Recht und Kapitalmarkt

Kritik an Beteiligungsverträgen meist unbegründet

Gesellschaftervereinbarungen bei Private-Equity-Transaktionen sind in der Regel nur schuldrechtlicher Natur

Kritik an Beteiligungsverträgen meist unbegründet

Von Henrik Drinkuth *) Satzungen und Gesellschaftsverträge regeln das Verhältnis zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft. Bei Kapitalgesellschaften sind Gesellschaftsverträge über das Handelsregister öffentlich zugänglich. Die Publizität schützt Gläubiger und Gesellschafter vor unangenehmen Überraschungen. Regeln in Gesellschaftsverträgen wirken nämlich gegenüber jedermann; auch spätere Gesellschafter müssen sie gegen sich gelten lassen. Im GmbH-Recht können die Parteien den Inhalt von Gesellschaftsverträgen weitgehend frei bestimmen. Dagegen sind der Gestaltungsfreiheit im Aktienrecht enge Grenzen gesetzt. AG-Satzungen dürfen von gesetzlichen Bestimmungen nur abweichen, wenn dies ausdrücklich gestattet ist. Um der Publizität und der Satzungsstrenge zu begegnen, gibt es bei vielen Kapitalgesellschaften schuldrechtliche Nebenvereinbarungen zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft. Nebenvereinbarungen sind nicht öffentlich zugänglich. Ihre Wirkung bleibt auf die Vertragsparteien beschränkt. Gerichtlich kaum überprüftEine wichtige Erscheinungsform dieser Nebenvereinbarungen sind Beteiligungsverträge bei Venture-Capital-Finanzierungen oder Management Buy-outs. Mittlerweile kann man von typischen Vertragsinhalten sprechen, die sich aus der Praxis herausgebildet haben. Gerichtlich sind die dort enthaltenen Klauseln bislang so gut wie nie überprüft worden. In der juristischen Literatur beginnt man aber teilweise, die Zulässigkeit einzelner Bestimmungen in Beteiligungsverträgen in Frage zu stellen. Im Visier stehen vor allem Vertragsgestaltungen bei der AG. Angeblich würden hierdurch zwingende aktienrechtliche Normen umgangen. Dieser Beitrag behandelt einige typische Regeln von Beteiligungsverträgen, um aufzuzeigen, dass die hier anzutreffenden Gestaltungen als nur schuldrechtliche Bestimmungen mit den gesetzlichen Vorschriften grundsätzlich vereinbar sind.Bei Venture-Capital-Transaktionen regelt der Beteiligungsvertrag die Finanzierungsverpflichtungen des Investors. Dieser beteiligt sich am Zielunternehmen und muss dafür liquide Mittel bereitstellen. Meistens erfolgt die Finanzierung in mehreren Schritten. Weitere Zahlungen des Finanzinvestors sind abhängig vom Erreichen bestimmter Zielvorgaben (Meilensteine). Der Finanzinvestor will allerdings oft bereits mit seiner ersten Zahlung die maximale Beteiligungsquote erhalten und zur Bereitstellung weiterer Mittel nur bei Erreichen der Meilensteine verpflichtet sein. Man spart sich so auch weitere Kapitalerhöhungen. Bei einer AG lassen sich spätere Kapitalerhöhungen indes recht einfach über ein genehmigtes Kapital oder mit Hilfe von Wandelschuldverschreibungen durchführen. In beiden Fällen kann das Grundkapital ohne das Erfordernis weiterer Hauptversammlungen erhöht werden. Will man aber keine zusätzlichen Kapitalerhöhungen vornehmen, kann der Finanzinvestor zunächst nur einen Teilbetrag der Gesamtsumme als Einlage leisten und sich verpflichten, weitere Mittel als sog. Zuzahlungen in das Eigenkapital bei Erreichen der Meilensteine bereitzustellen. Solche Gestaltungen sind nicht ohne Risiko. Stehen die Zuzahlungen in unmittelbarem Zusammenhang mit Kapitalerhöhungen, kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie als Teil des Ausgabebetrages angesehen werden und somit den strengen Kapitalaufbringungsvorschriften unterliegen. Erfüllen die Zuzahlungen diese Regeln nicht, spricht man vom “verdeckten Aufgeld”. Die Folgen können drastisch sein.Bei der GmbH können die weiteren Finanzierungsbeiträge unproblematisch als Zuzahlungen geleistet werden. Das bietet sich hier auch deshalb an, weil das GmbH-Recht weder ein genehmigtes Kapital noch die Möglichkeit von Wandelschuldverschreibungen kennt. Verwässerungsschutz Der Finanzinvestor hat nicht nur ein Interesse daran, dass seine Beteiligungsquote nicht durch spätere Kapitalmaßnahmen reduziert wird, sondern er möchte auch einen Ausgleich haben, falls bei späteren Kapitalmaßnahmen andere Investoren zu besseren Konditionen einsteigen. Er will so gestellt werden, wie er stehen würde, wenn er sich insgesamt zu denselben Bedingungen beteiligt hätte wie der Zweitinvestor. Bei vollem Verwässerungsschutz (Full Ratchet) bekommt er in der zweiten Finanzierungsrunde so viele Anteile zu pari, dass der durchschnittliche Ausgabebetrag sämtlicher seiner Anteile dem mit dem Zweitinvestor vereinbarten Anteilspreis entspricht. Durch abgeschwächten Verwässerungsschutz (Weighted Average) wird er so gestellt, dass der durchschnittliche Preis für seine Anteile dem Mittelwert der Ausgabebeträge beider Finanzierungsrunden entspricht. Rechtlich wirft das keine besonderen Schwierigkeiten auf. Noch wenig geklärt ist allerdings die steuerliche Behandlung. Der Finanzinvestor erhält aufgrund des Verwässerungsschutzes zusätzliche Anteile zu besseren Bedingungen als bei seinem Einstieg. Allerdings gab es bei seinem Einstieg für die Anteile keinen Marktpreis. Der zeichnet sich erst bei späteren Finanzierungsrunden ab. Der Verwässerungsschutz hat somit die Funktion einer Bewertungskorrektur. Steuerlich dürfte das ähnlich zu behandeln sein wie eine Kaufpreisanpassung.Wesentlicher Erfolgsfaktor bei Private-Equity-Transaktionen ist das Management. Damit die Führungskräfte ihre Arbeitskraft auf das Unternehmen konzentrieren und sich an die Gesellschaft binden, erhalten sie Anteile. Aufgrund sog. Leaver-Klauseln müssen die Manager aber ihre Anteile zurückgeben, wenn sie das Unternehmen vorzeitig verlassen. Unter welchen Voraussetzungen Leaver-Klauseln zulässig sind, ist auch nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. September 2005 (vgl. BZ vom 21. 9. 2005) noch nicht geklärt. Auf Feinheiten bei der Vertragsgestaltung ist zu achten. Bestehende Beteiligungsverträge sollten gegebenenfalls angepasst werden.Der Finanzinvestor hat ein vitales Interesse daran, nach einer bestimmten Zeit seine Beteiligung wieder zu veräußern (Exit). Als Exit bieten sich im Wesentlichen drei Wege an: Unternehmensverkauf (Trade Sale), Verkauf der Investorenanteile an einen neuen Finanzinvestor (Secondary Buy-out) oder Börseneinführung (IPO). Die höchsten Renditen lassen sich derzeit regelmäßig bei einem Trade Sale erzielen. Dazu muss zumindest die Mehrheit der Anteile angeboten werden können; die übrigen Gesellschafter müssen also mitveräußern.Für einzelne Manager kann ein Trade Sale aber das Ende ihrer Beschäftigung bei der Gesellschaft bedeuten. Sofern sie nicht selbst von einem Verkauf ausreichend profitieren, wird dann der Anreiz des Managements, einen Exit zu unterstützen, gering sein. Selbst wenn es erfahrungsgemäß schwer ist, ein Unternehmen gegen den Willen des Managements zu veräußern, ist es für den Finanzinvestor wichtig, das Recht zu haben, einen Exit verlangen zu können. Deshalb werden Mitveräußerungspflichten (Drag Along) für den Fall vereinbart, dass ein Angebot auf Erwerb der Mehrheit der Anteile vorgelegt wird. Die übrigen Gesellschafter müssen sich nun davor schützen, ihre Anteile zu unangemessen niedrigen Bedingungen mitverkaufen zu müssen. Bislang sind derartige Klauseln noch nicht auf den Prüfstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung gelangt. Bei der Vertragsgestaltung sollte auch hier mit Augenmaß vorgegangen werden. Es ist allerdings kaum zu bestreiten, dass es einem Finanzinvestor ab einem bestimmten Zeitpunkt möglich sein muss, seine Beteiligung zu angemessenen Konditionen zu veräußern. Wer das als Gesellschafter nicht will, sollte auf eine Beteiligung von Finanzinvestoren verzichten. GmbH bietet mehr SicherheitBei Beteiligungsverträgen handelt es sich um schuldrechtliche Vereinbarungen. Sie binden nur die Vertragsparteien selbst, nicht aber zukünftige Gesellschafter und sind anders als Gesellschaftsverträge oder Satzungen zu behandeln. Die Grenzen zulässiger Vertragsgestaltung sind aber bislang noch kaum durch die Rechtsprechung ausgelotet. Es zeigt sich, dass aus Sicht von Finanzinvestoren die Rechtsform der GmbH im Zweifel mehr Sicherheit bietet als die AG. *) Dr. Henrik Drinkuth ist Rechtsanwalt in Hamburg und Partner der Sozietät CMS Hasche Sigle.