur diese fetten Kapitalpolster lassen Japans Rentenversicherung in einem günstigen Licht erscheinen. Auch die bei der Rentenreform 2004 eingebauten demografischen Faktoren sorgen dafür, dass die Finanzierung der Rente in Japan mittel- bis langfristig gesichert erscheint. Die Rentenhöhe wird zum Beispiel jährlich an die Zahl der Beitragszahler angepasst. Dadurch werden die Renten bis 2025 jährlich um 0,6 % schrumpfen. Das Eintrittsalter für die Volksrente wird von 60 auf 65 Jahre erhöht – für Männer bis 2012 und Frauen bis 2017. Firmen sollen ihr Rentenalter ebenfalls auf 65 Jahre anheben, für Männer bis 2025 und Frauen bis 2030. Die Möglichkeit einer Teilrente zwischen 60 und 64 läuft für Männer 2020 und für Frauen 2025 aus. Parallel zu diesen Absenkungen der Leistungen wurde 2004 eine automatische Erhöhung der Beiträge festgelegt.So wächst der monatliche Beitrag zur Basisvolksrente bis 2017 jährlich um 2,5 Euro (Kaufkraft von 2004) auf dann 151 Euro an. Der Beitragssatz für die normale Altersrente klettert bis 2017 jährlich um 0,354 % auf 18,3 %. Die Lohnersatzquote von derzeit 62,3 % – also das Verhältnis zwischen Rente und letztem Einkommen – darf jedoch nicht unter 50 % fallen. Nach der offiziellen Projektion wird dies 2022 passieren. Dann werden keine demografischen Faktoren angewandt, es wird ein Inflationsausgleich eingeführt.Zu den Gefahren für das System gehören niedrigere Beitragszahlungen durch den Niedriglohnsektor, der im letzten Jahrzehnt stark angestiegen ist. Auch Zusammenbrüche von Firmen in der Finanzkrise führten bei den Ansprüchen und Auszahlungen von Betriebsrenten zu teilweise erheblichen Einschnitten, etwa bei Japan Airlines. Die hohe Staatsverschuldung könnte sich negativ auf die Subventionierung der Volksrenten auswirken. Ihr Zuschuss soll von 7,2 Bill. Yen (64 Mrd. Euro 2009) auf 10,4 Bill. Yen (2030) wachsen. Auch ein geringes Wirtschaftswachstum und niedrige Fondsrenditen dürften einige Annahmen zur Makulatur machen.Kostendämpfend wirken die geringe Arbeitslosigkeit von unter 5 % sowie die lange Lebensarbeitszeit. Sie ergibt sich aus einem relativ frühen Berufseintritt und einem effektiven Rentenalter von 69,5 Jahren, nach Südkorea dem zweithöchsten weltweit. (Deutschland 62,1 Jahre). Auf die hohen Reserven der Rentenfonds will Japan erst nach 2050 zugreifen. Ihr Kapital soll bis 2100 reichen. Nichts spricht jedoch dagegen, die Reserven schon vorher einzusetzen. Zudem gibt es noch einige Spielräume im System, etwa die Möglichkeit, die Vermögen in die Beitragsberechnung einzubeziehen. Die Haushalte kommen auf eine Nettoersparnis von rund 1 000 Bill. Yen (8,9 Bill. Euro). Die traditionell hohen Erbschaftssteuern werden in Zukunft einen wachsenden Teil der Staatseinnahmen ausmachen.Die Bedeutung des Staates für die Wirtschaft wird durch die Veränderungen stark steigen. So soll die Sozial- und Staatsquote von zurzeit knapp 40 % bis 2025 auf 53 % anwachsen. Insgesamt brauchen sich Japaner jedoch wohl weniger Sorgen um ihre Renten zu machen als Bürger anderer Länder.—-Zuletzt erschienen:- Rentenreförmchen reichen in Frankreich nicht aus (2.8.)- In Spanien spitzt sich die Lage zu (26.7.)