Kunst als Geldanlage wird immer populärer
Von Barbara Foerster Kitschig-rot mit einer riesigen goldenen Schleife hing das “Hängende Herz” von Jeff Koons im Auktionshaus Sotheby’s in New York. Verlockend wie das lang ersehnte Weihnachtsgeschenk eines Kindes. Denn das 2,50 Meter große und 1 500 Kilo schwere Herz des amerikanischen Künstlers wechselte dort jüngst für üppige 23,6 Mill. Dollar (16,2 Mill. Euro) den Besitzer. Der höchste Preis, der laut Sotheby’s je für das Kunstwerk eines zeitgenössischen Künstlers gezahlt wurde. Zuvor konnte bereits Konkurrent Christie’s einen Rekord einfahren: Gerhard Richters “Düsenjäger” ging für 11,2 Mill. Dollar (7,7 Mill. Euro) über den Tisch – der höchste Betrag, den je ein Richter-Bild erzielt hatte. Nach einem Weltrekord ist vor einem Weltrekord. Das gilt zurzeit wohl in keinem anderen Wettbewerb so extrem wie auf dem Kunstmarkt. Bisher krisenfestKunstkaufen ist “in”. Auf Auktionen in New York, London oder Köln erzielen die Gemälde moderner oder zeitgenössischer Künstler stets neue Höchstpreise. Auch auf Messen wie der Art Basel, Art Miami Beach, Art Cologne oder Frieze Art London purzeln die Rekorde. Zuletzt glaubte so mancher Skeptiker zwar an einen Einbruch der Kunstgeschäfte – durch die Krise auf dem US-Hypothekenmarkt. Doch die vergangenen Herbstauktionen zeitgenössischer Kunst in den Auktionshäusern Christie’s und Sotheby’s bewiesen das Gegenteil. Der Kunstmarkt zeigt sich bisher krisenfest. Noch nie wurde auf dem Kunstmarkt so viel Geld umgesetzt wie heute. 23 Mrd. Euro weltweit sollen es allein 2006 gewesen sein, so eine Studie der Fine Art Foundation. Die Preise für Werke der Moderne haben sich seit 2002 im Durchschnitt fast verdoppelt. Bei vielen Investmentbankern bringen solche Preisentwicklungen das Blut in Wallung. Immer mehr Anlageberater empfehlen ihren Kunden deswegen, wenigstens einen Teil ihres Vermögens in Kunst anzulegen. Aber die meisten Sammler haben beim Kauf weniger die finanzielle Rendite im Sinn als den Genuss am erworbenen Kunstwerk. “Das ist auch richtig so. Denn die Hauptrendite beim Kunstwerk ist die ästhetische, die intellektuelle Freude daran. Die finanzielle Rendite können Sie nur einmal und erst dann kassieren, wenn Sie das Kunstwerk verkaufen”, betont Henrik Hanstein vom Auktionshaus Lempertz in Köln.Außerdem raten Experten dazu, in Zeiträumen von mindestens fünf bis zehn Jahren zu denken. Denn ein Gemälde lässt sich nicht so leicht verkaufen wie beispielsweise ein Auto – Kunst hat eine schlechte Liquidität. Im Auktionswesen müssen Kunden mit drei bis zwölf Monaten bis zum Verkauf ihres Kunstwerks rechnen. Denn viele Bilder werden nur zu Mindestpreisen angeboten. Findet sich bei einer Versteigerung zu diesem Preis kein Käufer, geht das Bild wieder zurück an den Besitzer. Selbst bei einem Superstar wie Gerhard Richter bleibt auf Auktionen jedes fünfte Bild ohne Zuschlag, bei anderen Künstlern sogar jedes zweite Bild.Aber dennoch – der Kunstmarkt boomt. Und das nun schon seit vier Jahren. Zwar warnen einige Beobachter vor einem plötzlichen Preisverfall wie in den Neunzigern, als die Kunstblase nach den goldenen Achtzigern plötzlich platzte. “Aber das wird es diesmal nicht geben. Dafür investieren zu viele Leute in Kunst. Gab es früher weltweit nicht mehr als 50 große Sammler, sind es heute 6 000. Kunst ist ein Identifikationswert wie früher Pop-Musik”, so der Galerist Gerd Harry Lybke, der den Maler und Kunstmarktliebling Neo Rauch seit 1992 vertritt.Ein Grund für den Boom ist auch die Globalisierung. In den aufstrebenden Ländern gibt es immer mehr Reiche, die ihr Geld in Schmuck, teure Autos und eben in Kunst investieren. Bisher wurde der Markt von einer begrenzten Gruppe amerikanischer und europäischer Sammler geprägt, nun werden etwa Amerikaner auf ihren eigenen Auktionen von Chinesen und Russen überboten.Diese sehr reichen Privatsammler, die nur 5 % der Käuferschar ausmachen, haben den größten Einfluss auf den Kunstmarkt. Dieser ist extremen Moden unterworfen – insbesondere im Segment der zeitgenössischen Kunst, da deren kunsthistorische Relevanz schwer einzuschätzen ist. Wer junge Kunst sammelt, kann zwar beim Verkauf gegebenenfalls sehr hohe Renditen bis zu 40 % einfahren, lässt sich jedoch auch auf ein hohes Risiko ein. Daher raten Experten, sich nicht von Trends beeinflussen zu lassen. Besser ist es, Kunstwerke zu sammeln, von denen man selbst überzeugt ist.Die einfachste Risikostreuung verspricht auf den ersten Blick ein Kunstfonds. Allerdings haben viele Banken mittlerweile wieder Abstand davon genommen. Das Risiko ist durch die Schwankungen am Kunstmarkt kaum seriös zu kalkulieren. Und die Nachfrage stimmte nicht. “Wenn man in Kunst investiert, will man sie doch auch besitzen und anschauen können”, so Lybke. Schließlich ist Kunst bei den Wohlhabenden und Reichen längst zum Statussymbol geworden. Prestige verspricht nicht nur der Porsche in der Garage, sondern auch ein echter Andreas Gursky an der Wand – nicht nur als Name auf einem Fondsanteilschein.