Kapitalanlage

Kasachstan und der Rohstoffhunger

Ehemalige Sowjetrepublik gilt als eine der Schatzkammern der Welt - Flut von Anlageprodukten

Kasachstan und der Rohstoffhunger

Von Frank Bremser, Frankfurt Borat Sagdiyev, Alexander Winokurow und Nursultan Nasarbajew: Mit den bekanntesten Repräsentanten Kasachstans lässt sich nur schwer für das aufstrebende Land Werbung machen. Borat, eine Filmfigur des britischen Komikers Sacha Baron Cohen, verkündet in dem Film lauthals, das Nationalgetränk des Landes sei Pferdeurin und das beliebteste Volkslied “Werft die Juden raus”. Winokurow, lange gefeierter Radsportstar und kasachischer Nationalheld, wurde bei der Tour de France des Blutdopings überführt. Staatschef Nasarbajew gilt nicht unbedingt als Demokrat, internationale Beobachter haben zuletzt Zweifel geäußert, ob die am 18. August anstehenden Parlamentswahlen als frei und gerecht bezeichnet werden können. Neben einem Demokratiedefizit werden auch die Korruption (Platz 111 von 133 von Transparency International beobachteten Ländern) und unzureichende Bildungsinvestitionen des Landes bemängelt. Auch wenn dies alles nicht unbedingt für das Land spricht – Kasachstan rückt immer mehr in den Fokus der Welt, es gilt als eine der spannendsten und am stärksten wachsenden Wirtschaftsnationen der Welt. Seit sieben Jahren weist die Wirtschaft jährliche Wachstumsraten von mehr als 9 % auf. Der kasachische Leitindex KASE hat 2006 und 2007 jeweils um mehr als 100 % zugelegt. Die große Stärke des Landes ist der Rohstoffreichtum. Um das Kaspische Meer liegen große Erdöl- und Gasfelder, weitere Erdölvorkommen werden um den Aralsee vermutet. Zudem gibt es mehrere bedeutende Kohlevorkommen. Auch gibt es in dem Land große Eisen-, Kupfer-, Nickel- und Manganvorkommen. Nicht zuletzt wird im Altai-Gebirge und um die Stadt Zitikara Gold abgebaut. In Kasachstan liegen weltweit die größten Lagerstätten für Chrom, Vanadium, Wismut, Fluor. Das Land gehört ebenfalls zu den größten Förderern von Kobalt, Wolfram, Blei, Zink und Molybdän. Angesichts des weltweiten Rohstoffhungers sagen Experten dem Land eine goldene Zukunft voraus – Kasachstan gilt als Schatzkammer. Förderlich ist dabei die gute geografische Lage, als Verbindungsglied zwischen Russland, Europa und China. RatinganstiegViele Großunternehmen – wie etwa Eni oder die Bank Austria Creditanstalt – versuchen sich deshalb in Kasachstan zu etablieren. In den Jahren 1993 bis 2006 flossen 36 Mrd. Dollar als Direktinvestitionen in das Land. Auf Pro-Kopf-Basis ist dies mehr als in allen anderen ehemaligen Sowjetrepubliken (inklusive Russland) und mehr als in die meisten mittel- und osteuropäischen Staaten. Das Langfrist-Rating des Landes hat sich seit 1996 um sieben Stufen von “Ba3” auf “A2” verbessert (Moody’s). Fitch bewertet das Land derzeit mit “BBB” (1996: “BB -“). Die Ratingagentur schreibt in ihrem Länderreport: “The future economic prospects are bright.” Bis 2020 werde das Land wahrscheinlich zu einem der zehn größten Erdölexporteure der Erde aufsteigen. Ein Indiz für die wachsende Bedeutung ist auch die Entscheidung der Hotelkette Mariott im Jahr 2008 zwei Häuser unter dem Logo der Luxusmarke JW Mariott Hotels & Resorts in Almaty, dem ehemaligen Alma-Ata, zu eröffnen. Doch nicht nur ausländische Unternehmen streben ans Kaspische Meer, inzwischen haben sich auch einige kasachische Firmen zu bedeutenden Spielern auf dem Weltmarkt entwickelt. Dies gilt vor allem für die Rohstoffunternehmen, die teilweise auch in London notiert sind. Diese Notierung bietet derzeit die interessanteste und risikoärmste Möglichkeit, direkt in diese Unternehmen zu investieren. Dazu gehört etwa Kazakhmys, der zehntgrößte Kupferproduzent der Welt. Dem Goldförderer KazakhGold bescheinigt das russische Investmenthaus Aton zwar zuletzt schwache Bilanzzahlen, bekräftigt aber dennoch die Empfehlung Buy mit einem Aufwärtspotenzial von gut 30 % bis Jahresende. Ebenfalls aus dem Rohstoffbereich stammt Kazmunaigas. Mit der Kazkommertsbank und der Halyk Savings Bank sind auch zwei kasachische Finanzunternehmen in London gelistet. Während sich für Kazmunaigas die Kaufen-, Verkaufen- und Halten-Empfehlungen die Waage halten, liegt bei den anderen vier Titeln die Konsensempfehlung der Analysten klar bei Kaufen. Auf diese Unternehmen haben inzwischen diverse Finanzhäuser strukturierte Produkte emittiert, die eine interessante Alternative zum Einzelinvestment bilden und das hohe Risiko eines Investments in dem Land etwas mindern. Es besteht jedoch immer auch ein hohes Währungsrisiko.Die Wiener Börse hat aus diesen fünf Unternehmen den Kazach Traded Index (KTX) gebildet, das Höchstgewicht eines Wertes liegt dabei bei 25 %. Von der Raiffeisen Centrobank gibt es seit Mitte Juli zwei Turbo- und zwei Discount-Zertifikate auf den KTX. Durch diese verschiedenen Produkte können Anleger ihrer Risikoeinstellung gemäß an den kasachischen Unternehmen partizipieren. Auch der Index, den die Deutsche Bank seit Februar als Basis für ihr Kasachstan Top Select Zertifikat benutzt, besteht aus diesen fünf unternehmen. Anders als bei dem Index der Österreicher sind die Aktien jedoch zu je 20 % gleichgewichtet. Etwas weiter gefasst ist der Kasachstan Total Return Index der ABN Amro, in dem sieben Titel enthalten sind, neben den fünf Großunternehmen noch der Baustoffhersteller Steppe Cement und das Energieunternehmen Transmeridian. Auch die Fondsindustrie hat Kasachstan entdeckt – die Finanzseite Onvista weist 184 verschiedene Fonds aus, die in dem Land investiert sind. Die meisten Produkte sind recht neu, da die Region erst seit kurzem auf dem Radarschirm der Anleger ist. Dazu gehören etwa der Black Sea Fund von Julius Bär, der seit Auflage um knapp 16 % zugelegt und damit seine Benchmark den MSCI Emerging Europe klar abgehängt hat. Ebenfalls einen großen Anteil des Portfolios (14 %) hat der Russia Explorer von Credit Suisse in Kasachstan investiert. Seit dem 31. Januar ist der Eurasia Plus von Warburg Invest zum Vertrieb zugelassen. Dieser investiert in die ehemaligen Sowjetrepubliken, 51 % der Anlage gehen jedoch nach Russland. Die Bedeutung von Kasachstan nimmt dann auch weiter zu, auch die Politik nimmt die neue Rolle des Staates an – und hat sich dementsprechend eine Maxime Borats zu eigen gemacht, nämlich “Benefiz für glorreiche Nation von Kasachstan zu machen”. So will Kasachstan 2009 den Vorsitz der OSZE übernehmen, Deutschland hat für diesen Plan bereits ihre Unterstützung zugebilligt.