Recht und Kapitalmarkt

Keine Änderungen bei den Mitteilungspflichten

Neuer Emittentenleitfaden der BaFin bestätigt bisherige Verwaltungspraxis

Keine Änderungen bei den Mitteilungspflichten

Von Christoph von Bülow *) Vor wenigen Tagen hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eine überarbeitete und ergänzte Fassung des Emittentenleitfadens veröffentlicht. Angesichts der immer komplexer werdenden kapitalmarktrechtlichen Melde- und Zurechnungsvorschriften erläutert die BaFin in der Neufassung des Emittentenleitfadens erstmals auch die Vorschriften hinsichtlich der Meldepflichten zu bedeutenden Stimmrechtsanteilen ( 21 ff WpHG).Dabei bestätigt die BaFin, dass Mitteilungspflichten infolge eines Formwechsels oder einer Umfirmierung nicht ausgelöst werden, da in diesen Fällen der Rechtsträger unverändert bleibt. Ferner wird klargestellt, dass eine Mitteilungspflicht nicht allein dadurch entstehen kann, dass sich die Zusammensetzung des Stimmrechtsanteils eines Meldepflichtigen verändert, zum Beispiel weil Aktien, deren Stimmrechte einem Meldepflichtigen bislang lediglich zugerechnet wurden, nunmehr von diesem erworben wurden.Der Emittentenleitfaden enthält ferner zahlreiche Hinweise zur Auslegung der Zurechnungsvorschriften des 22 WpHG. Beispielsweise hält die BaFin im Fall von Sicherungsübereignungen am Grundsatz der alternativen Zurechnung fest. Die Stimmrechte werden also je nach Fallgestaltung ausschließlich entweder beim Sicherungsnehmer oder beim Sicherungsgeber erfasst. Die BaFin weist zu Recht darauf hin, dass der Zurechnungskatalog des 22 WpHG abschließend ist. Eine analoge Anwendung der Normen in vermeintlichen “Umgehungsfällen” ist ausgeschlossen. Nur dies gewährleistet die Rechtssicherheit. Leihe, Repos ausgenommenDie fristgerechte Erfüllung der Mitteilungspflichten nach 21 f WpHG hat seit Inkrafttreten des Risikobegrenzungsgesetzes im August 2008 für Emittenten und Aktionäre an Bedeutung gewonnen. Werden Mitteilungspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt, wirkt der dadurch verursachte Rechtsverlust aus den betreffenden Aktien nunmehr u. U. auch noch sechs Monate nach einer entsprechenden Korrektur nach. Zu diesem verlängerten Rechtsverlust kann es bereits dann kommen, wenn eine Stimmrechtsmitteilung nicht unverzüglich abgegeben wird. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem der Meldepflichtige den relevanten Vorgang erstmals kannte oder “kennen musste”.Ausweislich des Emittentenleitfadens geht die BaFin davon aus, dass ein Meldepflichtiger von mitteilungspflichtigen Umständen “in aller Regel” bereits am selben Tag Kenntnis haben muss. Diese Verwaltungspraxis stellt hohe Anforderungen an die internen Organisationspflichten bei meldepflichtigen Unternehmen.Nach 25 WpHG bestehen Mitteilungspflichten auch im Hinblick auf Finanzinstrumente, die ihrem Inhaber das Recht gewähren, stimmberechtigte Aktien eines börsennotierten Emittenten zu erwerben. Darunter fallen beispielsweise Call-Optionen, aber auch Termingeschäfte. Die Norm war in den vergangenen Monaten immer wieder Gegenstand umfangreicher Diskussionen. Sie soll den sog. verdeckten Beteiligungsaufbau an börsennotierten Gesellschaften erschweren, wurde jedoch bisweilen als lückenhaft angesehen. In dem überarbeiteten Emittentenleitfaden nimmt die BaFin zu einer Reihe von Fragen Stellung, die in diesem Zusammenhang bislang streitig erörtert wurden. Klargestellt wird zunächst, dass 25 WpHG nur Finanzinstrumente erfasst, die einen Anspruch auf physische Lieferung der betreffenden Aktien gewähren. Das Halten von Derivaten, die lediglich ein Recht auf Barausgleich gewähren (sog. cash settlement), ist weiterhin nicht offenlegungspflichtig. Im Übrigen hat die BaFin ihre bisherige Verwaltungspraxis bestätigt, dass im Fall einer Wertpapierleihe der Rückforderungsanspruch des Darlehensgebers keine eigenständige Meldepflicht nach 25 WpHG auslöst. Entsprechendes gilt für Rückkaufvereinbarungen bei Repo-Geschäften. Von den entgegenstehenden Überlegungen der BaFin, wie sie noch im vorgeschalteten Konsultationsverfahren zur Debatte gestellt worden waren, hat die BaFin Abstand genommen. Durch Einsatz entsprechender Instrumente bleibt es also nach der bestehenden Gesetzeslage auch zukünftig möglich, Positionen im Hinblick auf Aktien börsennotierter Unternehmen aufzubauen, ohne offenlegungspflichtig zu sein. Keine Bindung der GerichteDer BGH hat vor kurzem in seiner sogenannten Schrempp-Entscheidung darauf hingewiesen, dass der Emittentenleitfaden lediglich eine sog. norminterpretierende Verwaltungsvorschrift darstellt. Sie bindet nicht die Gerichte. Die Erfüllung von Meldepflichten nach Maßgabe der kommunizierten Verwaltungspraxis der BaFin wird aber einem Meldepflichtigen im Streitfall letztlich kaum entgegengehalten werden können. Dies gilt auch dann, wenn die BaFin einen Meldepflichtigen – formell oder informell – zur Abgabe einer Mitteilung mit einem bestimmten Inhalt auffordert bzw. zur Änderung einer bereits erteilten erstatteten Mitteilung anhält.—-*) Dr. Christoph von Bülow ist Partner von Freshfields Bruckhaus Deringer.