Asset Management - Interview mit Thomas Balk

"Konservative Anleger gehen auf volles Risiko"

Chef von Fidelity Japan über Anlagegewohnheiten

"Konservative Anleger gehen auf volles Risiko"

Die US-Fondsgesellschaft Fidelity gehört in Japan zu den Top 10: Mit mehr als 400 Mitarbeitern und einem verwalteten Vermögen von 64 Mrd. Dollar läuft die Gesellschaft inzwischen den meisten japanischen Wettbewerbern den Rang ab. Die Börsen-Zeitung sprach mit Thomas Balk, Chef von Fidelity Japan, über heimliche Zocker, trendige Produkte und Vertriebsvorteile. – Herr Balk, japanische Anleger galten einst als extrem risikoscheu. Hat sich das geändert?Es gibt in Japan zwei Extreme: Privatanleger, die stockkonservativ sparen und kein Verständnis für Aktienmärkte oder Risiko-Ertrag-Relationen haben, und richtige Zocker. Dadurch, dass die Banken nun stärker in den Fondsvertrieb einsteigen, werden die eher konservativen Anleger aufgeweckt. Plötzlich gehen sie von null Risiko auf volles Risiko. Das ist bedenklich, denn die Kunden wissen oft gar nicht, was sie kaufen. – Erklärt das den Boom von Emerging-Market-Fonds in Japan?Zum Teil sicherlich. Inzwischen hat sich das Interesse – etwa an Indien-Fonds – etwas abgekühlt. Einige Investoren diversifizieren ihr Portfolio inzwischen stärker. Gefragt sind gemischte Fonds, die in verschiedene Regionen oder Vermögensklassen investieren. Sehr beliebt sind auch Fonds mit stabiler monatlicher Ausschüttung. Manche Privatanleger verwechseln allerdings die Ausschüttungshöhe mit der Performance des Fonds und erkennen nicht, dass zum Teil das Kapital ausgezahlt wird und der Wert des Fondsanteils sinkt. Eines der großen Themen in den nächsten Jahren wird die Aufklärung von Investoren über die Risiken der Geldanlage sein. – Haben Sie als Ausländer Nachteile im Vertrieb?Wir arbeiten mit allen großen Banken und Brokern zusammen. Verglichen mit Deutschland, wo die Banken lange Zeit im Grunde nur hauseigene Produkte verkauft haben, ist der Vertrieb hier sehr offen. Außerdem geht der Wettbewerb hier nicht über den Preis. In Deutschland können sie das beste Produkt haben, aber wenn sie den Banken nicht genügend zahlen, kommen sie nicht auf die Vertriebsplattform. In Japan gibt es mehr Transparenz, die Einnahmen aus der Bestandsvergütung werden hälftig geteilt. – Und was ist mit den Regularien? Die sind sehr strikt in Japan. Für eine ausländische Fondsgesellschaft ist es sehr schwer, Fuß zu fassen. Wer lokale Fonds auflegen will – etwa weil sie steuerliche Vorteile bieten oder von mehr Vertriebspartnern verkauft werden können -, muss sich zunächst eine Infrastruktur aufbauen. – Wer sind Ihre Kunden?Pensionsfonds, Unternehmen und Privatanleger, denen wir Fonds oder fondsgebundene Lebensversicherungen anbieten. Insgesamt verwalten wir fast 64 Mrd. Dollar in Japan, mehr als die Hälfte davon für lokale Kunden. Seit Jahresbeginn hatten wir Zuflüsse von 3,3 Mrd. Dollar. – Haben Sie einen Tipp für andere ausländische Vermögensverwalter?Wenn man sich vor Ort ansiedeln will, muss man bereit sein, viel und lange zu investieren. Fidelity ist seit 37 Jahren in Japan. Die ersten 30 Jahre haben wir kaum Geld verdient. Das Interview führte Birga Böcker.